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Maskerade

Maskerade

Titel: Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman Butters
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verbracht hatte.
    Phil war ein Mensch, dessen Gegenwart wohl tat. Mit ihm konnte sie sozusagen alles besprechen, was sie bewegte oder ihr auch nur im Augenblick in den Sinn kam. Er füllte den Platz eines Bruders aus, den Penny nie gehabt hatte. Die anderen Jungen, die sie in der Schule aus der Entfernung gekannt hatte, würden ihr vermutlich auch heute noch albern erscheinen, aber mit Phil war es etwas anderes, weil er sich für die gleichen Dinge interessierte, die ihr so viel bedeuteten. Mit ihm hatte sie vieles gemeinsam, und darum mochte sie ihn gern. Eigentlich gefiel ihr alles an ihm, ausgenommen die Vergötterung seines Freundes Taylor Cartwright ; die fiel ihr auf die Nerven. Sie hatte sich entschlossen, ihn von dieser Schwäche zu kurieren. Niemand sollte einen andern Menschen derart überschätzen, daß er mit seiner Anhimmelei sich selbst erniedrigte. Penny hatte instinktiv eine Abneigung gegen schöne Männer, und obgleich Phil behauptete, daß sein Freund nicht nur gut aussähe, sondern außerdem einen hervorragenden Charakter und eine überdurchschnittliche Intelligenz besitze, bezweifelte Penny, ob ein einzelnes Geschöpf derart viele gute Eigenschaften in sich vereinen könne. Für sie war er nur einer von jenen, denen der edle Schwung der Nase oder ein angeborenes Lächeln das Leben leicht machten. Man mußte Phil die Augen darüber öffnen, daß er selbst sehr viel zu bieten hatte, und ihm helfen, sich selbst als wichtig zu betrachten. Auf eine geradezu mütterliche Art bemühte sie sich, Phils Selbstbewußtsein zu stärken und ihm die Vergötterung Taylor Cartwrights abzugewöhnen. Sie hatte übergenug davon, immer wieder zu hören: „Taylor sagt, Taylor denkt, Taylor meint.“
    „Ich habe Taylor erzählt, daß du eine Reise nach Mexiko für fünfhundert Dollar zusammenstellst, und er ist sicher, daß das unmöglich ist.“
    „Das werden wir schon sehen“, war ihre grimmige Entgegnung gewesen.
    Penny schlüpfte aus den Kleidern und in ihren Schlafanzug hinein und streckte dem Rock und der Bluse, die sie in New York angehabt hatte, die Zunge heraus. Sie vermißte ihr blaugrünes Kordkleid, das jetzt in einem Schrank in der Schule für die Modenschau hing. Die weiße Bluse hatte viel zu viele Rüschen und Spitzchen, und der Rock war ihr immer schon zu weit und zu lang gewesen, aber Mutter fand nie Zeit, die Säume einzunähen. Phil hatte zwar keinen Sinn für Kleider, aber trotzdem wünschte sie sich zumindest noch ein weiteres Kleid, in dem sie ein klein wenig nett aussah. Es war schön und gut, wegen der Intelligenz bewundert zu werden, aber schließlich war auch sie ein junges Mädchen. Es war ihr nicht entgangen, daß einige junge Männer sie bewundernd angeschaut hatten, wenn sie das Kordkleid trug. Ein bewundernder Blick ist für ein weibliches Wesen nun einmal zumindest ebenso wichtig und anregend wie für einen jungen Mann ein Tor beim Fußballspiel.
    Während sie ihre Strümpfe auszog, hörte sie mit Erstaunen Liz die Treppe heraufkommen. Es war erst neun Uhr, und sie wußte, daß Peter in Philadelphia war. Sie ging zur Tür und rief hinaus: „Nun, so früh zurück?“
    Liz’ Gesicht hellte sich auf. „Ist es nicht zum Lachen? Wir haben bereits heute morgen um acht Uhr den Tag miteinander angefangen, und nun sind uns ganz einfach die Ideen ausgegangen, was wir noch tun könnten. Außerdem sind wir alle beide müde. Peter will duschen und dann gleich zu Bett gehen. — Wann bist du heimgekommen?“
    „Vor knapp einer Stunde. Warum in aller Welt ist euch nichts mehr eingefallen, was man in Philadelphia unternehmen könnte?“
    Liz zuckte die Schultern. „Weiß ich nicht. Es war eben so. — Ich vermute, du hast einen herrlichen Tag in New York gehabt.“ Penny nickte selig. „Einfach wundervoll. Phil und ich waren den ganzen Morgen im Museum, und am Nachmittag schauten wir uns bei einem Spaziergang Greenwich Village an, und...“
    „Greenwich Village ?“ unterbrach Liz, und ihre Stimme klang eigenartig. „Wessen Idee war denn das?“
    Penny richtete sich steif auf. Sie hätte schwören können, daß sie nichts von Marcs Anwesenheit verraten würde, und jetzt kam Liz sofort dahinter. „Oh, ich weiß nicht mehr, ich erinnere mich nicht“, versuchte sie auszuweichen.
    „Marc wollte Greenwich Village besuchen“, bohrte Liz unbeirrt weiter, „ist er vielleicht mit euch beiden gefahren?“ Penny wurde verlegen. „Ja“, mußte sie zugeben.
    „Hat er etwas über mich gesagt?“

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