Maskenspiel
Lodenscheidt und Carsten Stielke, die ja erst ganz am Anfang ihrer akademischen Karriere standen, hatten bereits zwei Aufsätze publiziert.
»O.k., in Panorama der Romanistik «, murmelte Katinka, als sie sich die bibliographischen Angaben genauer ansah. »Hätte ich mir ja denken können.«
Einer plötzlichen Eingebung folgend wählte sie Rumolt Lennerts Nummer.
Hoffentlich saß er nicht in der Bibliothek und stuckte mittelhochdeutsche Verse.
»Lennert?«
»Katinka Palfy hier.«
»Ach, hallo Frau Palfy«, sagte Rumolt aufgeräumt.
»Ich habe nur eine kurze Frage: »Haben Sie die Internetseiten für Laubach gemacht?«
»Ja«, kam es zurück.
Und warum hast du Superidiot mir das gestern nicht gesagt, dachte Katinka grimmig. Laut sagte sie:
»Sie sind sehr gut gelungen. Sagen Sie, als Sie die Fotos aufnahmen, gab es da …»
»Ich habe die Fotos nicht aufgenommen, das hat Hermann Herzberg gemacht, der Mann von Helena.«
»Ach so?« Katinka blickte interessiert auf die Seite unter dem Link Mitarbeiter . Das konnte erklären, warum Fria nicht gerade entspannt in die Kamera geguckt hatte.
»Hatten Sie Vorgaben? Zum Beispiel, was den Aufbau der Mitarbeiterseite angeht?«
»Laubach versteht nicht viel von Computern, aber das Internet nutzt er ziemlich ausgiebig, habe ich den Eindruck«, begann Rumolt. »Er hatte sehr ausgefeilte Vorstellungen, wie seine Seiten angelegt werden sollen. Er hat auch festgelegt, in welcher Reihenfolge die Mitarbeiter aufgelistet werden sollen, falls Sie das meinen«, fuhr er fort.
Katinka schwieg einen Moment erstaunt, aber dann sagte Rumolt:
»Wissen Sie, in seinem Oberseminar sitzen die Mitarbeiter nach Rangordnung. Für Laubach ist der feste Sitzplan eine Art Ranking, eine Anordnung nach Hierarchie, Alter, Erfolg, Wichtigkeit, was weiß ich.«
Katinka hatte in all ihren Studienjahren an der Uni nichts Vergleichbares erlebt. Alte Zöpfe dieser Art kannte sie eigentlich nur von Leuten, die in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts studiert hatten. Laubach war wohl noch einer vom ganz alten Schlag.
»Danke, Herr Lennert.«
Ein wenig entmutigt warf sie ihren Bleistift auf den Schreibtisch und stand auf, um sich noch einen Tee aufzubrühen, als das Telefon läutete.
»Palfy, private Ermittlungen, grüß Gott?«, sagte sie. Ganz leise verspürte sie in ihrem Innern eine ziehende Furcht, wieder eine verzerrte Stimme zu hören, die Halt dich raus murmelte. Stattdessen sagte jemand gut gelaunt:
»Grüß Godd, Frau Balfy. Hier ist Bolizeimeister Urban Dütsch. Sie kennen mich doch sicher noch.«
»Klar, Herr Dütsch«, freute sich Katinka und setzte sich erleichtert auf ihren Stuhl. So musste sie Dütsch nicht selbst anrufen.
»Ich hab a Neuigkeit für Sie. Kommissarin Winkler mussde den Fall Wewerka abgeben, Hauptkommissar Uddenreuder arbeided jetz dran.«
»Warum das denn!« Zu spät, die Ungeduld noch zu zügeln.
»Hauptkommissar Uddenreuder war auf einer Fordbildung, und als er heude morgen zurüggkam, hield er es für das Besde, den Fall zu übernehma«, sagte Dütsch. »Das is auch der Grund meines Anrufes.« Er sagte Aaaanruf , mit einem lange A. Gespannt wartete Katinka ab.
»Hauptkommissar Uddenreuder würde sich gerne mit Ihnen treffen, und er schlägt 20 Uhr im Spezial vor.«
»Gut, ich komme«, sagte Katinka. »Gibt es sonst neue Erkenntnisse?«
»Nichts, was ned auch in der Zeidung stehd heude«, blockte Dütsch ab.
Katinka hopste aufgeregt und hocherfreut in ihren kleinen Nebenraum. Das hätte sie sich nie träumen lassen, dass der Kriminalhauptkommissar sie sprechen wollte. Vielleicht kam nun Bewegung in den Fall.
Sie raffte sich auf und machte sich an den Bericht für Laubach.
11. Harduin Uttenreuther
Katinka kaufte am Gemüsestand im Culinar einen Eichblattsalat, an der Metzgertheke zwei große Stück Leberkäse und machte sich auf den Weg zu Tom.
»Der Salat ist als Kompensation gedacht, damit wir auch was Gesundes essen, außer Leberkäse.«
»Ach was, Leberkäse ist gesund«, grinste Tom, der hervorragende Koch, unübertreffliche Bäcker und Spezialist für Hefezöpfe. Hatte er ausreichend Zeit, konnte er mit Leichtigkeit ein Vier-Gänge-Menü zaubern, wobei er den einzelnen Gerichten dann außergewöhnliche Namen gab, wie Doktor-Schiwago-Imbiss , wenn er Pastinaken („klingt doch wie Pasternak«) verarbeitet hatte, oder Mond, Sand und Sterne für eine Mozzarella-Vorspeise, die mit Mandelstreuseln abgerundet wurde. Im Grunde war
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