Maskenspiel
seiner Frau befreundet?« Sie wurde rot, unwillkürlich, und hätte sich am liebsten selbst ausgelacht. »Ich meine …«
»Ich habe Sie schon verstanden«, sagte von Recken und lachte sein kleines, sympathisches Lachen. »Ja, meine Frau und ich sind mit den Laubachs befreundet.«
»In welcher Weise hat Prof. Laubach denn die Vorfälle Ihnen gegenüber erwähnt? Sprach er öfter davon? Schon seit längerem?«
»Eigentlich nicht«, sagte von Recken, der sich Zeit nahm, um in seiner Erinnerung zurückzublenden. »Nein, er erwähnte es einmal am Rand einer Sitzung.«
»Wenn ich mir das nicht falsch gemerkt habe«, machte Ka-tinka weiter, »dann äußerte doch Laubach persönlich den Verdacht, dass einer seiner Leute die Datenbestände durcheinander bringt, gelinde gesagt.«
»Schon, ja. Worauf wollen Sie raus?«
Warum bespreche ich das mit dir, dachte Katinka bei sich, dann sagte sie:
»Wie kommt es dann, dass Sie so erstaunt sind, dass ein Mörder …«
»Aber, ich bitte Sie!« Von Reckens Stimme klang ehrlich entrüstet. »Das ist doch was ganz anderes! Disketten zu stehlen und Daten zu löschen, als einen Mord zu begehen! Um Himmels willen, Katinka!«
Genervt zog Katinka eine Grimasse in Richtung der Gedenktafel für den bedauernswerten Alexandre Berthier. Von Recken hatte wie manche männliche Dozenten älteren Baujahrs die Angewohnheit, Vertrautheit herzustellen, indem er seine Studentinnen mit dem Vornamen ansprach, aber der professionellen Distanz halber beim Sie blieb. Bislang hatte sie sich keine Meinung zu dieser Praxis gebildet, aber im Augenblick passte sie ihr wenig.
»Welche Erfahrungen haben Sie denn mit Psychopathen an der Uni?«
Sie erwartete, dass Hauke von Recken irgendwas über fehlende Trennschärfe zwischen normal und pathologisch sagen würde, aber er seufzte nur tief und meinte:
»Es ist schon wahr, davon gibt es bei uns mehr als genug.«
Am Grünhundsbrunnen tat sich etwas. Katinka starrte überrascht hinüber zu Frias Tür. Es war nun beinahe dunkel, und sie erkannte, wie Fria ein Hollandrad aus dem Haus schob, die Tür hinter sich zuzog und zweimal abschloss. Sie hatte eine Umhängetasche über der Schulter und stieg auf den Sattel.
»Ich rufe zurück«, zischte Katinka in ihr Handy und drückte auf die Ende-Taste. Rasch warf sie all ihre Sachen in den Rucksack zurück, schnappte sich Toms Rad und sauste um die Kurve, die Elisabethstraße hinunter. An der Kreuzung bremste sie scharf und drückte sich in den Schatten der Häuser. Fria fuhr an ihr vorbei, ohne sie zu sehen. Aufrecht saß sie auf ihrem Rad, das rote Haar wehte offen hinter ihr her. Sie wirkte auf Katinka verrückt und verschroben, wie eine Walpurgishexe.
Pathologisch genug, um einen anderen umzubringen, fragte sich Katinka, während sie die Verfolgung aufnahm.
Die Luft war viel milder als die Tage zuvor. Fria radelte über die Marcusbrücke. Beschaulich lagen die Fischerhäuser am dunklen Regnitzufer, goldene Fenstervierecke spiegelten sich verzerrt im Wasser, und die Schatten einiger kleiner Boote dümpelten vor sich hin. Katinka wunderte sich wieder einmal, über wie viele Jahre hinweg man sich von Bambergs Romantik verzaubern lassen konnte. Tom wischte diese Behauptungen zwar gerne beiseite und redete etwas von schwärmerischer Verstiegenheit. Doch im Stillen war Katinka sicher, dass er sich der Seelenfülle der Stadt ebenso wenig zu entziehen vermochte wie sie selbst.
Sie bremste ein wenig ab, um Fria nicht zu nahe zu kommen, die nun an der roten Ampel abwartete. Gleich fährt sie links, in ihr Büro, dachte Katinka gebannt. Manipuliert ein paar Daten, ich ertappe sie in flagranti, und das war’s.
Doch als die Ampel auf g rün sprang, fuhr Fria geradeaus. Irritiert folgte ihr Katinka über die Löwenbrücke und durch die Äußere Löwenstraße in die Untere Königstraße. Vor dem Schaufenster des Beate-Uhse-Ladens verlangsamte die Verfolgte plötzlich ihre Fahrt, und Katinka blieb abrupt stehen. Ein Radfahrer hinter ihr fluchte halblaut und sonderte irgendetwas Unverschämtes ab, während er sie überholte. Katinka verbiss sich die Antwort, um Fria nicht auf sich aufmerksam zu machen.
Fria Burgwart interessiert sich für Erotikauslagen, staunte Katinka und rückte an ihrer Brille. Sie hatte Beate Uhses Erfolgsstory immer bewundert. Es mochte an ihrem Faible für eigenständige Unternehmertypen liegen, die mit einer Geschäftsidee zunächst nur Lacher, dann aber Erfolge ernteten. Weil ich selbst gern so
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