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Massiv: Solange mein Herz schlägt

Massiv: Solange mein Herz schlägt

Titel: Massiv: Solange mein Herz schlägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massiv mit Mariam Noori
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auf etwas zu warten. Selbst, wenn es nicht klappen würde, dachte ich mir, hatte ich es zumindest versucht.
    Zehn Tage später war ich mit meinen Nerven am Ende. Kein Anruf. Mein Handy war vierundzwanzig Stunden an, einmal war der Akku leer, und ich rannte nach Hause, als würde mein Leben davon abhängen, dabei war es ein Uhr morgens. Welches seriöse Label ruft schon um ein Uhr morgens an? Vor Angst, den wichtigsten Anruf meines Lebens zu verpassen, stand ich um sieben Uhr in der Früh auf und ging erst um zwei Uhr schlafen, in der Hoffnung, irgendein unseriöses Label würde mich doch noch anrufen. Am zwölften Tag begann ich, meinen Masterplan infrage zu stellen. Reichte die Bestätigung eines Publikums besoffener Amerikaner und eines verrückten Jungen aus, sein gesamtes Leben zu hinterfragen? Gut, mein bisheriges Leben war nicht gerade spektakulär. Ich war gerade arbeitslos und hatte schon viele Male alles hingeworfen. Keiner wäre verwundert darüber, wenn ich dieses Mal wieder alles hinwerfen würde. Mama würde sich sogar freuen.
    Wenn niemand anrufen würde, müsste ich irgendeinen idiotischen Job annehmen, Isabella heiraten und mir von allen »Siehst du, wir haben es doch gesagt« anhören. Bei dem Gedanken bekam ich eine Gänsehaut. Ich wurde panisch und stellte meine Stimme infrage. Doch die sagte nur: »Ruhig bleiben, Gutes braucht Zeit. Wenn aus einer Raupe ein Schmetterling werden kann, gibt’s sogar noch für dich Hoffnung.«
    Am dreizehnten Tag klingelte mein Handy.
    »Hallo, hier ist der Bastard.« Es war eine laute, ungehobelte Stimme am anderen Ende der Leitung. Ich dachte, ich höre nicht richtig.
    »Wer?«
    »Der Bastard.«
    »Was soll das?«
    »Was soll was?«
    »Willst du mich verarschen?«
    »Nö.«
    »Wie heißt du?«
    »Hab ich doch grad gesagt.«
    »Ich warte auf einen wichtigen Anruf, für Klingelstreiche habe ich keine Zeit.« Wütend legte ich auf. Eine Minute später klingelte erneut mein Telefon.
    »Waaas?«
    »Hallo?«
    »Was willst du?«
    »Hast du heut’ schlecht geschissen oder was? Ich bin MC Basstard – mit zwei s, wie in Bass  – von Horrorkore Entertainments, und ich möchte dich kennenlernen.«
    Jetzt leuchtete es mir ein. Verflucht. Das war wahrscheinlich gerade irgendein wichtiger Musikproduzent, und ich benahm mich wie ein Vollidiot. Horrorkore Entertainments – sagte mir nichts, doch bei hundertzwölf Paketen konnte ich mich nicht mehr an jeden einzelnen Namen erinnern.
    »Ach so, tut mir leid … ähm … hat dir meine CD gefallen?« Ich war nervös, ich führte vielleicht gerade das wichtigste Gespräch meines Lebens.
    »Ich hab mir deine CD noch nicht angehört, aber das Cover ist der Hammer, und der Brief war zuckersüß. Wann kannst du nach Berlin kommen?«
    Nachdem ich aufgelegt hatte, machte mein Herz einen Freudensprung, und ich flippte aus. Mein Plan war aufgegangen. Ich war überglücklich, rannte aus meinem Zimmer, umarmte meine Mutter, tanzte eine Runde um den Küchentisch und rief: »Ich hab es geschafft, Mama!«
    »Wallah?«
    »Wallah!«
    »Also fanden sie deine CD gut?«
    »Die haben sie noch gar nicht gehört.«
    »Wie?«
    »Mama, ich kann es kaum glauben, ein Bastard hat mich angerufen, was für ein Glück!«
    »Jallah, jallah«, murmelte meine Mama. Als Nächstes tippte ich »Horrorkore Entertainments« bei Google ein. Auf dem Bildschirm erschienen Blut, Grabsteine und Dämonen. Ich sah mir den Link genauer an. Es war die richtige Homepage. Als ich die Boxen aufdrehte, bekam ich einen Schrecken, rappte da gerade jemand darüber, wie man Katzen abschlachtet? Wo war ich bloß gelandet? Die Bilder und die Musik wirkten auf mich wie Werbung für eine satanische Sekte. Den einzigen Anruf hatte ich von einem Label bekommen, das echte Teufelsmusik produzierte. Da passte ich doch überhaupt nicht rein. Halt. Der Bastard hatte sich meine CD gar nicht angehört. Ihm hatte bloß mein Bild gefallen. Sah ich etwa aus wie ein Teufelsanbeter? Sollte ich meine erste CD bei einem Label aufnehmen, das mit Musik böse Geister heraufbeschwören konnte? Es hatte sich aber sonst niemand bei mir gemeldet. Ich zuckte mit den Schultern.
    Naja, überlegte ich, während »Iiiich werrrrde dein Fleisssssch essennnn« aus den Boxen tönte, besser als gar nichts. Zwei Tage später fuhr ich siebenhundert Kilometer weit nach Berlin zu meinem alten Freund Ali, der dort lebte und aus Pirmasens stammte. Er siedelte nach Berlin über, weil kein normaler Mensch in einer Stadt wie

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