Mathilda, Mathilda! - Drei wie Zimt und Zucker: Band 3 (German Edition)
Leggings mit einem winzigen Fischgrätenmuster steckten, und fühlte mich viel älter als ich in Wirklichkeit war. So mindestens wie 16. Also, fast wie erwachsen.
Es gab nur einen Unterschied. Fast-Erwachsene wissen mit Sicherheit, was sie tun sollen. Das wusste ich überhaupt nicht. Auf einmal erschien es mir alles andere als wahrscheinlich, dass ich bei Hannah einziehen und wieder zu meiner alten Schule gehen konnte. Immerhin war schon der neue Freund von Hannahs Mutter eingezogen und die Wohnung war ziemlich klein. Wahrscheinlich gab es für mich gar keinen Platz mehr. Wo sollte ich nur hin? Wie sollte es weitergehen?
»Schluss mit dem Trübsalblasen«, rief Anouk, die mit einer dampfenden Tasse heißer Schokolade aus der Küche herüberkam. »Trink das!«, sagte sie und drückte mir die Tasse in die Hand. Ich schnupperte. Hmm, das roch sooooo gut. Vorsichtig trank ich einen kleinen Schluck und gleich noch einen. Es schmeckte köstlich, nicht so süß wie normaler Kakao, viel, viel besser. Aber ein bisschen … nach was schmeckte es noch?, überlegte ich.
Anouk setzte sich neben mich auf das Sofa und sagte: »Heiße Schokolade schmeckt wie die Liebe, süß und ein bisschen bitter auch.«
Mit einem Ruck stellte ich die Tasse ab, dass die braune Flüssigkeit über den Rand schwappte und eine hässliche Spur auf Anouks Sofatisch hinterließ. »Oh nein, Anouk«, erklärte ich hastig. » Ich bin nicht verliebt, kein bisschen. Aber Mama …« Und dann fing ich an zu erzählen. Von allem, was schief gelaufen war, seit Mama sich ausgerechnet in Jan vergucken musste. Wie er mir meinen Platz weggenommen hatte. Dass Mama mich nicht einmal mehr in Schutz nahm. Wie sehr mich nervte, dass sie nur noch Augen für ihren Liebsten hatte und alles bewunderte, was er machte.
Anouk unterbrach mich kein einziges Mal. Sie saß da, nickte und hörte mir genau zu. »Du denkst, du wärst nun bei deiner Mutter abgeschrieben, so sagt man doch, oder?« Sie blickte mich fragend an.
»Woher – woher weißt du das?«, fragte ich erstaunt. Plötzlich ging mir ein schrecklicher Verdacht durch den Kopf. Hatte Mama ihr etwa gesagt, dass sie mich nicht mehr haben wollte?
Anouk legte ganz leicht ihre Hand auf meinen Arm und sagte: »Deine Mutter liebt dich mehr, als du ahnst, Mathilda. Sie war eben fast verrückt vor Sorge um dich.«
»Hah!«, rief ich aufgebracht und sprang vom Sofa. »Bist du dir da so sicher? Sie hat nur Augen für Jan. Alles andere ist ihr egal.« Aber dann fiel mir ein, dass Mama mir gestern Nacht nachgekommen war, weil sie mir etwas erklären wollte. Nur … ich hatte es nicht hören wollen. Ebenso wenig wie ich gestern beim Abendessen dabei sein wollte. Auf einmal breitete sich ein ganz anderes Gefühl in mir aus. Zweifel nagten an mir. Mehr und mehr. Und wieder wusste ich nicht, was ich tun sollte. Ratlos sackte ich auf das Sofa.
»Weißt du«, sagte Anouk und lächelte. »Wenn du mal so richtig verliebt bist, dann ist das wie mit einem Magneten. Alles zieht dich zu deinem Freund hin. So stark, dass du gar nicht dagegen ankannst. Du willst am liebsten die ganze Zeit in seiner Nähe sein oder …« Anouk schmunzelte, »… ihn küssen. Gegen die Liebe kommt niemand an.«
»Aber in dem Alter«, wandte ich mit gesenktem Blick ein. »Mama ist doch schon vierzig.« Mir war es sehr peinlich, aber das musste doch mal gesagt werden.
»Ma petite, die Liebe kennt kein Alter«, erwiderte Anouk und ging ans Fenster. Ich stellte mich neben meine Patentante. Der Regen hatte aufgehört, der Himmel war bewölkt und darüber schob sich der dunkle Abendhimmel. Einen Moment war es ganz still. Nur von der Straße hallte der Verkehrslärm herauf.
»Aber die Liebe braucht Zeit«, sagte Anouk. »Deine Mutter muss auch mal alleine mit Jan sein. So, wie du auch mit deinen Freunden alleine sein willst.«
Sofort musste ich so sehr an einen Freund denken, der seit heute keiner mehr war. »Anouk…«, fing ich an und meine Stimme klang piepsig. Aber es gab da eine Frage, die ich unbedingt los werden musste. Jetzt sofort. Sonst würde ich mich das nie wieder trauen. Ich holte Luft und stieß hervor. »Was würdest du machen, wenn jemand plötzlich sagt, er will nichts von dir?«
Meine Patentante blickte auf die Straße hinunter: »Und zu wem hat er das gesagt?«, fragte sie leise.
»Zu seinen Freunden! Und du glaubst nicht, was diese Idioten noch alles gesagt haben.« Die Wut kam zurück und das tat mir gut. »Ich habe es genau gehört,
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