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Massiv: Solange mein Herz schlägt

Massiv: Solange mein Herz schlägt

Titel: Massiv: Solange mein Herz schlägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massiv mit Mariam Noori
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musste, um ein erfolgreicher Rapper zu werden. Denn zu wissen, was ich wollte, reichte nicht. Sich einen Rapper nennen, konnte jeder, damit erfolgreich werden, nur die wenigsten. Ich aber wollte der Rapper werden. Also erstellte ich einen Masterplan, mit dem mir der Durchbruch gelingen sollte. Einige Jahre später würde ich diese Zeilen erneut lesen und mich darüber wundern, wozu wir Menschen in der Lage sind, wenn wir wirklich an etwas glauben.
    Masterplan
Songs schreiben, denn jeder Rapper braucht eigene Songs
Fotoshooting für professionelles Cover arrangieren. CDs pressen, denn jeder Rapper braucht eine eigene CD
CDs an alle Labels im Land verschicken, denn jeder Rapper braucht ein Musiklabel
Warten, bis mein Telefon klingelt und jemand mich groß rausbringen will, denn jeder Rapper braucht ein Musiklabel, das ihn auch unter Vertrag nehmen will
Den Song machen, denn jeder berühmte Rapper hat den Song, der ihn berühmt gemacht hat
Eltern überreden, ihre Jobs hinzuwerfen, um mit mir in eine Großstadt zu ziehen. Pirmasens ist nicht gerade Deutschlands Musikstadt, und jeder Rapper sollte in einer Musikstadt leben
Den dicksten Künstlervertrag in der deutschen Hiphop-Geschichte unterschreiben

KAPITEL 12
Der Morgen danach
Wer Großes versucht, ist bewundernswert, auch wenn er fällt.
Lucius Annaeus Seneca
1.  Songs schreiben
    Ich schloss mich in meinem Zimmer ein und schrieb drauflos. Als ich damit begann, merkte ich, wie leicht es mir fiel, alles niederzuschreiben. Ich schrieb über meine Kindheit, über Freundschaft, meine Jugend, über Gewalt und Hass. Da war so viel Wut in meinem Bauch, ich konnte ganze Seiten mit Wut und Hass füllen. Es fühlte sich gut an. Nach jedem Song fühlte ich mich um viele Kilos leichter. Als ich die therapeutische Wirkung spürte, fragte ich mich, warum ich das nicht viel eher getan hatte. Ich hatte das Gefühl, mit jedem fertigen Song ein Kapitel meines Lebens abzuhaken. Innerhalb von vier Tagen hatte ich zwanzig fertige Songs, doch ich fand keinen gut genug. Meine Grammatik hatte sich seit der fünften Klasse nicht weiterentwickelt, ich zerriss die Seiten und fing von vorne an. Die Stimme redete mir gut zu: »Du brauchst Übung. Das beste Werkzeug ist nutzlos, wenn die Hand nicht darin geübt ist, es richtig zu benutzen.« Also schrieb ich weiter. Als ich meiner Mutter von meinem Plan, Rapper zu werden, erzählte, zeigte sie mir den Vogel und fragte, was sie ihrer Familie im Libanon erzählen sollte, wenn ihr Sohnemann so einen Unsinn machte.
    »Porschespiegelrahmen hin- und herfahren ist also kein Unsinn?«
    »Natürlich nicht, denn Porschespiegelrahmen hin- und herfahren ist anständige Arbeit, mit der du eine Familie ernähren kannst, während rappen – oder wie der Unsinn auch immer heißt – brotlose Kunst ist.«
    »Damit lässt sich eine Menge Geld verdienen.«
    »Und was soll ich meiner Familie erzählen? Mein Sohn ist ein Rapper? Das ist doch beschämend!«
    »Mama, deine Familie lebt im Libanon, Opa vergisst ständig meinen Namen – ist doch ganz egal, was du ihnen erzählst. Sag doch einfach, ich wäre Bäcker, Maler oder meinetwegen der Bürgermeister von Pirmasens, die finden es doch sowieso nicht heraus – sie leben im Libanon und haben ganz andere Probleme.«
    »Und wenn es doch rauskommt? Dann halten mich alle für eine Lügnerin.« Ich verkniff mir das Grinsen.
    »Sind das deine einzigen Sorgen? Was du deinen Eltern sagst?«
    »Na und den Nachbarn, meinen Freundinnen, meinen Arbeitskollegen? Schlimm genug, dass du deinen Körper mit diesen furchtbaren Bildern entstellen musstest – alle halten dich sowieso schon für einen Drogendealer. Weißt du, wie schlimm es ist, wenn alle deinen Sohn für einen Drogendealer halten?«
    »Mama, nur weil ich tätowiert bin, bedeutet das nicht, dass ich ein Drogendealer bin. Lass die Leute doch reden. Mach dich deshalb nicht verrückt.«
    »Wasiem, das ist nur eine deiner schwachsinnigen Ideen. Glücklicherweise sind die so kurzlebig wie Eintagsfliegen. Sollte ich jemals hören, dass du schlimme Wörter in ein Mikrofon schreist oder – Gott bewahre – dich wie in diesen schrecklichen Musikvideos mit halbnackten Mädchen zeigst, dann Gnade dir Allah.«
    »Ist gut Mama. Das wird schon nicht passieren.«
2.  CD erstellen
    Was tut man, wenn der beste Freund Geburtstag, aber man kein Geld in der Tasche hat und deshalb irgendeinen Mist verschenken muss? Man verpackt es gut. Zum fünfzehnten Geburtstag kam Mirac mit

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