Mathias Sandorf
hätten, wie er annehmen mußte, hätte er eine Annäherung zwischen Peter und derjenigen gutheißen können, die für Alle und für ihn selbst den Namen Sarah Toronthal trug?
Er mußte um jeden Preis jetzt Sarah, seine Tochter, wiederfinden. Nicht ein Tag war zu verlieren.
Frau Bathory war bereits in das Stadthaus zurückgeführt worden, als der Doctor in Begleitung Peter’s, der zwischen Freude und Hoffnungslosigkeit schwankte, ebendaselbst eintraf, ohne ein Wort gesprochen zu haben.
Frau Bathory, sehr geschwächt durch die heftige Rückwirkung, die sich in ihr gezeigt hatte, doch geheilt, völlig geheilt, saß in ihrem Zimmer, als der Doctor und ihr Sohn bei ihr eintraten.
Maria, die schicklicherweise sie allein zu lassen wünschte, zog sich in den großen Saal des Stadthauses zurück.
Der Doctor näherte sich der alten Dame und die Hand auf die Schulter Peter’s legend, sagte er:
»Frau Bathory, ich hatte bereits Ihren Sohn zu dem meinigen gemacht. Wenn er bis jetzt nur mein Sohn aus freundschaftlichen Rücksichten war, so werde ich nun Alles thun, damit er es auch aus väterlicher Liebe wird, indem er Sarah heiratet… meine Tochter…
– Ihre Tochter? rief Frau Bathory.
– Ich bin Graf Mathias Sandorf.«
Frau Bathory erhob sich plötzlich, streckte ihre Hände aus und fiel in die Arme ihres Sohnes zurück. Wenn sie auch selbst nicht sprechen konnte, so konnte sie doch hören. In wenigen Worten unterrichtete sie Peter von Allem, was sie noch nicht wußte, wie Graf Sandorf durch die Ergebenheit des Fischers Andrea Ferrato gerettet wurde, wie er fünfzehn Jahre lang für todt hatte gelten wollen, wie er in Ragusa unter dem Namen des Doctors Antekirtt wieder aufgetaucht war. Er erzählte, was Sarcany und Silas Toronthal zu dem Zwecke, die Verschwörer von Triest auszuliefern, gethan hätten, ferner den Verrath Carpena’s, dem sein Vater und Ladislaus Zathmar zum Opfer fielen, schließlich, wie der Doctor ihn lebendig dem Grabe auf dem Kirchhofe von Ragusa entrissen hätte, um ihn dem Werke der Gerechtigkeit, welches der Doctor ausüben wollte, zu verbinden. Er beendete seine Erzählung damit, daß er sagte, daß zwei von den Uebelthätern, der Banquier Silas Toronthal und der Spanier Carpena, bereits in ihrer Macht wären, daß man aber des Dritten, Sarcany’s, noch nicht habhaft hätte werden können, desselben Sarcany, der Sarah Sandorf zu seiner Frau zu machen wünsche.
Der Doctor, Frau Bathory und ihr Sohn, welche die Zukunft in enger Verwandtschaft aneinanderschließen sollte, besprachen während einer Stunde noch des Näheren die auf das junge Mädchen bezüglichen Umstände. Ersichtlich würde Sarcany vor nichts zurückschrecken, was das junge Mädchen zwingen könnte, ihn zu heiraten, wodurch ihm das Vermögen des Grafen Sandorf zufiel. Sie beleuchteten die augenblickliche Lage der Dinge von allen Seiten. Was bisher geschehen war, hatte allerdings Sarcany einen Strich durch die Rechnung gemacht, was noch geschehen konnte, war das Furchtbarste. Vor Allem also mußten Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt werden, um Sarah aufzufinden.
Es wurde zunächst verabredet, daß Frau Bathory und Peter die Einzigen bleiben sollten, die wußten, daß Graf Sandorf sich unter dem Namen des Doctors Antekirtt verbarg. Offenbarte man das Geheimniß, so wurde damit auch ausgedrückt und bekannt, daß Sarah seine Tochter sei; im Interesse der neuen Nachforschungen aber, die unternommen werden mußten, war es von Wichtigkeit, daß Solches geheim bliebe.
»Doch wo ist Sarah?… Wo sie suchen?… Wo sie auffinden? fragte Frau Bathory.
– Wir werden es erfahren, erwiderte Peter, in welchem die Hoffnung einer Energie Platz gemacht hatte, welche nur stärker werden konnte.
– Ja… wir werden es erfahren, sagte der Doctor, und zugegeben, daß Silas Toronthal wirklich nicht weiß, wohin Sarcany geflüchtet ist, so wird er doch zum Mindesten wissen, wo dieser Elende meine Tochter zurückhält!…
– Und wenn er es weiß, muß er es uns sagen, rief Peter.
– Ja… er muß sprechen, erwiderte der Doctor.
– Augenblicklich!
– Augenblicklich!«
Doctor Antekirtt, Frau Bathory und Peter wären nicht im Stande gewesen, länger in dieser Ungewißheit zu verharren.
Luigi, der sich mit Pointe Pescade und Kap Matifu im großen Saale des Stadthauses befand, wo Maria sich ihnen beigesellt hatte, wurde alsbald herbeibefohlen. Er erhielt den Auftrag, sich von Kap Matifu nach dem Fort begleiten zu lassen und Silas
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