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Maskerade in Rampstade (German Edition)

Maskerade in Rampstade (German Edition)

Titel: Maskerade in Rampstade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
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auf Matthews Manor auf- und abgeschritten. »Wer besucht sie denn in Bath oder in einem der anderen langweiligen, unmondänen Kurorte? Wer leistet ihr Gesellschaft und hört sich geduldig ihre ständigen Vorhaltungen an? Ich! Wer erträgt tage-, ja wochenlang das nichtssagende Geplauder von Tante Heather? Ich! Denkst du, Max macht sich diese Mühe? Nein, das tut er nicht. Er besucht Großmutter nur ab und zu einmal, wenn er gerade zufällig an ihrem Schloß vorbeikommt. Dabei wohnt er gar nicht weit entfernt Sein Land grenzt direkt an das von Rampstade. Da wäre es doch ein leichtes für ihn, öfter mal vorbeizuschauen. Was wäre denn, wenn ich mich so selten blicken ließe? Dann wäre mir eine ihrer gefürchteten Strafpredigten sicher. Glaubst du, sie schilt Max? Nie und nimmer! Max ist ihr Liebling. Und ich habe keine Ahnung, warum!«
    Da konnte ich ihm auch nicht weiterhelfen. Ich hatte diesen Cousin nie kennengelernt. Und doch erkannte ich, daß Georgeeifersüchtig war. Es schien, als könne Max tun, was er wollte, er käme bei seinem Cousin nie gut weg. Max war ein Zyniker. Max war viel zu oft bei Großmutter zu Besuch, Max kam viel zu selten zu Großmutter auf Besuch, Max war eingebildet, Max dachte wohl, nur weil er besser focht, sei er ihm in allem überlegen, Max war selbstgerecht und unausstehlich, Max, Max, Max. George hätte wohl noch stundenlang abfällige Bemerkungen über seinen Vetter machen können. Das machte mich begierig darauf, diesen Mann kennenzulernen. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, daß George, mein großer, sportlicher George, der so unterhaltsam, so charmant und so mutig, ja bisweilen sogar tollkühn war, Grund dazu haben sollte, eifersüchtig zu sein auf seinen Cousin, der noch dazu ein paar Jahre älter war als er. Doch Cousin Max hatte noch einen weiteren Makel, der vermutlich in Georges Augen noch bei weitem schwerer wog, als die anderen: Er war selbst begütert.
    »Geradezu unanständig reich«, wie es George ausgedrückt hatte. »Was will denn der Kerl noch? Hat nicht nur den Titel von seinem Vater übernommen, sondern auch dessen gesamtes Vermögen. Reicht ihm denn das nicht? Muß er mir auch noch mein Erbe von Großmutter streitig machen? Es ist alles so ungerecht!«
    Ich erinnere mich an dieses Gespräch deshalb noch so gut, weil ich George nie vorher so niedergeschlagen und voller Selbstmitleid erlebt hatte. Natürlich hatte er mein volles Mitgefühl, und doch war ich damals irgendwie unangenehm berührt gewesen. Ich liebte ihn ja, weil er so voller Zuversicht und Tatkraft war. Ich habe seit damals vermieden, das Gespräch je wieder auf die Großmutter, den Cousin oder die ganze leidige Erbschaft zu bringen. Auch ihm schien unsere Unterhaltung im nachhinein peinlich zu sein, jedenfalls erwähnte er seine Verwandten daraufhin höchst selten. Nur dann, wenn er wieder zu einem seiner häufigen Besuche bei der Herzoginwitwe aufbrach oder um mir Grüße zu bestellen, wenn er von dort zurückkam.
    An diesem Abend, als ich im Rosenzimmer von Grandfox Hall über all das Vergangene nachgrübelte, bedauerte ich, daß ich George nicht öfter aufgefordert hatte, mir über seine Besucheauf Rampstade Palace zu berichten. Dann hätte ich eher erahnen können, was mich jetzt dort erwartete.
    Auch daß Hetty, Georges jüngere Schwester, ihren Bruder begleitete, erschien mir seltsam. Ich kannte Hetty kaum. Sie war um drei Jahre jünger als ich und müßte daher inzwischen achtzehn geworden sein. Vor ungefähr fünf Jahren war sie in ein Internat für höhere Töchter in Bath eingetreten. Nach dem Tode ihrer Mutter hatte sie auch die Ferien nicht zu Hause, im frauenlosen Haushalt ihres Vaters, verbracht, sondern war stets zu dessen Schwester gefahren, die mit ihrer Familie in Brighton lebte. Der Kontakt zu ihren Brüdern schien mir ein äußerst lockerer zu sein, und ich konnte mich nicht daran erinnern, daß George je von ihr gesprochen hatte. So war das einzige Bild, das ich mir von ihr machen konnte, das eines dreizehnjährigen Mädchens, das sich bei mir verabschiedete, bevor sie ihre Reise nach Bath antrat. Meine Erinnerung ist schon reichlich verblaßt, und ich weiß nur noch, daß es ein tränenreicher Abschied war und daß ihre blonden Locken, auf denen ein kleiner Strohhut saß, vor Aufregung wippten.
    Durch ein leises Pochen an der Tür wurde ich aus meinen Überlegungen gerissen. Eines der Hausmädchen trat ein, um das Geschirr abzuräumen. Sie brachte mir auch meine Tasche, in

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