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Maskerade

Maskerade

Titel: Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman Butters
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sollte die Trennung unsere Zuneigung nur noch stärker gemacht haben.“
    Doch dann geschah es immer wieder, daß sie in irgendeiner belanglosen Frage nicht seine Ansicht teilte und er darüber böse wurde. Diese kleinen Streitereien regten sie sehr auf, und sie sah, daß sie auf Peter die gleiche Wirkung hatten. Er erkannte, daß die Wochen in Philadelphia Liz verändert hatten und sie ihm entfremdeten. Sie dagegen konnte seine Hast, über die Zukunft zu entscheiden, nicht verstehen. Sicher, sie hatten einander sehr gern gehabt und sollten eigentlich längst verheiratet sein. Für Peter existierten die fünf Monate der Trennung einfach nicht mehr. Nun, da er wieder mit Liz zusammen war, hatte er sie ganz einfach weggewischt. Liz konnte das nicht. Er war ja während dieser Zeit nicht in der Armee gewesen oder sehr krank oder irgendwo an einem entfernten Studienort. Das wäre etwas anderes gewesen. Peter hatte ein Mädchen geliebt, und obgleich Liz sich durch seine Rückkehr geschmeichelt fühlte, reizte es sie, daß er mit solcher Ungeduld von ihr verlangte, die Fäden wieder genau da aufzunehmen, wo er sie abgerissen hatte. Es war, als hätte er sein Leben auf irgendein geheimes System eingestellt, das Margaret Hewitt durcheinandergebracht hatte und das er nun so schnell wie möglich wieder in Ordnung bringen wollte, um dann erneut seine Tage nach jenem mysteriösen Fahrplan abrollen zu lassen. Oder hatte er es darum so eilig, weil er vielleicht fürchtete, sie könnte sich noch mehr ändern, wenn er ihr Zeit und Gelegenheit dazu gab ? Peter war der gleiche wie zuvor, das war ihr klar. Warum aber hatte sie sich geändert? „Ich wünschte, ich wäre nie zur Schule gegangen!“ jammerte sie schließlich leise, weil sie langsam an Peters Anschuldigungen zu glauben begann.

    Nach ihrer Rückkehr ins Heim in Philadelphia ging sie hinauf zu Sherill Conover und bat, sich das Grammophon und die Schallplatte „ Stardust “ ausleihen zu dürfen. Als sie damit in ihrem Zimmer angekommen war, legte sie die Platte auf, schloß ihre Tür zu und legte sich aufs Bett. Mit dem Kopf auf den Armen versuchte sie, sich ganz vom Zauber dieser Melodie einfangen und sich zurückversetzen zu lassen an jenen Tag im Dezember, an dem ihre Eltern endlich, endlich eingewilligt hatten, daß Liz und Peter heiraten durften.
    „Wir sind zu dem Schluß gekommen“, hatte Vater verkündet, „daß du und Peter zu den wenigen gehören, von denen man hin und wieder liest. Wir glauben, daß ihr beiden reif genug seid, um bereits in so jungen Jahren eine Ehe zu führen. Wir sind an sich gegen frühe Heiraten, aber wir billigen sie euch zu. Wir vertrauen euch — euch beiden!“
    Fast ein Jahr war das alles nun her, aber sie spürte noch immer das überwältigende Glücksgefühl, das bei Vaters Worten in ihr hochgewallt war, weil ihr dabei erst recht bewußt wurde, daß Peter und sie nun für immer beisammen bleiben durften.
    „Ich habe immer gewußt, daß wir ganz besonderes Glück haben!“ hatte sie Peter strahlend zugeflüstert, und er hatte mit vor Erregung rauher Stimme erwidert:
    „Ich hätte nicht gedacht, daß deine Eltern so wunderbar sind. Liz, ich liehe dich über alles!“
    Welch unbeschreiblich schöne Wochen waren diesem Tag gefolgt! In einem alten Schulheft hatte sie Spalten eingerichtet mit Überschriften wie „Essen“, „Miete“, „Vergnügungen“, „Spareinlagen“, „Kleidung“ und dergleichen, und dann hatte sie die schon seit Monaten im Schaufenster bewunderten bernsteinfarbenen Gläser gekauft und ein schwarz und weiß kariertes Leinentischtuch für den runden Eßzimmertisch, den man ihr für die Aussteuer geschenkt hatte.
    Die Schallplatte war zu Ende. Liz langte hinüber und legte den Tonarm erneut auf die äußerste Tonrinne . „Peter, ich hab’ dich lieb!“ hauchte sie in die nun wieder auf klingenden ersten Takte hinein. Aber der Peter, von dem sie sich heute früh am Bahnhof verabschiedet hatte, war nicht der gleiche wie jener, dessen Bild diese vertraute Musik ihr zurückzauberte. Er schien weniger feinfühlig und dafür anspruchsvoller und ernster als jener aus der Erinnerung. Oder glich der wahre Peter aufs Haar der Traumgestalt, und nur die Betrachterin hatte sich geändert?
    „Wenn ich bloß nie hierher zur Schule gekommen wäre!“ regte es sich erneut quälend in ihr. Sie griff wiederum zum Tonarm hinüber, aber diesmal nahm sie ihn mitten im Stück von der Platte. Es klang wie ein jäher, verzerrter

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