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Matrjoschka-Jagd

Matrjoschka-Jagd

Titel: Matrjoschka-Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke Schnyder
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klar.
    Sie ging ein paar Schritte weiter den See entlang, dann blieb sie stehen. Wie war es möglich, dass dieses Tal so grün war. So ungeheuer lebendig und grün.
    Aber hier war der Tod gewesen.
    Sie ging den Weg wieder zurück.
    »Guten Morgen!«, rief eine Frauenstimme aus der Bretterbude.
    Das war sie also: Elsi Klopfenstein.
    »Ich habe Sie gestern mit Bucher gesehen. Sie sind von der Polizei, nicht wahr?«
    »Brand, Nore Brand«, stellte sich die Kommissarin vor, als sie vor Elsi Klopfenstein stand.
    »Ich hatte schon gedacht, dass Sie nicht mit mir sprechen wollen.«
    Der Vorwurf war unüberhörbar.
    Nore Brand fühlte sich ertappt. »Nein, ganz und gar nicht! Sie waren gestern sehr beschäftigt mit Ihren Gästen.«
    Das war eine Notlüge. Nore Brand hatte nichts gesehen, doch normalerweise wurden Tatorte gut besucht. Die Menschen liebten es, düstere Orte aufzusuchen.
    »Ja, natürlich. Am Abend waren alle Zwetschgenkuchen gegessen und ich hätte noch viel mehr loswerden können.«
    »Bucher hat mir keine Fragen gestellt«, fügte sie nach einer kleinen Pause hinzu. »Das ist doch nicht normal, oder?«
    Elsi Klopfenstein schaute in Richtung Steg. »Da ertrinkt eine Millionärin in unserem See und keiner will etwas wissen. Unglaublich. Nur die Journalisten. Die rannten mir die Bude ein. Die kamen wie die Aasgeier. Aber ich habe nur etwas erzählt, wenn sie Schnaps bestellten. Sonst wusste ich von nichts.« Sie lächelte schlau. »Und dann die üblichen Spaziergänger natürlich, die haben viele Fragen gestellt. Seit drei Tagen bin ich beschäftigt wie noch nie in dieser Saison. Ich hätte viel mehr Zwetschgenkuchen verkaufen können. Auch heute werden wir wieder einige Gaffer haben. Mir kann’s nur recht sein. Das Wetter soll auch recht angenehm werden. Föhn.« Sie schaute prüfend zum Himmel.
    »Dabei wollte ich letzte Woche schließen. Dann passiert das. Man kann die Leute doch nicht allein lassen, sie wollen reden, und so habe ich mir gedacht, ein paar Tage hänge ich noch an. Meiner Kasse tut’s auch gut, der Winter wird lang werden, das Alter vermutlich auch. Und das ohne Pension. Warten Sie«, sagte sie, dann war Elsi Klopfenstein im Häuschen verschwunden und kam gleich wieder heraus. In der Hand trug sie einen Lappen. Mit raschen Bewegungen trocknete sie zwei Stühle ab.
    »Setzen Sie sich doch.« Sie schob Nore Brand einen Plastikstuhl hin. »Kann ich Ihnen eine Tasse Kaffee bringen? So früh am Morgen macht’s nur zwei fünfzig.«
    Solche Leute brachten das Land in schweren Zeiten über die Runden. Was für ein erfrischender Eigennutz.
    »Ja, sehr gern«, sagte Nore Brand, »mit viel Zucker.«
    Einen Augenblick später trat Elsi Klopfenstein wieder aus ihrem Häuschen, in jeder Hand einen braunen Becher mit einem weißen Plastiklöffel. Sie setzte sich umständlich hin. »Die Zwetschgenkuchen kommen leider erst gegen neun Uhr. So lange bleiben Sie sicher nicht, aber Sie können ja später nochmals vorbeischauen.«
    Elsi Klopfenstein musterte ihr Gegenüber. Eine Städterin. Natürlich. Das sah man von Weitem.
    Nore Brand konnte ihre Gedanken lesen. Ihre nassen und kalten Füße drangen ihr schmerzhaft ins Bewusstsein. Sie rührte dankbar in der heißen Brühe.
    Sie würde den Sportladen aufsuchen müssen. Ihre Lederstiefel waren völlig aufgeweicht.
    »Ich würde es in der Stadt nicht aushalten«, begann Elsi Klopfenstein ohne Einleitung, »nicht wenn man das hier gewohnt ist.« Sie ließ ihre Augen durch das Tal schweifen.
    »Und ich bin eben die Stadt gewohnt. Bern.«
    Elsi Klopfenstein warf ihr einen kurzen Blick zu. »Gewöhnung hilft fast immer, fast.«
    Reden lassen, erinnerte sich Nore Brand. »Reden lassen«, hatte Bastian Bärfuss bei vielen Gelegenheiten gesagt. »Die Menschen mögen es, wenn man ihnen zuhört. Und wir brauchen Informationen. So ist beiden geholfen.«
    Elsi Klopfenstein jedenfalls schien zufrieden. Diese Frau Brand war nicht eine, die mit Fragen über die Menschheit herfiel. »Früher ging ich hin und wieder in die Stadt. Wenn man jung ist, sieht die Welt anders aus. Bern hat sich verändert. Thun auch. Man liest immer von Überfällen, nicht einmal alte Frauen und Kinder werden verschont. Schlimm ist das. Früher war es noch gemütlich in der Stadt, aber das ist endgültig vorbei. Viele Geschäfte, in die ich noch mit meiner Mutter gegangen bin, sicher zweimal im Jahr, die gibt es nicht mehr.« Sie rührte heftig in ihrem Plastikbecher. »Den Berner Bahnhof kenne ich

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