MASKENBALL UM MITTERNACHT
zur Tür.
„Herrgott noch mal, Callie! Ich versuche doch nur, dich zu beschützen.“
Sie blieb stehen und drehte sich um. „Das ist zwar ein nobler Zug von dir. Wenn dein Schutzbedürfnis allerdings so weit geht, mich wie ein unmündiges Kind zu behandeln und nicht als erwachsene Frau, verzichte ich dankend auf deinen Schutz.“
Rochfords Lippen wurden zu einem schmalen Strich. Callie, der unvermutet Tränen in die Augen sprangen, wollte erneut fliehen.
„Warte! Callie, warte! Geh nicht. Ich erkläre dir alles.“
Sie drehte sich langsam um und wartete.
„Vor fünfzehn Jahren forderte Bromwell mich zum Duell.“ Nach einer Pause fügte er hinzu: „Weil er mich beschuldigte, seine Schwester entehrt zu haben.“
13. KAPITEL
Callie starrte ihn fassungslos an. „Was? Wie kann er dir so etwas unterstellen?“
Ein schwaches Lächeln überflog die Gesichtszüge des Dukes. „Wieso fragst du nicht, ob seine Anschuldigungen zutreffen?“
„Nie im Leben! Ich bitte dich, Sinclair! Für wie dumm hältst du mich eigentlich?“, widersprach Callie heftig. „Ich weiß doch, dass du keine Frau entehren würdest. Allerdings bin ich auch nicht so naiv zu glauben, du hättest nie eine Affäre gehabt. Daran ist nichts Verwerfliches, und deine Frauengeschichten … sind … nun ja … irgendwie professioneller Natur, vermute ich.“
Er schüttelte schmunzelnd den Kopf. „Wieso kam ich nur auf die Idee, dass dich diese Nachricht schockiert?“
„Keine Ahnung. Aber ich wüsste gern, wieso Bromwell dir so etwas vorwirft. Er ist doch kein Dummkopf.“
Achselzuckend bemühte Rochford sich um eine Erklärung. „Er war damals sehr jung und falsch informiert. Wie sollte er wissen, dass ich nicht zu den Männern gehöre, die sich einer Frau aufdrängen … oder ein unberührtes junges Mädchen entehren. Er war der Annahme, ich hätte … eine Affäre mit Lady Daphne, um die sich damals eine Schar von Verehrern bemühte.“
„Und du?“
„Ich nicht.“ Ihr Bruder schüttelte den Kopf. „Ich fühlte mich zu der Zeit zu einer anderen Dame hingezogen, aber … Lady Daphne zeigte Interesse an mir. Sie war jung verwitwet und trug sich mit der Absicht, beim zweiten Mal eine bessere Partie zu machen als in ihrer ersten Ehe. Sie war eine besitzergreifende Frau und glaubte, kein Mann könne ihrer Schönheit widerstehen. Und sie hatte mich als ihr nächstes Opfer ins Visier genommen. Ich aber hatte kein Interesse daran, sie zu heiraten … ich wollte überhaupt nichts mit ihr zu tun haben. Als ich ihr erklärte, dass sie sich in meinem Fall vergeblich Hoffnungen machte, geriet sie in Zorn.“ Er zuckte mit den Schultern. „Sie konnte es nicht ertragen, abgewiesen zu werden. Um sich an mir zu rächen, redete sie ihrem Bruder vermutlich ein, ich hätte mir ihre Zuneigung erschlichen und sie fallen gelassen, als ich mein Ziel bei ihr erreicht hatte. Seinen Andeutungen entnahm ich, dass sie auch noch behauptete, sie erwarte ein Kind von mir.“
„Gütiger Himmel!“, entfuhr es Callie. „Deshalb hat er dich zum Duell gefordert?“
Rochford nickte. „Auf Pistolen im Morgengrauen. Er wollte mir nicht glauben.“
„Hast du die Forderung angenommen?“
„Natürlich nicht.“ Der Duke verzog das Gesicht. „Bromwell war ein Grünschnabel von siebzehn oder achtzehn Jahren, der sein Studium in Oxford gerade begonnen hatte. Ich konnte doch nicht zulassen, dass er sein Leben aufs Spiel setzt, und wollte mich nicht auf ein verbotenes Duell einlassen, da ich mir nichts zuschulden hatte kommen lassen.“
„Du warst damals ja auch noch blutjung“, stellte Callie fest. „Vor fünfzehn Jahren? Damals warst du dreiundzwanzig.“
„Mag sein, aber durch den frühen Tod unseres Vaters war ich gezwungen, rasch erwachsen zu werden. Zu der Zeit verwaltete ich bereits seit fünf Jahren das Familienerbe. Außerdem fühlte ich mich um Jahrzehnte älter als der junge Hitzkopf. Aber …“ Er seufzte kopfschüttelnd. „Ich habe mich sehr ungeschickt verhalten, war maßlos wütend wegen Daphnes Lügengeschichten, ich war wütend … auf die ganze Welt. Ich habe den Jungen mit sarkastischen Worten knapp abgefertigt und ihm gesagt, dass ich mich mit einem Grünschnabel nicht auf ein Duell einlasse. Kurz und gut, ich habe ihn in Verlegenheit gebracht und tief gekränkt. Und das auch noch im Club im Beisein anderer. Er fühlte sich in seinem Stolz verletzt. Er hasste mich, nicht nur, weil ich Daphne seiner Meinung nach entehrt hatte, sondern
Weitere Kostenlose Bücher