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Maskenball

Maskenball

Titel: Maskenball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Kuesters
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Schreibtisch. Jetzt noch Rundläufe zu sichten, darauf hatte er wahrlich keine Lust. Ohnehin nicht und schon gar nicht jetzt. Die Papiere konnten warten. Sollte doch der alte Laumen in seinem gelben Pullunder heulen und auf Antwort warten. Der ewige Bürokrat würde nie verstehen, dass Frank und Ecki Wichtigeres zu tun hatten, als unnütze Dienstanweisungen und Anfragen der Verwaltung zu beantworten. Zumal das meiste Papier sowieso auf ewig zwischen Aktendeckeln verschwinden und verstauben würde.
    Friedrich Flusen. Frank wusste nichts über den Toten. Bislang hatten sie sich um das Leben und Sterben des Soldaten und Brachter Jungen noch nicht gekümmert. Warum auch? Schließlich lag der Mord Jahrzehnte zurück, war in den Kriegswirren kurz vor Ende geschehen und der Mörder längst tot. Andererseits mussten sie unbedingt mehr über das Opfer und seinen Mörder erfahren. Vielleicht gab es noch eine ihnen bislang unbekannt gebliebene Verbindung zwischen Flusen und seinem Mörder Lehnert. Klar war, dass Friedrich Flusen ein sensibler Mensch gewesen sein musste. Ein junger Mann, der Lyrik liebte, und offenbar besonders die Gedichte von Rilke. Die Zeilen des Herbstgedichts mussten ihm in den letzten Sekunden seines jungen Lebens Trost und Kraft gegeben haben, anders war kaum zu erklären, dass er Rilke zitierend gestorben war.
    Hans Lehnert musste ein Rohling gewesen sein, ein dumpfer Charakter, dessen dunkle Seite Auftrieb durch die Umstände erhalten hatte. Nicht, dass Frank Verständnis für Lehnert hätte aufbringen können oder wollen, schließlich blieb Mord Mord, vor allem diese heimtückische und mit normalen Maßstäben nicht zu erklärende Tat. Andererseits konnte Frank sich sehr wohl vorstellen, dass das Regime der braunen Schlächter manchem ein Freibrief war für die eigenen perversen Fantasien. Lehnert hatte gemordet aus eigener Lust, daran bestand kein Zweifel. Aber auch Lehnert war ein Opfer seiner Zeit. Unter anderen Umständen, wer weiß, dachte Frank, wäre nichts passiert, wäre Lehnert möglicherweise ein unbescholtener Mann geblieben.
    Friedrich Flusen und Hans Lehnert. Wo war die Verbindung, abgesehen von dem Opfer-Täter-Verhältnis? Gab es etwas in ihrer Vergangenheit, das möglicherweise bis heute nachwirkte? Etwas von Belang? Oder musste Frank den Ansatz zur Klärung der Morde anderswo suchen? Frank wählte die Nummer von Schrievers Dienstanschluss. Heini könnte möglicherweise Licht ins Dunkel bringen. Frank war gespannt, ob sein Kollege schon im Koblenzer Archiv fündig geworden war. Aber Heini hob nicht ab. Frank erinnerte sich, Schrievers hatte sich freigenommen, weil er heute mit Gertrud ihren Hochzeitstag feiern wollte und sie zu der Gelegenheit einen Einkaufsbummel im CentrO in Oberhausen machen wollten. Mist. Frank mochte es gar nicht, wenn er während seiner Ermittlungen Kollegen nicht erreichen konnte. Zu Franks Ärger hatte Schrievers auch kein Handy. Frank würde sich wohl oder übel bis zum nächsten Tag gedulden müssen.
    Ohne Schrievers Hilfe würden sie keinen Schritt vorankommen, davon war Frank überzeugt. Denn nur der Archivar würde ihnen sagen können, wo und wie Flusen und Lehnert gelebt hatten und welche Verbindung es zwischen den beiden gegeben haben könnte. Und Heini war der Einzige, der sie auf die Spur des Fotografen würde bringen können, der das verflixte Foto der sieben vermeintlichen Kameraden aufgenommen hatte.
    Frank fiel Ferdi Reugels ein. Er kannte den Heimatdichter aus Breyell seit seiner Kindheit, als er noch regelmäßig mit seinen Töchtern gespielt hatte. Ferdi Reugels hatte nicht nur in zahlreichen publizierten Anekdoten die Breyeller Dorfgeschichte vor dem Vergessen bewahrt, sondern er war auch ein Kenner der Geschichte seiner Region. Vielleicht kannte er ja auch zufällig Ort und Zeit der Fotografie. Und konnte ihnen auch etwas zu den abgebildeten jungen Männern sagen. Reugels musste in etwa ihr Jahrgang sein. Vielleicht könnte der Heimatdichter ihm bei der Aufklärung der Zusammenhänge helfen. Frank griff nach dem Telefonbuch und suchte nach der Telefonnummer. Aber auch bei den Reugels nahm niemand ab. Frank nahm sich vor, es später noch einmal zu versuchen.
    Er zog aus dem Aktenstapel auf seinem Schreibtisch die Unterlagen über Herbert Verhoeven hervor. Fast war Frank ein bisschen enttäuscht, dass dessen Sohn als Mörder ausschied. Es wäre auch zu einfach gewesen: Der Sohn richtet seinen Vater hin. Aus Hass auf seine Eltern oder weil er die

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