Maskerade in Rampstade (German Edition)
waren vom Wind zerzaust, seine blauen Augen strahlten mir entgegen.
»Hallo, Kleines!« rief er herauf. Das heißt, eigentlich war es mehr ein lautes Flüstern als ein Rufen. »Schön, daß du da bist!«
Ach, wie tat es gut, das zu hören. Es war offensichtlich, daß sich George wirklich freute mich zu sehen. Bedeutete das etwaam Ende doch, daß er sich entschieden hatte, um meine Hand anzuhalten? Hatte seine Tante etwa das gemeint, als sie sagte, ich würde zur Familie gehören…?
Ich spürte, wie mein Herz wie wild zu klopfen begann.
»Ich muß mit dir reden«, flüsterte er. »Alleine.«
»Aber wie soll das gehen?« fragte ich bedauernd. »Wenn uns jemand sieht!«
»Darauf können wir keine Rücksicht nehmen«, entgegnete George eindringlich. »Ich muß mit dir sprechen, bevor dich Großmutter oder die Tante sehen.«
»Aber deine Tante hat mich doch schon gesehen«, wandte ich ein. »Sie war es doch, die mich bei meinem Eintreffen empfangen hat.« George stieß einen leichten Fluch aus.
»Trotzdem«, sagte er. »Wir müssen gleich miteinander sprechen. Ich warte auf dich beim östlichen Seitenausgang des Hauses.«
Gerade als ich etwas erwidern wollte, ging die Ture auf und Melissa kam zurück mit meiner Reisetasche in der Hand. Rasch schloß ich das Fenster. Ob mir Melissa wohl diesen östlichen Seitenausgang zeigen konnte? Ich ließ mir von ihr in mein kornblumenblaues Kleid helfen, von dem ich wußte, daß es mir besonders gut stand, nestelte ein gleichfarbiges Band in meine Haare und schlüpfte in die dazu passenden Schuhe.
»Kannst du mich zum östlichen Seitenausgang des Hauses bringen, ohne daß es jemandem auffällt?« wandte ich mich schließlich an das Mädchen. Dieses blickte mich erstaunt an und nickte. Ich konnte nur hoffen, daß das Mädchen mein Vorgehen bei sich behielt und nicht die ganze Dienerschaft davoö informierte.
»Es wird jetzt schon früh kühl«, sagte sie anstelle einer Bemerkung und zog eine Stola aus dem Koffer, die mir meine Schwägerin, die praktisch veranlagte Pfarrerstochter, heimlich in das Gepäck geschmuggelt haben mußte. Um den hübschen Eindruck, den George von mir haben sollte, nicht zu gefährden, weigerte ich mich, den Schal um die Schultern zu legen. Ich nahm ihn jedoch über den Ann gelegt mit. Schließlich hatte ichja gerade vor zwei Tagen die Erfahrung gemacht, wie kalt Spätsommerabende in dieser Gegend sein konnten. Melissa führte mich aus dem Zimmer, den Gang endang, bis zu einer kaum sichtbaren Tapetentür. Dahinter verbarg sich eine Treppe, die die Dienerschaft wohl gelegentlich benützte. Diese führte direkt zu dem Seitenausgang, von dem George gesprochen hatte.
Ich dankte Melissa, wartete ab, bis diese wieder durch die Tapetentür verschwunden war, öffnete die andere Tür und trat ins Freie. Es war niemand zu sehen. Ich blickte nach allen Seiten. Der Kiesweg, der endang des Hauses führte, war leer. Gerade als ich mich fragte, welchen dummen Scherz George mir wohl spielen mochte, hörte ich seinen verhaltenen Ruf. Sein Kopf erschien über einer Hecke, und er winkte mir, zu ihm zu kommen.
Ich schürzte die Röcke und ging quer über den Rasen auf ihn zu. Da nahm George meine Hand fest in seine und zog mich mit sich hinter eine Gruppe von Bäumen. Von einem dichten Gebüsch umgrenzt stand dort eine kleine Bank. Hier waren wir vor neugierigen Blicken aus dem Haus geschützt.
Mein Herz klopfte nicht mehr stark, nein, es begann wie wild zu rasen. Dieser Empfang! Dieses heimliche Rendezvous! Konnte das etwas anderes bedeuten, als daß George es endlich wirklich ernst meinte? Warum sonst sollte er mich in diese lauschige, romantische Ecke des Gartens holen, als um mir einen Heiratsantrag zu machen? Ich hätte jubeln können in diesem Augenblick.
Seine nächsten Worte holten mich jedoch schlagartig auf den Boden der Wirklichkeit zurück. George sprach zwar von Heirat, aber auf eine ganz andere Art und Weise, als ich mir das vorgestellt hatte: »Sophia«, sagte er, »ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll. Also sage ich es frei heraus: Ich… wir, also, ich habe uns verlobt«
Das klang nicht romantisch.
»Was hast du getan?« fragte ich etwas rados.
»Ich habe gesagt, wir seien verlobt. Ich habe es Großmutter gesagt, und die hat es der lästigen Tante Heather gesagt, und jetzt weiß es das ganze Haus und auch schon ein paar meinerVerwandten. Und über kurz oder lang wissen es alle.« Es klang nicht so, als würde sich George freuen, daß eine
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