Maskerade der Liebe
schon oft hier gesehen und sie noch nie mit solcher Höflichkeit behandelt. Was hatte Lawrence wohl zu ihnen gesagt?
Während ihr ein Diener in den Samtumhang half, schien er sie auf eine sonderbare Weise zu betrachten. Als er sich jedoch schweigend zurückzog, glaubte sie, es sich nur eingebildet zu haben. Die Kutsche fuhr erstaunlich rasch vor, wohl weil es sich um eine von Lady Drydens eigenen handelte. Emily und Lawrence hatten nicht die der Fairchilds nehmen können, da sie gerade repariert wurde, und so hatte ihnen die Gastgeberin großzügig eine der ihren geschickt.
Lawrence öffnete den reich geschmückten Verschlag und half Emily hinein. Sie entspannte sich erst, als der Wagen losfuhr. „Es hat eine Zeit lang Spaß gemacht, aber nun bin ich froh wegzukommen. Du nicht auch?“
Er lehnte sich zurück.
Irgendetwas stimmte nicht. Er war anders als sonst. „Doch, es war ein guter Vorschlag von dir.“
„Ein Vorschlag? Du wolltest den Ball doch bereits wieder verlassen, als wir gerade ankamen, Lawrence.“
Der Mann ihr gegenüber zuckte zusammen. „Lawrence? Wer, zum Teufel, ist Lawrence?“
Wenn nicht seine Verblüffung, dann hätte ihr seine Wortwahl gezeigt, dass sie einen furchtbaren Irrtum begangen hatte. Niemals hätte Lawrence so gesprochen. Er war jemand anders! Deshalb hatten die Diener sich so seltsam verhalten, als sie mit ihm abfuhr!
„Sie sind gar nicht Lawrence“, flüsterte sie. Als er nun seine Maske abnahm, erstarrte sie.
Gott im Himmel! Der Mann hatte dasselbe rötliche Haar, dieselbe Figur, dieselbe Kleidung wie Lawrence.
Aber ein ganz anderes Gesicht.
„Natürlich bin ich nicht Lawrence“, erwiderte er scharf. „Was für ein Spiel treiben Sie?“ Er beugte den Kopf zurück, und sie sah seine markante Kinnlinie, bevor der Mond hinter einer Wolke verschwand. „Sie wissen genau, wer ich bin. Um mich zu verteidigen, haben Sie doch diesen ganzen Unsinn zu Lady Sophie gesagt.“
Er nahm seinen Zylinder ab und legte ihn auf den gepolsterten Sitz neben sich.
Was für einen Unsinn hatte sie gesagt? Was meinte er damit? Offenbar hatte er das Gespräch mit ihrer Freundin mit angehört. Aber sie hatten doch nur über Sophies Debüt und ihre Ängste und . . .
Um Gottes willen! Und über Lord Blackmore gesprochen! Was hatte Sophie ihr erzählen wollen? Dass der Earl jemand sehr ähnlich sah? Natürlich - er ähnelte Lawrence. „Soll das heißen, dass Sie ..
„Blackmore, selbstverständlich. Das wissen Sie genau.“ Sein verärgerter Tonfall ließ sie aufatmen. Es handelte sich nur um einen Irrtum. Das Ganze war allein ihre schuld. Schließlich konnte sie ihm nicht Vorhalten, sie beim Wort genommen zu haben und sie nach Hause zu bringen.
„Nein, ich hatte keine Ahnung. Leider sehen Sie meinem Vetter Lawrence sehr ähnlich. Er hat mich heute Abend zum Ball begleitet. In der Dunkelheit auf dem Balkon habe ich Sie mit ihm verwechselt. Es handelt sich also nur um ein Missverständnis.“
Jordan Willis, der Earl of Blackmore, blickte die hübsche Frau, die ihm gegenübersaß, überrascht an. „Ihr Vetter?“ War es wirklich nur eine Verwechslung? Er hatte zwar eine Maske getragen, rötliches Haar wie seines gab es allerdings nicht allzu häufig.
Nun, er hatte angenommen, dass sie einer Tändelei durchaus nicht abgeneigt war. Aber sie schien tatsächlich sehr angespannt zu sein. Wenn sie nun die Wahrheit sprach, dann . . . „Meinten Sie wirklich, was Sie über meinen unverdienten schlechten Ruf sagten?“
„Natürlich habe ich es so gemeint.“ Verwirrt sah sie ihn an. „Warum hätte ich sonst Derartiges äußern sollen?“
Er legte einen Arm auf die Rücklehne neben sich. „Wenn eine schöne Witwe mich verteidigt, will sie mich gewöhnlich beeindrucken.“
„Eine Witwe? Sie halten mich für eine Witwe?“ Mit ihrem Fächer wedelte sie sich empört Luft zu. „Deshalb haben Sie also mit mir den Ballsaal verlassen. Sie nahmen an . . .“
„Dass Sie eine Witwe sind, die sich nach etwas Gesellschaft sehnt. Genau. Ich täusche mich doch nicht etwa?“
„Natürlich tun Sie das! Das ist alles ein schrecklicher Irrtum. Ich bin in Trauer um meine Mutter, die im letzten Jahr gestorben ist.“
Ihm wurde es immer unbehaglicher zu Mute. Sie war vermutlich die jungfräuliche Tochter irgendeines Adeligen, die er in seiner Kutsche mitgenommen hatte, ohne sich darum zu kümmern, wer sie alles gesehen hatte.
Er stöhnte. „Das kann doch nicht wahr sein! Sie treiben ein Spielchen mit
Weitere Kostenlose Bücher