Matti & Dornröschen 03 - Ein Mörder kehrt heim
das erstarb, als sie ihn sah. »Ich glaube, wir kennen uns nicht«, sagte sie.
»Entschuldige die Störung«, sagte er und stieg die Treppe hinunter.
Im zweiten Stock fiel ihm ein, dass es noch eine Dachwohnung gab. Er überlegte eine Weile, dann stieg er die Treppe ganz nach oben. Dort erwartete ihn ein Jungdynamiker, der grinsend erklärte: »Wenn du sie findest, die würde ich auch ganz gern kennenlernen.«
Matti hätte ihm am liebsten eine gescheuert, riss sich aber zusammen und ging hinunter. Er schaute sich die Briefkästen noch einmal genau an, aber es gab wirklich keine Anja und keine Barth. Er stand noch eine Weile vor dem Haus und grübelte. Auch wenn er nicht alle Bewohner angetroffen hatte, war er sicher, dass sie nicht in diesem Haus wohnte. Sie hatte ihm die falsche Adresse gegeben. Als ihm so etwas das letzte Mal passiert war, fand er den Grund nicht heraus. Lara war tot, bevor er sie fragen konnte. Aber er vermutete, dass sie sich schützen wollte. Vielleicht hatte sie mal den falschen Typen kennengelernt. So eine Erfahrung kann einen prägen.
Aber Anja? Sie hatte keinen Grund abzutauchen. Es gab keine Misshelligkeit, nichts. Ihre Stimmung hatte sich schlagartig verändert, als Schmelzer den Vaterschaftstest erwähnte. Oder war das ein zufälliges Zusammentreffen? Oder lag der Stimmungsumschwung daran, dass die Bullen Georg nun doch für tot hielten.
Er setzte sich auf sein Fahrrad und radelte zurück auf die Gneisenaustraße, dann in die Zossener. Am Taxistand winkte er einem Kollegen zu, mit dem er zwei- oder dreimal gequatscht hatte, während sie auf Fahrgäste warteten. Er fuhr zur Bergmannstraße und setzte sich vors Felix Austria , gegenüber der Marheinekehalle. Dort bestellte er ein opulentes Frühstück und grübelte weiter.
Er versuchte, seine Fragen zu ordnen.
Erstens: Hatte sie ihn benutzt?
Eins A: Wofür?
Eins B: Was hätte sie ohne ihn nicht geschafft?
Antwort: die Gespräche mit Robert und den anderen. Die kannte sie nicht. Aber bei den Gesprächen war nichts herausgekommen.
Zweitens: Sie hatte ihn nicht benutzt. Sie flieht vor dem Vaterschaftstest. Warum?
Zwei A: Wenn Georg ihr Vater ist, heißt das erst mal gar nichts.
Zwei B: Wenn er es nicht ist, heißt das auch nichts. Dann hat Georg gelogen oder sich was eingebildet.
Zwei C: Sie ist gar nicht wegen des Vaterschaftstests abgehauen, sondern weil sie die Nase voll hatte von Matti.
Zwei D: Sie ist abgehauen, weil sie mit einem anderen zusammen war und bleiben wollte. Affäre vorbei.
Drittens: Warum ist Georg aufgetaucht?
Drei A: Er wollte sich stellen.
Drei B: Er plante einen Banküberfall, weil er kein Geld mehr hatte.
Drei C: Er hat den Nostalgischen gekriegt, wollte die Tochter sehen.
Die Kellnerin kam mit dem Frühstück. Er nahm es kaum wahr. Als sie Tasse und Teller abgestellt hatte, ließ er beides unberührt, um nicht aus dem Denktakt zu geraten.
Viertens: Warum wurde Georg ermordet?
Vier A: Er wollte auspacken, aber es gab jemanden, der es verhinderte.
Vier B: Er wollte eine Bank überfallen, hatte einen Plan, den ihm aber Komplizen geklaut haben.
Matti zögerte, das schien ihm zu verwickelt. Vier B könnte auch sein: Georg hat sich mit Kumpanen zerstritten.
Vier C: Georg wurde versehentlich ermordet. Matti strich diesen Gedanken gleich wieder. Denn wenn es so gewesen sein sollte, wäre der Täter völlig durchgeknallt, sein Opfer auch noch im Park vorzuzeigen und es dann verschwinden zu lassen.
Er biss ins Brötchen und trank einen Schluck vom kleinen Braunen.
Fünftens: Warum wurde die Leiche vorgeführt?
Fünf A: Um irgendjemandem zu beweisen, dass Georg tot war.
Fünf B: … Matti stockte. Da fiel ihm nichts ein. Doch: Anja hatte die Leiche gefunden, bevor der Mörder sie beseitigen konnte. Und der hat dann die Lage genutzt, um sie doch noch verschwinden zu lassen.
Wieder ein Bissen und ein Schluck.
Sechstens: Warum hat der Mörder … war es der Mörder? … Alles andere war Quatsch … vielleicht war es ein Komplize des Mörders … aber das war jetzt egal. Also: Warum hat der Mörder die Leiche verschwinden lassen?
Sechs A: Um Spuren zu verwischen. Spuren, die ihn als Mörder enttarnt hätten.
Matti bedachte das und war überzeugt, dass es keinen anderen Grund geben konnte. Solange man Perversion und ähnlichen Quatsch ausschloss.
Durch die Scheiben der Halle konnte er den Trubel beobachten. Vor der Glaswand waren Tische und Stühle aufgebaut. Überall standen Fahrräder, auch
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