Maskerade
bist ein Vollidiot!“ keifte sie unbeherrscht, drehte sich brüsk um und knallte die Türe hinter sich zu.
„Ich verstehe nicht, warum sie das so übelnimmt“, murmelte Liz kleinlaut, „ich hoffe, wir sind trotzdem noch Freundinnen.“ Cara lächelte über ihre Naivität. Freundinnen? Gewiß. Melanie würde sich weiterhin um Liz bemühen, bis sie eines Tages eine garantiert sichere Methode entdeckt hätte, sich dafür an Liz zu rächen, daß sie jetzt Melanies Glorienschein gefährdet hatte. Es überraschte Cara, daß sie plötzlich nicht mehr die trennende Wand zwischen sich und den andern spürte. Diese beiden bedeuteten ihr etwas, und sie erkannte, daß trotz all ihrer Bemühungen sie langsam an all dem, was im Heim geschah, Anteil zu nehmen begann. Sie wußte aber auch, daß ihr dadurch eines Tages Leid zugefügt werden würde.
13. KAPITEL
„Eins — zwei — drei, eins — zwei — drei!“ kommandierte Liz. „Eins — zwei — drei, eins — zwei — drei, ‘runter!“
Penny ließ sich auf den Boden fallen. „Glaubst du wirklich, daß diese Übung unbedingt nötig ist?“ fragte sie und umklammerte ihre vom Muskelkater geplagten Knie mit den Armen.
Liz seufzte. „Nein, vielleicht nicht. Versuche statt dessen die Wandübung!“
„Du meinst die, bei der ich mich so platt wie möglich gegen die Wand drücke, mich hochstrecke und groß, groß, groß fühle, groß, groß, groß denke?“ erkundigte sich Penny trocken. „Liz, warum gibst du nicht auf mit mir und läßt statt mir Melanie auftreten? Ich kann ganz einfach nicht dauernd daran denken, mich geradezuhalten. Meine Schultern fallen vornüber, ganz gleich, was man dagegen tut. Meine Mutter bemüht sich seit Jahren vergeblich um meine Haltung.“
Penny und Liz waren an diesem Samstagabend allein auf dem Stockwerk. Cara kam wohl erst gegen neun aus der Bibliothek zurück. Sie blieb immer, bis man dort schloß. Melanie war in einer Wolke aus knielangem Chiffon zum Tanz einer Studentenverbindung entschwebt.
„Deine Schultern sind gut gewachsen“, zürnte ihr Liz. „Es liegt nur an deiner Einstellung, und du weißt dies übrigens selbst ganz genau. Du weigerst dich, auf dieser Welt den Platz einzunehmen, der dir wie jedem andern Wesen zusteht, und darum sinkst du in dich zusammen, um noch kleiner zu erscheinen, als du ohnedies schon hist. Du mußt Selbstvertrauen haben, Penny, an dich glauben...“
„Das tu’ ich doch!“
„Ja, das stimmt, solange du hier in diesem Zimmer bist, aber sobald dir ein Fremder über den Weg läuft, ist dir deine eigene Existenz peinlich. Du möchtest dich am liebsten dafür entschuldigen, überhaupt geboren zu sein. Es rührt mich absolut nicht, ob und wie sehr du vor der Modenschau bibberst. Auf jeden Fall wirst du daraus etwas lernen. Du mußt es wagen, dir bisher unbekannte Dinge in Angriff zu nehmen und dabei dich selbst zu erkennen.“
Penny kicherte nervös. „Ich kenne mich bereits gut genug, um zu wissen, daß ich bestimmt kein Talent zum Mannequin habe!“
„Wie kannst du so sicher sein, bevor du es nicht mindestens einmal probiert hast?“ fuhr ihr Liz über den Mund. Sie setzte sich auf den Bettrand, kniff die Augen zusammen und musterte Penny sehr kritisch. „Kopf hoch und Brust heraus!“ befahl sie. „Ich wünschte, ich hätte so was“, seufzte Penny trübsinnig. „Was meinst du, einen Kopf oder eine Brust?“
„Das letztere.“
„Selbst wenn du recht stattlich wärst, du würdest trotzdem mit einem Buckel herumlaufen. Paß auf, wie überrascht du bist, wenn du erst erkennst, was eine aufrechte Haltung für dich tun kann. Los, stell dich hin! Und jetzt geh ein paar Schritte!“
„Liz, du bist eine Tyrannin!“
„Klar, muß ich auch sein. Melanie stellt mir täglich nach, weil sie in der Modenschau auftreten will, und ich hab’ mir nun mal in den Kopf gesetzt, daß du es tust. Ich kann da störrisch sein wie ein alter Maulesel. Fein, Penn, so ist’s gut!“
Unten im Erdgeschoß fiel eine Tür ins Schloß, und jemand rief herauf: „Ist Liz Gordon da?“
Liz ging auf den Flur und brüllte zurück: „Hier!“
„Besuch!“
„Besuch? Wer?“ Als keine Antwort kam, hörte Penny sie über die Treppe laufen und dabei rufen: „Wer ist da?“
Penny nahm ihr Buch vom Kopf, gähnte und setzte sich erschöpft auf einen Stuhl.
Von unten drang nun eine männliche Stimme herauf: „Hallo, wie geht’s?“
Und gleich darauf Liz: „Marc? Hallo, wie geht’s selbst?“
„Ich, hm,
Weitere Kostenlose Bücher