Maskerade
Liz hoffte, Peter morgen etwas herumführen zu können, denn sie begann bereits, diese Stadt zu lieben.
Peter nahm ihre Hand in die seine und lächelte sie an. „Glaub mir, Liz, beteuerte er, „ich bin mir dessen bewußt, daß ich sehr viel wiedergutzumachen habe. — Sag, woran denkst du gerade?“
„Ich überlege eben, wie verschieden Philadelphia von Bridgedale ist, und vielleicht ist das gut, um — nun, um noch einmal ganz von vorn anzufangen — weit weg von Bridgedale!“
„Nicht ganz von vorn, hoffe ich“, entgegnete Peter mit einem kleinen Lächeln. „Auch ich habe sehr viel durchgemacht und fast ebensoviel gelernt. Bestrafe mich nicht allzulange, Liz.“
„Dich bestrafen?“ Sie strahlte ihn glückselig an. „Wo es doch so wunderschön ist, dich hier zu haben.“
Er hatte das gleiche frohe Lächeln in den Augen. „Stimmt, Liz, aber ich will dir zeigen, daß ich weiß, wie niederträchtig ich an dir gehandelt habe. Ich bin deiner nicht würdig, aber trotzdem gebe ich die Hoffnung nicht auf. Ich will dich keineswegs drängen, aber du sollst wissen, wie es in mir aussieht.“
„Mich drängen?“ fragte sie und verstand ihn nicht recht.
Mit kaum hörbarer Stimme bekannte er: „Ich wünsche mir, daß du sagst, wir wollen in Kürze wieder unsere Verlobung bekanntgeben.“
„Verlobung?“ rief sie erstaunt und zugleich erfreut aus.
Er nickte. „Wie es schon einmal war!“
„Peter“, hörte sie sich selbst sagen, „du bist gewiß übermüdet. Laß uns heute abend nicht darüber sprechen.“
„Ich bin müde, ja, aber nicht zu müde, um dies zu entscheiden.“ Er lächelte ein wenig spitzbübisch und wartete, ob sie nicht etwas sagen würde. „Ich habe dich doch lieb, Liz“, gestand er dann weich.
Liz verschlug es die Sprache. Es war nicht so sehr sein Bekenntnis, das sie derart erschütterte, sondern vielmehr ihr Schweigen darauf. Sie hatte versichern wollen: „Ich liebe dich auch, Peter!“ Aber sie brachte es nicht fertig, weil sie dann hätte fortfahren müssen: „Weißt du nicht, daß ich in den vergangenen Monaten auf dich gewartet habe? Es ist nicht so einfach, alles zu vergessen. Ich kann dir noch immer nicht vertrauen, und ich hin auch noch nicht sicher, ob ich dir schon verziehen habe.“ Das konnte sie nicht aussprechen. Folglich hielt die Stille an, bleiern und undurchdringlich, und sie haßte Margaret Hewitt mehr als je zuvor, weil sie sich zwischen sie und Peter gedrängt hatte und Liz nun zwang, die Standarten des Stolzes aufzuziehen in Erinnerung an all die Tränen, die sie Peters wegen vergossen hatte. Verlobung? Wie konnte er jetzt überhaupt davon reden?
Schließlich sagte sie leise, aber bestimmt: „Peter, du bist gerade erst angekommen, und es ist halb elf. Höchste Zeit also, um dein Zimmer im Christlichen Verein Junger Männer zu beziehen. Laß uns morgen über alles andere sprechen, nicht heute nacht.“
„Gut, Liz“, stimmte er zu. „Wie du willst. Ich hatte dir das alles schon am vergangenen Wochenende sagen wollen, aber dann war es so überwältigend schön, dich zu sehen, daß ich einfach nicht dazu kam. Ich hatte dir sagen wollen…“
„Peter!“ unterbrach sie ihn, weich und zugleich warnend.
„Bitte, Liz!“ Er griff wieder nach ihrer Hand. „Bitte hör zu! Ich habe dich immer geliebt. Das weiß ich erst jetzt. Margaret war eine oberflächliche Person. Als sie mir begegnete, hatte ich einfach Angst, Angst vor der endgültigen Bindung, die eine Heirat bedeutet, das war’s. Ich konnte mir selbst nicht helfen.“
Sie nickte. „Jetzt hast du es endlich ausgesprochen“, bestätigte sie und bat dann leise: „Wir wollen vorerst nur ganz einfach Freude aneinander haben, Peter! Zu mehr bin ich im Augenblick nicht fähig.“
Er drückte ihr die Hand. „Klar, Liz. Das wird uns schon gelingen.“
Am Morgen zeigte sie Peter die Freiheitsglocke in der Independence Hall, und danach spazierten sie Hand in Hand durch die Anlagen, bis sie ein kleines, nettes Restaurant fanden, wo sie zu Mittag aßen.
„Ich kann es immer noch nicht fassen, daß du in Philadelphia wohnst, Liz“, meinte Peter. „Ich hoffe, daß du bald heimkommst.“
„Voraussichtlich an Thanksgiving und dann an Weihnachten“, erinnerte sie ihn mit glückstrahlenden Augen.
„Hm, ja, aber das hatte ich nicht gemeint. Ich komme mir hier wie ein Tourist vor. — Gestern hatte ich ausgesprochenes Glück, daß ich so früh weg konnte. Hätte es nicht geklappt, hm, dann käme ich erst
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