Matrjoschka-Jagd
etwas sehr Dringendes zu besprechen. Der Herr Direktor und der Herr Hoteldoktor. Die Frau an der Bar hat mir dann das Glas zugesteckt, aus dem der Direktor getrunken hat.«
»Und wie hast du ihr das erklärt?«
»Gar nicht. Ich habe sie gefragt, ob sie mir helfen könnte, ich hätte eine Wette abgeschlossen, und wenn ich sie verlieren würde, dann hole mich die Mafia nach Palermo, um mich dort hinzurichten. Sie hat mir geglaubt.«
»Aha. Auch Nino Zoppa entwickelt seine Methoden.«
Nino Zoppa strahlte.
Sie schaute ihn eine Weile an. »Warum tun die Frauen alles für …«
Sie brach ab, aber er hatte begriffen.
»Faktor Mitleid«, unterbrach er sie mit blitzenden Augen, »die denken alle, das arme Schwein braucht auch mal einen Erfolg. Frauen sind so.«
»Hast du dort sonst noch etwas Interessantes verrichtet?«
Er hielt seinen Kopf schräg und blinzelte sie an. »Ich war natürlich auf den Spuren der sibirischen Wölfin. Das war doch dein Hauptauftrag.«
Sein Gesicht wurde ernst. »Das war eine schwierige Sache. Diese grüne Krawattenratte am Empfang wollte nicht herausrücken mit der Sprache. Die Dame sei inkognito da, zur Erholung. Aber während ihrer Erholung sammle sie unter den reichen Hotelgästen für ein Waisenhaus in Moskau. Sie wolle keine Boulevardpressenhengste und schon gar keine Polizei. Wenn die Presse Wind von ihrem Aufenthalt bekäme, dann wäre sie zum letzten Mal da gewesen. Das Grandhotel lege Wert auf Diskretion. Dieser eitle Krawattenwicht. Nach dieser ausführlichen Information stellte er auf stur und ignorierte mich. Und ich ab in die Bar, wo ich mich subito klammheimlich rächte.«
»Wie der geborene Mafioso.«
»Ich weiß jetzt, wie der werte Name der Dame lautet. Stania Matiowa. Ganz genau konnte sie es auch nicht sagen. Und nur so nebenbei, Primaballerina, nicht Diva.«
»Kapiert. Und? Noch mehr Kaninchen im Zylinder?«
»Sie hat den Direktor um ihren Finger gewickelt.«
»Noch eine Affäre?«
Nino Zoppa wiegte den Kopf hin und her. »Wenn die Frau darf, darf der Mann auch, oder? Aber ob es eine Affäre war? Eine Vorstufe vielleicht. Auf jeden Fall trägt er sie auf Händen.«
Nore Brand nickte ihm zu. »Gute Arbeit. Du bist fast dabei, die größte Eroberung deines Lebens zu machen.«
Nino Zoppa grinste. »Ja, ich bin drauf und dran, aber ich werde mich wohl noch ein bisschen anstrengen müssen. Ich surfe und hacke mich über und wenns sein muss, mitten durch die Eiswellen des Ostens direkt nach Sibirien. Genügt das?«
»Kaum«, lächelte sie.
»Wusste ich doch. Fast hätte ich’s vergessen«, fügte Nino rasch an, »ich habe etwas besorgt für dich. Dein Diensthandy ist eindeutig Billigware. Vielleicht ist es doch gut, wenn du ein Ding hast, das immer funktioniert. Die Farbe ist nicht toll«, entschuldigte er sich, »aber du bist ja farbenblind.«
»Bin ich nicht. Ich sehe, dass es sehr hässlich ist.« Nore Brand steckte das froschgrüne Ding in die Tasche. »Egal. Hoffentlich hält es mich aus.«
»Schlechte Vibes?«
»Was?«
»Die schlechten Vibrationen von Nore Brand.«
»Wenn ich arbeite, schalte ich das Gehirn ein und die Apparate aus. Ich war immer so und Bastian Bärfuss war das recht.«
»Kein Problem. Ich hab’s kapiert. Wenn auf dem Display ›CHEF‹ aufleuchtet, nimmst du besser nicht ab.«
»Danke«, sagte sie überrascht. »Du drehst aber tüchtig auf.«
»Ich bin dazu da, dir sozusagen jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Ich frage mich, warum du keine Ahnung von Technik hast und in diesem Job trotzdem überlebst.«
»Ganz einfach. Wenn du das wirklich wissen willst? Die Technik macht die Arbeit immer noch nicht für uns. Sie lenkt uns nur davon ab, mit Erfolg natürlich. Der Mensch ist immer noch ein Neandertaler. Im Gehirn hat sich nichts Wesentliches getan seither. Das ist nicht gewachsen, im Gegensatz zum technischen Größenwahn.«
»Aha«, sagte Nino beeindruckt. »Dann wäre ein Neandertaler beim Flippern genauso gut wie ich.«
»Gib ihm einen Moment Zeit, um zu üben. Dann ist auch der Neandertaler dabei.«
»Das gibt mir zu denken.«
»Das spricht für dich.«
»Aber wo finde ich den Neandertaler, der sich mit mir an den Flipperkasten stellt?«
»Wenn du einen finden würdest, dann würde er dir und dem lärmenden Kasten eins überziehen mit seiner Keule.«
»Und warum?«
»Weil unsere Vorfahren garantiert ein feineres Nervenkostüm hatten als wir und diesem scheppernden Lärm auf der Stelle ein Ende setzen würden, wenn
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