Matrjoschka-Jagd

das Gleiche gilt für die Ballerina. Klara Ehrsam wollte beide zur Rede stellen. Vermutlich tat sie es auch, etwas anderes passt nicht zu ihr, und so wussten beide, dass ihnen die Felle davonschwimmen könnten. Jelena jedoch hatte nie ein Motiv. Sie war in Bezug auf die Ballerina misstrauisch geworden, sie hatte herausgefunden, dass sie nicht richtig russisch konnte und sie erzählte Klara Ehrsam davon. Nach dem Tod von Klara Ehrsam nahm sie mit uns Kontakt auf und dafür wurde sie getötet. Jemand hatte Angst, dass sie etwas wusste und uns informieren könnte. Daran musste sie gehindert werden. Zum Glück war sie schneller, aber wir haben sie nicht schützen können.« Nino Zoppa verstummte.
    »Und weiter?«
    »Nore, dieses Aufzählen ist unerträglich.«
    »Gut möglich, aber wir müssen uns beeilen. Das ist alles. Wir haben keine Ahnung, was noch passieren kann.«
    »Also gut«, fuhr Nino Zoppa weiter fort, »dann kommt plötzlich dieser Jeremias Matthäus Simmer ins Spiel. Kaum ist der drin, wird er getötet. Ein Künstler, Maler will ich sagen…«
    »… nein, ein Fälscher«, präzisierte Nore.
     »… und er verkauft seine Bilder für sehr viel Geld«, fuhr Nino weiter fort, »weil sein Bruder ein ganz Großer war und Stania Matiowa fällt in Ohnmacht, als sie erfährt, dass er tot ist.« Er lachte widerwillig. »Grauenhaft, wenn man diese Dinge so auf die Reihe bringt.«
    »Ich habe noch nicht oft Frauen in Ohnmacht fallen sehen, leider. Sonst wüssten wir jetzt mehr.«
    »Meinetwegen ist jedenfalls noch keine in Ohnmacht gefallen.«
    »Was nicht ist, kann vielleicht noch werden«, versuchte Nore Brand ihn zu trösten.
    »Ich weiß nicht, ob das für mich ein Ziel ist. Aber wen liebt diese Frau eigentlich? Den Direktor oder Simmer?«
    »Vielleicht beide.«
    »Beide?«
    »Ja. Aus Berechnung.«
    Nino Zoppa runzelte die Stirn. »Wie meinst du das?«
    »Diese Frau ist interessant und sie ist auch Jelena Petrovic aufgefallen. Wir wissen, dass es in Moskau keine Tänzerin mit diesem Namen gab. Aber sie kommt als Bolschoi-Ballerina zu einem Kuraufenthalt ins Belvedere, gibt vor, sie müsse ihr Tanzknie pflegen, dabei wickelt sie den Direktor um den kleinen Finger. Gleichzeitig scheint sie mit Simmer zusammenzuarbeiten. Sie leiht ihm ihr Auto, damit er seinen Kunden die teuren Bilder bringen kann. Mit diesem Auto wurde der Mordanschlag auf Jelena Petrovic verübt. Unser Direktor, vermutlich blind vor Liebe, leistet Schützenhilfe, indem er versucht, Jelena Petrovic in ein schlechtes Licht zu rücken. Es stört ihn gewaltig, dass sie eine intelligente Frau ist, der die Polizei Glauben schenken könnte. Vielleicht hat sich Stania Matiowa beklagt über sie. Vermutlich fühlte sie sich durchschaut. Dann war unsere Klara Ehrsam alles andere als eine Diplomatin, so vermute ich, und sie sagte alles, was ihrer Ansicht nach gesagt werden musste. Keine Spur von Vorsicht. Dabei brachte sie vermutlich auch Jelena ins Spiel. Die Medizinstudentin habe gesagt, dass man sich nicht so bewegen könne, wenn man seine Knie kaputt getanzt habe …«
    »Nore, das ist doch Spekulation!«
    »Immerhin extrem nachvollziehbar. Aber die Geschichte geht weiter. Falls Stania Matiowa eine Betrügerin ist, müsste dieses Konto zu finden sein, dann könnte sie auch mit dem dritten Mord zu tun haben.«
    »Was ist mit dem Direktor?«
    Nore Brand wiegte den Kopf hin und her. »Der spielt in einer anderen Liga.«
    Nino Zoppa schaute sie verständnislos an. »Was meinst du damit?«
    »Der Chef hat Angst, dass wir seinen Freund allzu genau unter die Lupe nehmen.«
    Nino Zoppa begriff nicht.
    Nore Brand stellte das Glas auf den Tisch. »Abwarten.«
    »Dass die Heilsarmee sieben Millionen bekommt. Geschenkt.« Nino Zoppa schüttelte den Kopf. »Das ist doch absolut hirnrissig. Die wissen doch gar nicht, was tun mit so viel Geld.«
    Nore Brand rutschte vom Barhocker. »Die lassen sich bestimmt etwas Gutes und Edles einfallen. Versteh mich nicht falsch. Die Menschheit braucht noch sehr lange solche Organisationen. Ich rufe Merian an. Wir müssen etwas über dieses Konto erfahren und dann besuche ich unsere mysteriöse Tänzerin noch einmal.«
    »Und ich gehe zu Bruder Klaus.«
    »In einer Stunde treffen wir uns im Steinbock.«
    Nino Zoppa salutierte und machte sich auf die Socken.
    »Was wissen Sie von Jeremias Matthäus Simmer?«, fragte Nore Brand eine Stunde später. Sie saß in der Suite der Ballerina.
    Als die Tänzerin antwortete, ging ihr Blick zur