Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maskerade in Rampstade (German Edition)

Maskerade in Rampstade (German Edition)

Titel: Maskerade in Rampstade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
Vom Netzwerk:
Nachmittagskleid trug, das am Hals mit Perimuttknöpfen verschlossen war. Die einzige Zierde waren schmale beigefarbene Spitzen an Handgelenk und Kragen. Außer den mächtigen Rubinohrringen, die von ihren ungewöhnlich großen, weißen Ohrläppchen baumelten, trug sie keinerlei Schmuck. Die Hände, die einen schwarzen Ebenholzstock umklammerten, steckten in schlichten Kalbslederhandschuhen. Ein unbeteiligter Beobachter hätte nie erraten, daß es sich bei der strengen, einfach gekleideten Lady um die steinreiche Herzoginwitwe von Rampstade handelte. Und doch mußte sie geradezu unerhört reich sein.
    George hatte uns von ihrem großen Haus am Grosvenor Square vorgeschwärmt, in dem er sich so gerne aufgehalten hätte, wenn er in der Hauptstadt war. Docß zu seinem Bedauern wurde er nur selten dorthin eingeladen. Dann gab es noch ausgedehnte Besitzungen irgendwo in Cornwall und eben diesen Hauptsitz in Yorkshire, wo George mich jetzt treffen wollte. Ich wußte, daß es allein dieses Vermögen war, das George veranlaßte, immer wieder die Nähe seiner Großmutter zu suchen. Denn es war ganz offensichtlich, daß die beiden kein herzliches Verhältnis miteinander verband. George fürchtete sich geradezuvor der scharfen Zunge der alten Dame und vor dem durchdringenden Blick ihrer grauen Augen. »Ich fühle mich immer wie ein ungezogener Schulbub, wenn Großmutter mich ansieht«, hatte George uns einmal gestanden. »Es ist fast so, als könne man keinen Fehler vor ihr verbergen.«
    Dieses Gefühl hatte auch ich gehabt, als ich an besagtem Nachmittag neben der Herzogin Platz genommen hatte. Ich war ständig auf der Hut gewesen, nur ja keinen Fehler zu begehen und nichts zu sagen, was Mylady hätte erzürnen können. Ich versuchte fieberhaft, mich von der besten Seite zu zeigen, während ihre Fragen pausenlos auf mich einprasselten. Sie hatte alles von mir wissen wollen: meine Herkunft, die Ausdehnung unserer Ländereien, meine Lieblingsbeschäftigungen, die voraussichtliche Höhe meiner Mitgift sowie meine Pläne für die Zukunft. Was ich sagte, schien ihren Gefallen zu finden, denn sie erwähnte George gegenüber, ich sei ein recht angenehmes, junges Ding. Es könne ihm nicht schaden, mit meinem Bruder und mir engeren Kontakt zu pflegen. Vielleicht würde er dadurch auf vernünftigere Gedanken kommen. Und doch hatte ich nach diesem Gespräch, aus dem ich huldvoll entlassen worden war, das unangenehme Gefühl gehabt, als halte mich Mylady für ein unreifes Mädchen, das gerade dem Schulzimmer entwachsen war und nicht wert, daß man sich näher mit ihm befaßte.
    Myladys Gatte, der dritte Herzog von Rampstade, war schon vor etlichen Jahren verstorben und hatte seine Gemahlin zwar nicht mit einem sicher innig gewünschten Sohn, dafür mit zwei Töchtern hinterlassen. Da er der letzte männliche Nachkomme derer von Rampstade gewesen war und über keinen männlichen Erben verfügte, war sein gesamter Reichtum Mylady zugefallen. Und diesen Reichtum wollten sich nun, nachdem auch die beiden Töchter kurz nach ihrem Vater verstorben waren, mehrere Verwandte der alten Dame für sich sichern. Da war einmal eine verarmte Cousine der Herzoginwitwe, die ständig bei ihr lebte und als eine Art Gesellschafterin angesehen werden konnte. George war sich sicher, daß »die arme Tante Heather«, wie jedermann die Dame zu nennen schien, nach dem Todseiner Großmutter nicht leer ausgehen würde. Aber so treu ergeben ihr ihre Cousine auch war, so war es doch nicht anzunehmen, daß Mylady ihren Reichtum einer kinderlosen Frau vermachen würde, die nicht viel jünger war als sie selbst. Georges Bruder Richard hatte sich anfangs auch in die Reihe der Erbkandidaten eingeordnet, die um Mylady herumscharwenzelten. Das war ihm jedoch schnell langweilig geworden, und er zog es vor, statt dessen in London zu bleiben, die Zeit mit Spielen, Freunden, Frauen und Müßiggang zu vertreiben und ward nicht mehr in der Nähe seiner Großmutter gesehen.
    »Womit er aus dem Rennen sein dürfte«, wie George einmal, nicht ohne Genugtuung, feststellte. Damit hätte George die besten Chancen haben müssen. Wenn, ja wenn da nicht Max gewesen wäre, der Sohn von Myladys zweiter Tochter. George hatte das Gefühl, als würde die alte Dame diesen Cousin Max sogar favorisieren, was er als ungeheuerliche Ungerechtigkeit empfand.
    »Denn wer kümmert sich hier um Großmutter?« hatte er eines Tages verbittert ausgerufen und war wild gestikulierend in unserem Empfangszimmer

Weitere Kostenlose Bücher