Maskenspiel
Katinka.
Montfort starrte sie überrascht an, dann begriff er, dass er gehen sollte.
»O, geliehen sagt man? Bekomme ich meine Zeit denn von Ihnen zurück?«
Katinka stöhnte innerlich. Gleich würde er sie zum Kaffee einladen.
»Ich bin ein begeisterter Biertrinker geworden, in dieser Stadt!« Er lachte und wirkte plötzlich ganz sympathisch. »Dabei muss ich allerdings aufpassen, dass ich nicht zunehme wie verrückt.« Er klopfte auf seinen Bauch. »Am liebsten gehe ich ins Klosterbräu. Dort gibt es das Schwärzla «, er sprach es sehr französisch aus, »ein wunderbares dunkles Bier. Kommen Sie doch mal mit!«
»Vielleicht. Übrigens …«, sagte Katinka und spielte mit ihrem Stift. »Wieso dauert das eigentlich beim Rechenzentrum so lange mit der Reparatur der Motherboards?«
Montfort stand schon vor der Tür, die Hand an der Klinke.
»Da ist jemand krank geworden. Na ja. Sie wissen schon, Aber ich bleibe dran«, sagte er grinsend. »Ich rufe dort jeden Tag mindestens zweimal an.«
Katinka sah ihn zweifelnd an. Leute, die behaupteten, an einer Sache dran zu sein, waren meistens meilenweit von ihr entfernt.
»Schicken Sie mir Elfi Lodenscheidt herein, seien Sie so nett, ja?«, bat sie.
Montfort verschwand mit einem bedauernden Lächeln, und Katinka nahm die Brille ab und verbarg für einen Moment ihr Gesicht in ihren Händen. Sie hätte Montfort um einen Kaffee bitten sollen. Aber womöglich hätte er das als subtile Annäherung verstanden. Ein Kratzen an der Tür schreckte sie auf. Eine plumpe, graue Gestalt stand verschwommen vor ihr. Schnell setzte Katinka die Brille wieder auf. Ohne Zweifel, Elfi Lodenscheidt kratzte am Türrahmen.
»Grüß Gott«, sagte sie dünn.
»Frau Lodenscheidt? Kommen Sie bitte herein. Das heißt«, unterbrach sich Katinka, »wenn Sie mir vielleicht einen Kaffee organisieren könnten?«
»Sicher. Moment«, piepste Elfi Lodenscheidt. Sie schlich davon und kam mit einer Tasse dünner, blonder Flüssigkeit zurück.
»Frau Först meinte, sie würde Ihnen gerne noch einen machen. Dieser hier ist schon nicht mehr ganz frisch und auch recht schwach.«
Katinka hätte am liebsten laut aufgelacht.
»Danke, nicht nötig«, sagte sie stattdessen, öffnete das winzige Plastiktöpfchen mit Kondensmilch, goss es in den Kaffee und trank die lauwarme Lorke in einem Zug aus. Elfi Lodenscheidt schaute ihr lächelnd dabei zu. Sie schien eine Art Dauerlächeln auf ihr Gesicht geklebt zu haben. Das lange blonde Haar trug sie offen, es fiel ihr bis fast auf die Hüften, war aber eigentlich zu dünn, um so lang getragen zu werden. Ich brauche ja nichts sagen, dachte Katinka, ich bin meistens völlig unelegant angezogen und zum Friseur müsste ich auch mal.
»Erzählen Sie mir doch von dem Wortbildungsprojekt«, bat Katinka. »Wenn ich recht informiert bin, sind Sie ausschließlich dafür angestellt.«
»Ja«, piepte Elfi Lodenscheidt. »Es ist nur eine halbe Stelle. Aber ich … wie soll ich sagen«, sie wurde rot. »Ich arbeite sicher mehr als nur 19 Stunden in der Woche.«
»So? Wie viel mehr?«, fragte Katinka interessiert.
»Och, ich bin eigentlich den ganzen Tag da«, antwortete Elfi freimütig und zupfte an ihrem Pullover.
»Sie haben die erste Manipulation entdeckt?«
»Ja«, hauchte Elfi.
»Schildern Sie mir die Situation«, bat Katinka.
»Ich habe den Computer angemacht«, begann Elfi, »habe das Programm geöffnet und wollte mit den Analysen weitermachen. Dann habe ich gesehen, dass die Liste viel weniger Einträge enthielt als noch Tage zuvor. Konnte man auch am Datum leicht erkennen. Jemand hat eine aktuelle Version durch eine ältere überspielt. Ich habe gleich Frau Burgwart Bescheid gesagt. Zuerst meinten wir, es sei ein Versehen gewesen, aber …« Sie schwieg. »Als es ein zweites Mal passierte, konnte es eigentlich kein Versehen mehr sein.«
»Das bleibt natürlich unter uns«, sagte Katinka und beobachtete mit hinterhältigem Vergnügen, wie Elfi Lodenscheidt sich zur Tür umdrehte. »Und das Büro ist ja auch momentan nicht offen. Also: Haben Sie jemanden im Verdacht?«
»Nein«, flüsterte Elfi und senkte den Kopf.
»Auch den Chef nicht?«
Elfi musste sich sichtlich sammeln, bevor sie sagte:
»Professor Laubach kennt das Passwort nicht. Wenn er Daten einsehen will, müssen wir das Programm für ihn öffnen und die Listen entsprechend vorsortieren. Er kennt sich gar nicht mit Computern aus.«
»Wer arbeitet denn am häufigsten an den Analysen?«
»Frau
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