Maskenball
sitzen.
Lisa tat erschreckt.
»Ja, ja, pass nur auf.« Er seufzte. »Was denkst du? Was wird sein, wenn wir älter sind? Werden wir uns dann noch lieben?«
»Oh, Mann, Borsch, hast du kein anderes Thema? Hast du Angst, dass du vergreist? Keine Sorge, da passe ich schon auf!«
»Ach was, es ist nur, wenn ich Krüger so erlebe, dann denke ich, was wird sein, wenn ich mal so alt bin wie er?«
»Aber das weißt du doch nicht erst seit heute, Frank. Auf Fragezeichen stößt du in deinem Job doch jeden Tag aufs Neue. Wer sonst sollte die Unwägbarkeiten des Lebens besser kennen, wenn nicht du als Kriminalbeamter. Es gibt doch kaum einen Beruf, in dem die Menschen mehr auf sich selbst zurückgeworfen werden wie in deinem Beruf. Bisher hattest du doch keine Probleme damit. Warum jetzt?«
»Na ja, eigentlich erst, seit Ecki mit diesem Anti-Aging-Kram angefangen hat. Ständig hängt er im Büro an seinem PC und sucht nach neuen Methoden und Wegen, heil und gesund durchs Alter zu kommen. Du solltest mal seine Batterien Wasserflaschen sehen, die er neuerdings mit ins Büro schleppt. Stilles Wasser muss es sein. Und dann kommt da noch so eine Pille aus Tibet rein. Sieht aus wie Yak-Dung. Die macht aus dem hundsnormalen Wasser angeblich tibetanisches Heilwasser. Das soll für alles Mögliche gut sein. Ecki schwört jedenfalls auf das Zeug, obwohl es nicht besonders schmeckt. Nun hat er auch noch eine Verbündete. Diese neue Kollegin, Viola Kaumanns. Die beiden tauschen jeden Tag die neuesten Erkenntnisse der Anti-Aging-Forschung aus. Echt albern, wenn du mich fragst.«
»Neue Kollegin? Von der hast du mir ja noch gar nichts erzählt. Ist sie nett?«
Frank merkte, dass er sich jetzt auf einem Terrain bewegte, das ihm nicht sonderlich behagte. »Nee, eigentlich nicht. Sie ist noch total unerfahren, hat dafür aber eine ziemlich große Klappe.«
»Eigentlich?« Lisa hob die Augenbrauen.
»Habe ich das gesagt? Ja, nee, sie ist ’ne Zicke, wenn du mich fragst. Die muss noch viel lernen.«
»Na, da bin ich mal gespannt.«
Frank überhörte die spitze Bemerkung. Genau das hatte er vermeiden wollen: Über Viola Kaumanns reden. Denn es gab nichts über Viola Kaumanns zu reden, fand er.
Lisa verschwand ins Wohnzimmer und kam gleich darauf mit einem gelben Post-it-Zettel zurück. »Da.« Mit einem leichten Klaps drückte sie den Zettel auf Franks Stirn.
Halb belustigt und halb ärgerlich zog er den Zettel ab und las ihn. Es war natürlich einer aus Lisas Zitatensammlung:
Wann werde ich alt? Oder bin ich es schon? Ich weiß es nicht. Ich fühle mich jung. Das Gefühl der Jugend kommt von innen. – Brigitte Mira »
Wie witzig. Kenne ich schon«
»Eben. Ich finde, sie hat recht. Denk mal drüber nach.«
Frank und Lisa verbrachten den ganzen Abend in der geräumigen Küche, aßen Nudeln mit Pesto und unterhielten sich über dies und das. Zwischendurch telefonierte Frank mehrmals mit der Leitstelle, aber es gab nichts Neues. Krüger blieb spurlos verschwunden. Frank hatte ursprünglich noch mal zurück ins Büro gewollt, aber er ließ sich dann doch von Lisa überreden, bei ihr in Rheydt zu bleiben. Sie hatte Angst, alleine zu sein. Und Frank wollte am Ende nur noch in die Wärme ihrer Umarmung.
XXVI.
»Ich glaubs nicht.« Ecki schüttelte ungläubig den Kopf. Er hatte wie Frank gehofft, dass die Ermittler in Whitby Verhoevens Foto mit einer Erfolgsmeldung quittieren würden. Den ganzen Vormittag über hatten sie vergeblich versucht, ihre Kollegen jenseits des Kanals zu erreichen, um sie zu ihrem von Frank und Ecki erwarteten Fahndungserfolg zu befragen. So sehr hatten sie damit gerechnet, der Vermieter und auch die Nachbarn des mysteriösen Deutschen würden ihre Vermutung bestätigen, dass die Enttäuschung schließlich um so größer war. »Ich glaubs einfach nicht.«
Ecki wiederholte sich.
»Was ist?« Frank sah Ecki fragend an.
»Ich habe gerade eine Mail aus England bekommen. Wenn ich das richtig lese, dann ist Verhoeven Junior in Whitby völlig unbekannt. Der Mieter der Wohnung ist älter. Ein alter Mann, quasi. Und der Name ist auch endlich ermittelt. Du wirst es nicht glauben: Gemeldet ist in Robin Hood’s Bay ein Mann mit dem Namen Friedrich Flusen.«
»Was?!« Frank saß mit offenem Mund da. Das konnte nicht sein. Friedrich Flusen war doch schon lange tot! Ende ’44, kurz vor Kriegsende, bestialisch hingerichtet von einem angeblichen Kameraden, umgebracht von einem Sadisten, der seine kranken Triebe
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