Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mathias Sandorf

Mathias Sandorf

Titel: Mathias Sandorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
Zeit.«
    Sarcany antwortete nur durch ein Nicken mit dem Kopfe. Nachdem er das Ueberführen seines Gepäckes in das Zollhaus überwacht hatte, zog er die Marokkanerin nach der rechten Seite hin, um an der Umwallung der Stadt entlang zu gehen und nicht durch das Meerthor dieselbe zu betreten.
    Der Doctor zögerte einen Augenblick. Sollte er Sarcany entschlüpfen lassen? Sollte er ihm folgen?
    Er bemerkte, während er sich umsah, Kap Matifu, der wie ein harmloser Maulaffe das Ein-und Ausschiffen der Passagiere der »Saxonia« beobachtete. Er brauchte nur ein Zeichen zu geben, der Hercules war sofort an seiner Seite.
    »Siehst Du diesen Mann, Kap Matifu? sagte der Doctor, auf den sich entfernenden Sarcany zeigend.
    – Ja!
    – Wenn ich Dir befehle, Dich seiner zu bemächtigen, wirst Du es thun?
    – Ja!
    – Und Du wirst ihn wehrlos machen, wenn er Widerstand leistet?
    – Ja!
    – Denke daran, daß ich ihn lebendig haben muß.
    – Ja!«
    Kap Matifu machte keine Redensarten, konnte aber dafür das Verdienst beanspruchen, um so klarere Antworten zu geben. Der Doctor wußte, daß er auf ihn zählen durfte. Wenn Jener einen Befehl auszuführen hatte, so führte er ihn auch aus.
    Die Marokkanerin konnte gebunden und geknebelt in irgend einen Winkel geworfen werden. Ehe sie im Stande war, Lärm zu schlagen, konnte Sarcany schon an Bord des »Electric« sein.
    Die Dunkelheit, obgleich sie noch nicht dicht genannt werden konnte, mußte die Ausführung des Planes erleichtern.
    Sarcany und die Fremde setzten inzwischen ihren Weg längs der Umwallung der Stadt fort, ohne zu bemerken, daß sie gesehen und verfolgt wurden. Sie sprachen nicht miteinander. Sie wollten augenscheinlich so lange schweigen, bis sie an einen Ort gelangt waren, an dem sie sich im sicheren Versteck wähnen konnten. So kamen sie bis fast an das Südthor, das auf die Straße hinausführt, welche in die Gebirge zur österreichischen Grenze läuft.
    Dort befindet sich ein bedeutender Marktplatz, ein den Montenegrinern wohl bekannter Bazar. Hier treiben diese ihren Handel, weil man sie nur in beschränkter Anzahl in die Stadt hineinläßt und erst, nachdem sie ihre Waffen abgelegt haben. Am Dienstag, Donnerstag, Sonnabend jeder Woche kommen diese Bergbewohner von Njegus oder Cettinje herbei. Sie müssen fünf bis sechs Stunden unterwegs bleiben, um hier Eier, Kartoffeln, Geflügel und Reis, dessen Absatz bedeutend ist, an den Mann bringen zu können
    Jener Tag war gerade ein Dienstag. Einige Gruppen, deren Geschäfte sich sehr in die Länge gezogen hatten, befanden sich noch auf dem Marktplatze, um hier die Nacht zuzubringen. An dreißig Bergbewohner kamen, gingen, plauderten und stritten miteinander. Die Einen hatten sich schon zum Schlafen auf den Boden ausgestreckt, die Anderen ließen über einem Kohlenfeuer einen kleinen, auf einen hölzernen Spieß (nach albanesischer Sitte) gezogenen Hammel schmoren.
    Dorthin zogen sich Sarcany und seine Begleiterin zurück; sie schienen den Ort schon zu kennen. Hier war es in der That leicht, ungestört zu plaudern und selbst während der ganzen Nacht zu bleiben, ohne erst nach einem ungewissen Quartier auf die Suche gehen zu müssen. Seit ihrer Ankunft in Cattaro übrigens hatte sich die Fremde wegen eines anderen Unterkommens unbesorgt gezeigt.
    Der Doctor und Kap Matifu traten Einer hinter dem Anderen in den dunklen Bazar ein. Hier und dort knisterte es auf einigen Feuerherden, doch helle Flammen waren nicht zu sehen und deshalb fehlte jeder Lichtschein. Die Aufhebung Sarcany’s war unter diesen Umständen eine sehr schwierige Sache, namentlich wenn er den Bazar nicht vor Tagesanbruch wieder verließ. Der Doctor bedauerte sehr, nicht schon auf dem Gange zwischen dem See-und Südthore gehandelt zu haben. Jetzt war es zu spät. Man mußte sich auf das Warten verlegen, um jede Gelegenheit, die sich bieten konnte, benützen zu können.
    Das Boot lag hinter den Klippen, kaum zweihundert Schritte vom Bazar entfernt und zwei Ankerlängen weiter konnte man die flüchtigen Umrisse des »Electric« bemerken, dessen Ankerplatz eine kleine am Bug aufgehißte Laterne bezeichnete.
    Sarcany und die Marokkanerin hatten sich in eine sehr dunkle Ecke, in die Nähe einer Gruppe schon schlafender Bergbewohner zurückgezogen. Sie hätten sich also von ihren Angelegenheiten ungestört unterhalten können, ohne Besorgniß gehört zu werden, wenn es dem in seinen Reisemantel eingehüllten Doctor nicht gelungen wäre, sich unter die Gruppe

Weitere Kostenlose Bücher