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Maskerade in Rampstade (German Edition)

Maskerade in Rampstade (German Edition)

Titel: Maskerade in Rampstade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
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ledige Verwandte und als gute Tante, die ihre Neffen und Nichten verwöhnt, bis sie alt und grau ist?«
    Mally hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Nein, das wollte ich ganz bestimmt nicht. Aber Edward Stinford heiraten, den sie so ins Herz geschlossen hat, das wollte ich auch nicht. Er würde stundenlang mit mir über seine Besitzungen sprechen und würde, wie bisher, stets tausenderlei Gründe finden, warum seine Art zu wirtschaften der meines Bruders vorzuziehen sei. Er würde, wie bisher, nie nach meiner Meinung fragen, und wenn ich sie trotzdem äußern sollte, diese als Laune oder dummes Weibergeschwätz abtun. Zudem haßte Edward London. Er war zwar noch kaum dort gewesen, und doch kannte er genug Gerüchte und Geschichten, die seine Meinung bestätigten, daß London ein Tummelplatz von unverantwortlichen Lebemännern war, die sich um nichts als ihre Kleidung sorgten, die blankpolierte Stiefel und frischgestärkte Hemdkragen als Mittelpunkt ihres Interesses ansahen und mit Spiel und Spaß ihre Zeit vergeudeten, anstatt sich mit Fleiß und Ehrfurcht dem Haus und Hof ihrer Väter zu widmen. Natürlich war ein Funken Wahrheit in dem, was Edward über das Leben in der Hauptstadt sagte. Und doch war gerade das ein Beweis, daß er nie und nimmer der passende Ehemann für mich sein würde. Ich hatte schließlichdas Temperament meiner lieben Mutter geerbt, die die Dinge auch meist selbst in die Hand genommen hatte und die gerne ab und zu in Frohsinn, Leidenschaft und gesellschaftlichem Glanz schwelgte, alles Dinge, die Edward Stinford aus tiefstem Herzen verachtete. Und überhaupt, wie sollte ein Mann wie er, der stets praktisch, doch nie modisch gekleidet war, der vermögend, langweilig, aber sicherlich ehrbar war, je auch nur den Funken einer Chance bei mir haben? Da ich mir doch Hoffnungen machte, die Frau eines Mannes zu werden, der zwar weder Vermögen noch diese Fülle an ehrbaren Eigenschaften aufwies. Dafür aber zwei blaue Augen, die mir so vergnügt und unverschämt zublinzeln konnten, daß mein Herz jedesmal einen Luftsprung machte, und der einen liebevollen, stets lachenden Mund hatte, den ich so gerne geküßt hätte.
    Und gerade in diese Zeit der Überlegungen um meine Zukunftspläne platzte eines Morgens unvermutet das Schreiben von George. Ich hatte die zahlreichen Einladungskarten, die auf dem kleinen Silbertablett lagen, an meinen Bruder weitergereicht und, da der Brief alleine an mich adressiert war, mich entschuldigt und in mein Zimmer zurückgezogen, um ihn in Ruhe lesen zu können. Natürlich hatte ich die Schrift sofort erkannt, und ich fragte mich, was es wohl damit auf sich haben konnte, daß das Schreiben an mich persönlich gerichtet war und nicht an James, wie das bei den früheren Briefen der Fall gewesen war.
    »Liebe Sophia«, war zu lesen, »ich stecke in einer verteufelten Klemme und brauche dringend Deine Hilfe. Ich werde in Kürze mit Hetty zu meiner Großmutter aufbrechen, die zur Zeit auf ihrem Landsitz Rampstade Palace in Yorkshire weilt. Ich erwarte Dich dort. Bitte komme so schnell Du kannst Ich weiß, Du läßt mich nicht im Stich. Dein alter Freund George W.«
    Das war wieder einmal typisch George Willowby. Er versetzte einen in Aufregung und ließ einen dann im ungewissen. Kein Wort darüber, warum er mich brauchte. Keine Erklärung. Kein höflich gestelltes Ersuchen. Dachte er denn wirklich, er brauchte nur zu fordern und ich würde alles liegen und stehen lassen, um zu ihm zu kommen? Wenn er das wirklich dachte,…dann hatte er ganz recht. Denn während ich mich noch entrüstete, ging ich im Geiste schon alle Möglichkeiten durch, wie ich am schnellsten nach Rampstade Palace gelangen konnte.
    Ich hatte Georges Großmutter einmal persönlich kennengelernt. Das war vor einigen Jahren gewesen, als sie ihrem Enkel einen ihrer seltenen Besuche im Hause ihres ungeliebten Schwiegersohnes abstattete. Und doch war meine Erinnerung an die alte Dame kaum verblaßt. Ich sah sie noch vor mir stehen, als ob es heute wäre. Eine hagere Lady, die so groß war, daß sie mich fast um zwei Köpfe überragte. Sie hatte mich mit ihren grauen, leicht hervorstehenden Augen prüfend gemustert, und ich weiß noch, wie unwohl ich mich dabei gefühlt habe. Die Prüfung schien jedoch zu ihrer Zufriedenheit ausgefallen zu sein, denn sie klopfte mit ihrer knochigen Hand neben sich auf das Sofa, um mich aufzufordern, bei ihr Platz zu nehmen. Ich weiß noch, daß sie ein zart lilafarbenes

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