Maskenball
Hochgeschwindigkeitsbohrern überhaupt sagen konnte. Aber diesmal war der Besuch nicht so angenehm gewesen. Ecki hatte erfahren müssen, dass auch die Kunst des Korschenbroicher Zahnarztes zu Ende war. Ein Backenzahn würde in den nächsten Tagen gezogen werden müssen. Entsprechend düster war Eckis Laune.
»Ich werde mich in der HWK um das Gerücht kümmern, Köhler habe mit illegalen Medikamenten experimentiert.« Ecki hatte das Gesicht verzogen, weil er mit der Zunge an dem Backenzahn spielte, von dem er sich bald würde verabschieden müssen.
Heinz-Jürgen Schrievers schüttelte bedächtig seinen Kopf. »Ich weiß nicht, ob du damit Erfolg haben wirst. Ich habe mal meine Karteikarten befragt und auch mal mit dem Einen oder Anderen aus anderen Dienststellen gesprochen. Soweit ich das beurteilen kann, ist die Hardterwald-Klinik sauber. Sozusagen klinisch sauber, sogar.« Schrievers war der einzige, der über seinen Kalauer lachen konnte. »Nein, im Ernst, es gibt absolut keinen Hinweis darauf, dass in der HWK jemals krumme Sachen gelaufen sind oder laufen. Im Gegenteil, die Klinik hat bundesweit einen guten Ruf, einen sehr guten sogar. Die Ärzte dort waren mit die Ersten, die erkannt haben, dass altersspezifische Erkrankungen besonders behandelt werden müssen. Die Hardterwald-Klinik hat so etwas wie eine Vorreiterrolle in der – wie heißt das? – Geriatrie in Deutschland.«
»Aber das heißt nicht, dass nicht doch geheime Absprachen zwischen Köhler und CombinoMed existieren.« Ecki spielte immer noch mit seiner Zunge an seinem Backenzahn.
»Richtig.« Heinz-Jürgen Schrievers nickte knapp.
»Wir setzen Bean auf CombinoMed an. Er soll der Firma mal kräftig auf den Zahn fühlen.« Frank sah, wie Ecki die Augen verdrehte. »Oh, sorry, war nicht so gemeint.«
Ecki winkte schlapp ab. »Mach du nur deine Witze auf meine Kosten. Du solltest lieber Mitleid mit mir und meinem Zahn haben. Nun sind wir beide, der Zahn und ich, schon so lange zusammen. Und nun soll bald Schluss sein. Eine Tragödie ist das.«
Frank und Schrievers überhörten Eckis Selbstmitleid. Stattdessen setzte Heinz-Jürgen Schrievers seine Brille auf, die an einem Bändchen um seinen Hals hing und die ganze Zeit auf seinem mächtigen Bauch geruht hatte. Umständlich faltete er das Din-A4-Blatt auseinander, das er aus einer Tasche seiner unvermeidlichen Strickjacke gezogen hatte. »Ich kann dieses Rilkegedicht hundertmal lesen. Ich kann mir keinen Reim darauf machen, was die Zeilen mit Verhoevens Tod zu tun haben sollen. Ich weiß nicht, Frank, ob du diesem Gedicht nicht zu viel Ehre zukommen lässt. Als Spur würde ich die Verse nicht bezeichnen wollen.«
»Immerhin war Verhoeven über und über mit Waldboden und Blättern beschmiert. Da muss es einen Zusammenhang geben.«
»Vielleicht sollten wir einen Rilkeexperten zurate ziehen, der uns das Gedicht interpretiert.« Ecki sah Frank an. »Da fällt mir ein, könnte Lisa nicht mal in der Schule einen ihrer Kollegen fragen?«
»Hab ich auch schon dran gedacht. Sie kümmert sich drum, wenn sie wieder im Dienst ist. Im Moment ist sie noch krankgeschrieben.«
Bevor Frank weitersprechen konnte, klopfte es, und Staatsanwalt Ralf Böllmann stand im Büro. »Guten Tag, meine Herren, lassen Sie sich bitte nicht stören. Ich komme gerade von einer Besprechung mit Ihrem Chef. Wie sieht es aus mit Ihren Ermittlungen? Sind Sie schon ein Stück weiter gekommen? Was gibt es Neues?« Böllmann sah sich suchend im Büro der beiden um.
»Warten Sie, ich besorge Ihnen einen Stuhl.« Ecki stand auf und holte aus dem Nebenzimmer einen Stuhl.
Böllmann setzte sich auf Eckis Platz. »Was ist mit der Beerdigung von Verhoeven und Breuer? Ich möchte gerne die Leichen freigeben.«
»Ich weiß nicht, ob das schon sinnvoll ist. Ich möchte die Körper gerne noch einmal auf versteckte Spuren von Medikamenten untersuchen lassen. Das wird dauern, denn, ehrlich gesagt, wir wissen nicht genau, wonach wir suchen sollen.«
»Ich verstehe nicht ganz.« Staatsanwalt Böllmann stellte seine Aktenmappe neben sich auf den Boden.
Frank brachte den Staatsanwalt mit Schrievers und Eckis Hilfe auf den neuesten Stand ihrer Arbeit. Böllmann hörte konzentriert zu und stellte nur ab und an eine kurze Frage. Schließlich nickte er und stand auf. »Ich kann mir vorstellen, dass Ihre Ermittlungen in die richtige Richtung gehen. Nur zu, meine Herren. Meine Unterstützung haben Sie. Aber bitte, beeilen Sie sich etwas. Ich werde
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