Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maskenspiel

Maskenspiel

Titel: Maskenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
Vom Netzwerk:
Diskette.«
    »Dazu kann man nichts mehr sagen«, erklärte Rumolt. »Disketten sind unerfreuliche Gesellen. Warum benutzte er keinen Flashstick?«
    »Dann wären da noch die beiden momentanen Hiwis«, sagte Katinka, ohne auf seine wahrscheinlich rhetorisch gemeinte Frage einzugehen. Es fiel ihr mit einem Mal schwer, am Ball zu bleiben. Sollte sie Rumolt erzählen, dass Henry Wewerka ermordet worden war? Plötzlich war mit Übermacht der Wunsch da, alles loszuwerden, was sie bedrückte, vor allem der schreckliche Vorwurf der Kommissarin Winkler: Katinka ist schuld, denn Katinka hat geschnüffelt. Sie riss sich zusammen und sagte mit, wie ihr schien, belegter Stimme: »Ruth Lebewang und Henry Wewerka. Kennen Sie die?«
    »Ruth Lebewang? Sie hockt, wenn mich nicht alles täuscht, in der Fachschaft der Sprach- und Literaturwissenschaften und mischt den Laden auf. Laubach hat Ruth angestellt? Schwer vorstellbar.«
    »Warum?«
    »Sie ist ziemlich … anders als die Persönlichkeiten, die Laubach üblicherweise bevorzugt. Nicht so duckmäuserisch. Und wie hieß der andere noch mal?«
    »Henry Wewerka.« Katinka täuschte einen Hustenanfall vor, um ihre Bewegtheit zu überspielen. Rumolt sah sie schon komisch an.
    »Nein, der Name sagt mir nichts«, sagte Rumolt.
    Er würde es morgen ohnehin in der Zeitung lesen können. Katinka öffnete den Mund und sagte:
    »Er ist gestern Abend umgebracht worden. In Frau Försts Sekretariat.«
    »Was?«
    Rumolt sah so entsetzt drein, dass Katinka sich noch schuldiger fühlte. Sicher war er auch der Meinung, dass es ihre Schuld war, wenn Henry Wewerka, das vielversprechende Talent aus Laubachs Stall, nun niemals der Wissenschaft zu Diensten sein konnte. Über ihren Augenbrauen schlugen zwei Schmerzblitze ein. Nervus supraorbitalis. Teilast des Trigeminus-Gesichtsnervs.
    »Geht’s Ihnen nicht gut?«, hörte sie Rumolt fragen.
    »Nein, nicht besonders«, gab Katinka zu.
    Rumolt schenkte ihr Tee ein. »Möchten Sie ein paar Kreis-lauftropfen? Ich habe selber niedrigen Blutdruck, nehme eigentlich immer welche.«
    Katinka schüttelte den Kopf und trank ihren Tee. »Danke, das ist nett. Morgen werden Sie es in der Zeitung lesen, vielleicht behalten Sie es bis dahin noch für sich?«
    Aber sie wusste, dass das fast unmöglich war. Ein Mord in der Uni! Ganz Bamberg würde sich das Maul zerreißen, wo doch jetzt nach Ostern wieder mal eine Weile nichts los war in der Stadt.
    Ihr Handy klingelte.
    »Palfy?«
    »Liebknecht hier. Es tut mir Leid, aber es kam noch was dazwischen, bis ich mit Ihrem … Problem anfangen konnte. Ich muss Sie enttäuschen: Gestern Abend hat niemand mehr einen der Rechner am Lehrstuhl Laubach benutzt. Der letzte Logout war um 16:01. Das war Anna-Beata Först.«
    Katinka fühlte sich sehr schwindelig, als sie sich bedankte und das Gespräch beendete.
    Sie verabschiedete sich von Rumolt und radelte zu Tom, die duftenden Brötchen immer noch im Rucksack. Gegen alle Vorschriften bahnte sie sich ihren Weg über die Obere Rathausbrücke. Während sie ein paar beschirmte Touristen beiseite schob, hatte sie kaum einen Blick übrig für die faszinierend farbenfrohen Gemälde an den Außenwänden des Alten Rathauses, sondern tauchte unter dem Barockbalkon des Brückenturms durch und erreichte so den alten bürgerlichen Teil der Stadt. Tausend Gedanken lärmten unter ihrer nassen Kapuze. Um sich zu beruhigen, hielt sie beim Culinar an und kaufte ein bisschen Obst ein, hängte die Tüte an den Lenker und radelte auf den Schönleinsplatz zu. Am eigenartigsten an dem ganzen Fall schien ihr die verschwundene Diskette. Wie ein Märchen, dachte Katinka. Wer weiß, was auf der Diskette eigentlich drauf ist. Sie bog in die Herzog-Max-Straße ein und brauste am Amtsgericht vorbei auf das gelbe Backsteinhaus zu, in dem Tom wohnte. Vielleicht hat Stielke der Mut verlassen und er kommt mit seinem Dissertationskram nicht weiter. Wäre ja peinlich, das zuzugeben …

9. Lisbeth Frinke-Laubach
    »Ich«, begann Katinka und stellte ihren Rucksack ab, »muss dir ganz viel erzählen!«
    Tom drehte sich von seinem Bildschirm weg. »Lass mich das hier gerade noch zu Ende machen«, bat er. »Ich komme gleich.«
    Katinka achtete nicht auf ihn. »Ich habe meine erste Leiche!«
    »Was?«
    Tom drückte automatisch auf die Tastenkombination, die seine Arbeit abspeicherte, und starrte Katinka mit offenem Mund an.
    »Scheiße, oder? Echt scheiße.« Katinka spürte, dass ihr die Tränen kamen, nahm rasch die

Weitere Kostenlose Bücher