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Matrjoschka-Jagd

Matrjoschka-Jagd

Titel: Matrjoschka-Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke Schnyder
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mit dir?«
    »Nino Zoppa«, stellte Nore Brand vor.
    Klaus Zinnstag nickte ihm zu. »Wir kennen uns noch nicht, oder?«
    »Wüsste nicht warum, bin ganz frisch ab Presse«, erwiderte Nino.
    Klaus Zinnstags Augen leuchteten belustigt auf. »Ja, so siehst du auch aus«, sagte er freundlich, dann deutete er auf die Kurve.
    »Diese Frau ist kriminell schnell gefahren. Aber dass sie die Abschrankung durchbrechen konnte, das verstehe ich nicht. Dafür hat dieses Auto viel zu wenig Gewicht und zu wenig PS.«
    Nore Brand schaute den Hang hinunter. Der Wagen lag auf dem Dach; er sah aus wie ein toter Käfer auf dem Rücken.
    »Die Züge fahren in den nächsten drei Stunden nicht mehr.« Bruder Klaus beugte sich auf die Straße nieder. »Hier, schaut mal diese Spuren. Sie hat noch gebremst. Im letzten Augenblick. Das müsste die Wucht vermindert haben. Hat es aber nicht. Das ist unbegreiflich. Außer wenn ein anderer Wagen sie von hinten in den Abgrund geschoben hätte …« Er schob seine Basketballmütze in den Nacken und dachte nach.
    »Ein anderer Wagen?«
    »Das werden wir sehen. Am Wagen selbst. Hier, auf der Straße kann ich nichts Eindeutiges erkennen. Zu viel Regenwasser.«
    Nino Zoppa kletterte die Böschung hinauf und schaute ins Tal hinunter.
    Bruder Klaus schaute ihm nach. »Hier gibt’s immer wieder Unfälle. Die Kurve ist gefährlich. Die Einheimischen wissen das nur zu gut.«
    Er räumte das Messmaterial weg. »Ich bin gleich so weit. Alles im Kasten und aufnotiert. Und«, er schaute einen Moment auf, »ich glaube, diese Frau ist heute sehr früh losgefahren. Wir werden das bald haben. Früh und schnell. Auf der Flucht etwa? Aber das ist eure Sache.« Er nickte den beiden zu. »Ihr hört von mir.« Dann fuhr er davon.
    Sie schauten dem Wagen nach, bis es still wurde.
    »Und jetzt?« Von Ninos Kinn tropfte Regenwasser auf die Jacke.
    »Du hörst dich im Dorf um und ich quartiere mich im Steinbock ein.«

     

DIE STEINBOCKWIRTIN SPENDIERT EINEN TEUREN WHISKY
    Der Steinbockwirt starrte seine Frau an; sie saß an der Bar und blätterte in einer alten Zeitschrift. Vor ihr das übliche Glas Weißwein. Sie trug viel zu viele Ketten und Kettchen. Nicht echte Ware, das lag bei ihnen nicht drin, aber sie fand das nur halb so schlimm. Wenn es nur glänzte und klingelte.
    Er mochte das nicht. Das ganze Zeug erinnerte ihn daran, wie schnell die Zeit verging. Immer wieder eine Kette, immer wieder ein Ring.
    Sie spürte seinen Blick und schaute auf. »Was ist?«
    Er schüttelte den Kopf und beugte sich wieder über das Anmeldeformular.
    »Wir müssen nehmen, was kommt. In diesen Zeiten dürfen wir nicht wählerisch sein, und wenn die Polizei sich bei uns einquartieren will, müssen wir uns glücklich schätzen. Die bezahlen schließlich auch.«
    Er lachte kurz. »Wählerisch waren wir ja noch nie.«
    Sie kicherte vor sich hin. »Weißt du, warum ich hier sitze?«
    Sie hatte ihm nicht zugehört. 
    »Weil sonst keiner hier sitzt und das ist mir zu deprimierend.« Sie prostete ihm zu und trank das Glas in einem Zug aus.
    »Wäre es nicht besser, du würdest am Morgen einfach Kaffee trinken?«
    Sie schaute ihn aus Augen an, die wie zerquetschte Pflaumen wirkten. »Am Morgen? Was heißt da, am Morgen? Schau mal auf die Uhr. Gleich ist Mittag. Zeit für etwas Richtiges.«
    Er riss ein Kalenderblatt ab, so heftig, als ob so die Zeit zu beschleunigen wäre.
    An Weihnachten würde es wieder etwas besser werden. Dann kamen die Skitouristen und mit ihnen Arbeit und Geld. Die Arbeit würde sie – vorübergehend zumindest – daran hindern, mehr zu trinken, als für sie gut war, und das Geld brauchten sie für schlechte Zeiten. Zeiten wie jetzt.
    Immer noch hoffte er auf DIE Idee, die alles verändern würde. Doch mit dieser Hoffnung war er allein, denn sie hatte längst resigniert und vertrieb ihre trüben Gedanken mit Wein.
    Die Dielen über seinem Kopf knarrten, dann fiel eine Türe ins Schloss. Er setzte den Stift an und trug den Namen des neuen Gastes ein. Die Kommissarin war dabei, ihr Zimmer zu erkunden. Manche reklamierten sofort und kamen nie wieder. Aber die Kommissarin würde bleiben; sie war nicht zur Erholung da. Trotzdem hatte er ihr das beste Zimmer gegeben.
    Nore Brand schaute sich um. Dieses Zimmer war die Antwort auf die Frage, warum sie Hotelzimmer nicht ertrug. Der ungepflegte Holzboden. Der billige Teppich zwischen Badezimmer und Bett war zerfressen. Horden von Hunden mussten daran gekaut haben. Der Bettüberwurf

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