Maskerade der Liebe
konnte er doch nicht wirklich glauben.
Ohne Bedauern hob er seine Lorgnette und musterte sie eisig. Die Linsen ließen seine Augen riesig erscheinen. „Ich weiß schließlich nicht, was wirklich passiert ist. Das Einzige, was ich gesehen habe, war das leere Fläschchen. Alle wissen, dass Sie mit Arzneien experimentieren. “
„Aber ich würde niemals . ..“
„Nein? Um Ihre Mutter von weiterer Qual zu erlösen? Manche mögen es sogar als sehr edel ansehen.“ Er klopfte auf seine Rocktasche. „Aber das Gesetz sieht es nicht so. Sollte ich mich entscheiden, die Last dieses Wissens loszuwerden und meinem Freund, dem Richter, davon zu erzählen, wäre er sicher sehr interessiert daran. Meinen Sie nicht auch, Miss Fairchild? Falls es zu einem Prozess käme, wem würde man wohl glauben?“
Der Raum schien sich um sie zu drehen. Die Antwort war klar. Gegenüber Lord Nesfields Machtstellung hatte sie keine Chance. Denn für ihre Unschuld gab es keinen Beweis. Selbst wenn sie einen solchen Prozess gewinnen würde - was ohnedies äußerst zweifelhaft war - , würden sie und ihr Vater dennoch ausgestoßen werden. „Sie wären nicht. . . Sie könnten nicht so grausam sein.“
„Ihr armer Vater! Erleben zu müssen, wie seine Tochter des Mordes angeklagt wird. Das würde ihn umbringen.“ Lord Nesfield kicherte hämisch. „Das würde Sie umbringen. Es wäre höchst bedauerlich, miterleben zu müssen, wie das Leben einer hübschen jungen Frau schon so früh beendet würde. “
Ein eisiger Schauer überlief sie. „Sie würden also lügen? Könnten zusehen, wie man mich eines Mordes anklagt, den ich nicht begangen habe?“ Verzweifelt stieß sie aus: „Es würde auch für Sie einen Skandal bedeuten, bezichtigte man die Pfarrerstochter eines solchen Verbrechens.“ „Glauben Sie, dass ich mich darum kümmere, wenn die Zukunft meiner Tochter auf dem Spiel steht? Auch Sie wollen Ihren Vater beschützen.“ Erneut klopfte er mit dem Stock auf den Boden. „Ich werde den Ruf meiner Tochter verteidigen - koste es, was es wolle.“
Emily blickte starr ins Feuer und wünschte sich, dass es Lord Nesfield verschlang. „Warum ich? Es muss doch noch andere arme Mädchen geben, die Sie erpressen können.“ „Weil Sie am besten in unseren Plan passen.“ Er musterte sie mit der Gründlichkeit eines Mannes, der ein wertvolles Rennpferd begutachtet. „Sie sind wohlerzogen genug, um als adlig zu gelten, und klug genug, um zu lernen, was Sie noch nicht wissen. Niemand in der Gesellschaft kennt Sie, und niemand wird Sie deshalb wieder erkennen. Der einzige Ball, den Sie besucht haben, war ein Kostümball. Dort trugen Sie Trauerkleider und eine Maske. “
Er verschränkte die Arme und sagte: „Deshalb kamen wir auf Sie. Keiner wird sich darum kümmern, wenn Sie plötzlich von der Bildfläche verschwinden und in Ihr beschauliches Leben zurückkehren.“
Das stimmte nicht. Lord Blackmore hatte sie ohne Maske gesehen. Natürlich würde sie das Lord Nesfield nicht erzählen. Zum einen würde er ihr nicht glauben, zum anderen würde es ihm eine weitere Möglichkeit eröffnen, die er gegen sie verwenden könnte.
Außerdem war sie nicht einmal überzeugt, dass Lord Blackmore sie wieder erkennen würde. Er hatte sie nur kurz im Mondschein gesehen. Wahrscheinlich hatte er ihr Gesicht bereits vergessen.
„Wie steht es mit Lawrence, meinem Vetter? Wenn er mich in London trifft.. .“
„Machen Sie sich nicht lächerlich! Ein Londoner Advokat geht nicht auf Gesellschaftsbälle. Wenn Sie ihm auf der Straße begegnen sollten, behaupten Sie einfach, Sophie besuchen zu wollen.“
„Und was ist mit den Gormans? Und den Taylors?“ erkundigte sie sich und zählte die führenden Familien von Willow Crossing auf. „Sie sind die Saison über in London und kennen mich. Und die Drydens?“
„Den Drydens wurde gerade ein Enkelkind geboren. Sie werden es nicht auf ihrem Gut zurücklassen wollen. Die Gormans kommen dieses Jahr nicht, da sie die kranke Mutter von Mr. Gorman nicht allein lassen möchten. Und was die Taylors anbelangt, so hat sie das Debüt ihrer Tochter im Vorjahr so viel gekostet, dass sie dieses Jahr zu Hause bleiben.“
„Aber es wird doch sicher jemanden geben . . .“
„Wenn es so sein sollte, werde ich mich darum kümmern.“ „Und was ist mit meinem Vater? Wie soll ich ihm erklären, warum ich fortfahre?“
Lord Nesfield zuckte gleichgültig die Schultern. „Wir behaupten, dass Sophie Sie in London braucht. Es wäre
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