Maskerade in Rampstade (German Edition)
Kommen bat Bis jetzt hatte ich jedoch keine Ahnung, wozu ihm mein Hiersein nützen könnte.
»Großmutter hatte mir in ihrem Brief geschrieben, daß sie erwarte, daß ich mich umgehend vereheliche. Und daß dafür nur eine Frau in Frage käme, die ihre ausdrückliche Billigung habe. Sie hat also schon eine passende Gemahlin für mich ausgesucht.«
Ich blickte ihn fragend an und plötzlich ging mir ein Licht auf: »Sie meinte doch nicht etwa mich?« rief ich entgeistert. George grinste und nickte: »Doch, sie meinte tatsächlich dich. Ich konnte es erst auch nicht recht glauben. Sie hat dich schließlich nur ein einziges Mal gesehen, und das ist Jahre her. Du mußt wirklich einen gewaltigen Eindruck bei ihr hinterlassen haben.«
»Ja, aber…«, stotterte ich fassungslos.
»Kein aber. Großmutter meint, du seist die einzige Frau, die zu mir passe. Sie meint, dir sei es zuzutrauen, mich zu bändigen und einen ordentlichen Menschen aus mir zu machen.« Er verzog seine Lippen zu einem spöttischen Grinsen: »Jetzt weißt du, warum ich dich keinesfalls heiraten kann. Ich kann dir diese unlösbare Aufgabe doch nicht zumuten.«
Mir schien, als habe sich hinter dem scheinbar belustigten Gesichtsausdruck eine Spur Bitterkeit versteckt Sofort war mein Mitgefühl erregt. Ich wollte nicht, daß George schlecht von sich dachte! Natürlich war er ein Luftikus, wie Mally ihn bezeichnete. Aber in ihm steckte ein guter, ehrlicher Kern. Daran gab es für mich nicht den geringsten Zweifel. Wenn ich ihm half, diesen guten Kern zu entdecken, dann würde er vielleicht seine Liebe zu mir entdecken. Vielleicht würde so doch noch alles gut!
»Als ich hier angekommen war«, riß mich George aus meinen hoffnungsfrohen Gedanken, »teilte mir Großmutter mit, daß sie beschlossen habe, in Kürze ihr Testament zu machen. Sie sagte, es würde nur eine Fassung geben, die sie nie mehrxunzuandern beabsichtige. Sie stellte mich vor die Wahl, mich entweder ohne Aufschub mit dir zu verloben – oder die ganze Beute ginge an Max. Verstehst du jetzt«, fragte er mich hoffnungsfroh und ergriff meine Hände, »warum ich unbedingt sagen mußte, wir seien bereit? verlobte Ich wollte, daß sie den Notar rufen konnte, damit endlich alles unter Dach und Fach gebracht wird. Du wirst mich doch nicht im Stich lassen, Sophia?«
Ich fühlte seinen flehentlichen Blick auf mir und war hin- und hergerissen. Natürlich wollte ich George nicht im Stich lassen. Aber deshalb gleich eine Verlobung vorzutäuschen…
»Du hättest mich zumindest vorher fragen können!« warf ich ihm vor.
»Ich hatte Angst, du würdest nicht mitspielen«, antwortete er ehrlich. »Ich dachte, es sei klüger, dich vor vollendete Tatsachen zu stellen. Bitte, sei nicht böse, Kleines. Es ist ja nur für kurze Zeit. Sobald Großmutter das Testament verfaßt hat und der Notar es zur Aufbewahrung nach York mitgenommen hat, werde ich ihr die Wahrheit sagen. Das verspreche ich dir!«
In diesem Augenblick wurden Schritte auf dem Kiesweg hö’r bar und eine Stimme rief: »Mr. Willowby! Sind Sie hier, Mr. Willowby? Ihre Gnaden verlangt nach Ihnen! Mr. Willowby!
George zog meine Hand an seine Lippen und hauchte einen Kuß in die Handfläche: »Mein Schicksal liegt in dieser kleinen Hand.«
Mit diesen bedeutungsschweren Worten erhob er sich und schlenderte dem Diener entgegen.
Ich blieb wie versteinert sitzen, seine Lippen schienen noch auf meiner Hand zu brennen. Ich hatte ein äußerst ungutes Gefühl, bei dieser Maskerade mitzumachen. Und doch, hatte ich wirklich eine andere Wahl? Ich fröstelte, stand auf und machte mich auf den Weg zurück in mein Zimmer.
VII.
Als ich zurückkam, wurde ich von Melissa bereits ungeduldig erwartet. Es war offensichtlich, daß» mein langes Fortbleiben sie in Unruhe versetzt hatte. Sie sagte jedoch kein Wort darüber, sondern teilte mir mit, daß» mich Miss Heather zum Tee erwartete. Ein Diener hatte diese Nachricht bereits vor einigen Minuten gebracht, und ich mußte mich beeilen, wenn ich Georges Tante nicht warten lassen wollte. Ich warf einen Blick in den Spiegel, um mich zu vergewissern, daß meine Haare noch in Ordnung waren. Dann ließ ich mich ohne weiteren Aufschub zum Wohnzimmer geleiten. Ich hatte erwartet, dort Miss Heather vorzufinden und suchte intensiv nach einer plausiblen Entschuldigung dafür, daß ich sie hatte warten lassen. Doch zu meiner Überraschung war der Raum leer. Melissa hatte mich nur bis zur Türe begleitet und sich mit
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