Matti & Dornröschen 03 - Ein Mörder kehrt heim
Motorräder und Roller. Der Radweg bestand aus zwei Fahrbahnen. Ein langer Typ auf einem Rennrad raste wie ein Hirnloser bis zur Ampel. Ein kleiner Peugeot-Lieferwagen rangierte in einen engen Parkplatz. Irgendwoher tönten Musik, Gitarre und Akkordeon.
Matti mühte sich, alles in Erinnerung zu rufen, nichts zu vergessen. Als sie anrief, als er sie zum ersten Mal sah, als sie mit der Geschichte herausrückte, dass Georg ihr Vater sei.
Sein Handy klingelte, Dornröschen stand auf der Anzeige. »Es ging flott mit dem DNS -Test. Georg ist Anjas Vater, zu neunundneunzigkommairgendwas Prozent.«
»Dann hat sie da immerhin nicht gelogen.«
»Wo bist du?«
» Felix Austria .«
»Bleib da, wir kommen vorbei.« Sie trennte das Gespräch.
Er marterte sein Hirn weiter. Aber er fand keinen Sinn in Anjas Verhalten. Jetzt noch weniger. Sie war Georgs Tochter. Matti glaubte, dass sie es auch sein wollte, warum auch immer. Aber sie tauchte ab vor dem Vaterschaftstest, obwohl der bewies, was sie behauptet hatte. Wie soll man so was verstehen?
Er trank einen zweiten Kaffee, als Dornröschen angeradelt kam. Sie hatte ein Heidentempo drauf, die roten Haare wehten im Fahrtwind. Sie bremste knapp vor Mattis Stuhl, klappte den Fahrradständer aus und schloss das Rad ab. Sie setzte sich neben Matti und schnaufte ein Weilchen. Als sie einen Kaffee und ein Glas Leitungswasser bestellt hatte, drehte sie sich zu ihm.
»Fällt dir was dazu ein?«, fragte sie. »Ich hatte gedacht, sie linkt uns. Hat sie aber nicht.«
»Was ich nicht kapiere: Was wollte sie von mir, von uns?«
»Keine Ahnung. Ich kapier genauso wenig, was das mit der Leichenverschwinderei soll.«
»Da wüsste ich einen Grund: Anja hat den Mörder gestört, und als sie weg war, hat er getan, woran sie ihn gehindert hatte.«
Dornröschen nickte und bestellte einen Tee. »Das kann heißen, dass Anja was passiert ist. Entführung …«
»Oder noch ein Mord. Wer einmal mordet …«
Dornröschen wählte eine Nummer auf ihrem Handy. »Tag, Herr Schmelzer … ja, ich schon wieder … wir fürchten, dass unserer Freundin Anja Barth was Schlimmes passiert ist. Sie ist ja Zeugin eines Mordes, und der Mörder … ja, mein Genosse ist genauso gefährdet … vielleicht … für Polizeischutz reicht es nicht … den wollen wir auch nicht, diese Art von Schutz haben wir zu oft genossen.« Sie legte das Handy auf den Tisch und sagte: »Schmelzer kapiert es nicht.«
»Auch nichts Neues.«
»In einem Punkt hat er aber recht. Wenn Anja in Gefahr ist, bist du es auch.«
Matti schüttelte den Kopf. »Ich bin erst später gekommen. Glaub nicht, dass der Mörder weiß, wer ich bin …«
»Wenn er Anja entführt hat, weiß er es, jede Wette.«
Matti schloss die Augen. Nein, diesen Gedanken wollte er nicht an sich herankommen lassen. Und die Angst schon gar nicht.
»Wenn sie aber … umgebracht wurde, kennt er dich vielleicht nicht.«
Dornröschen kann eiskalt sein, dachte Matti. Logik, kein Gefühl. Aber sie hatte recht. Daran mussten sie denken. Dass der Mörder sie gezwungen hatte, den Abschiedsbrief zu schreiben. Dass Anja tot war. Genauso wie ihr Vater. »Wir müssen sie suchen«, sagte er.
»Ich weiß«, erwiderte Dornröschen. »Wenn wir es nicht machen, ziehst du allein los.« Sie guckte zur Halle hinüber. Kindergeschrei. »Vielleicht ist sie auch nur abgetaucht. Dafür spricht, dass sie dir die falsche Anschrift genannt hat.«
Matti schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. »Sie wurde in der Mittenwalder Straße überfallen, auf dem Nachhauseweg. Die wohnt in der Straße …«
»Aber in einer anderen Hausnummer«, ergänzte Dornröschen versonnen.
»Aber selbst wenn nicht, es kann verschiedene Gründe geben, eine falsche Adresse zu nennen. Mag doch sein, sie hätte mir ihre richtige genannt, wenn sie keine Angst gehabt hätte. Wir klappern einfach die Straße ab …«
»Pfff«, sagte Dornröschen. »Nachher heißt sie Schmidt und nicht Barth.«
»Und stattdessen?«
»Fragen wir den Pseudo-Papa.«
Twiggy kam an. Er war außer Puste. Nachdem er das Rad abgestellt hatte, versank er schwer atmend und schwitzend im Stuhl gegenüber von Matti.
Dornröschen erklärte ihm kurz, was sie mit Matti besprochen hatte.
»Klar«, sagte Twiggy. »Kennen wir den Pseudo-Papa?«
»Im Prinzip ja, der war mit Ingeborg Barth zusammen, bis sie gemeinsam mit Georg in den Kampf gezogen ist«, sagte Dornröschen. »Matti, du musst den kennen.«
Matti überlegte. Verdammt, es war ewig
Weitere Kostenlose Bücher