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Matto regiert

Matto regiert

Titel: Matto regiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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Gestalt ging vorsichtig in der Richtung nach der Ecke, in der das K ans R stieß.
    Wie hatte Dr. Laduner gesagt? Der Umgang mit Geisteskranken wirke ansteckend?…
    Es sickerte keine Handharpfenmusik mehr durch die Decke. Wo mochte Pieterlen sein? Eigentlich hätte man sich schon lange den Estrich ansehen müssen, mit dem Fenster, aus dem nach Schüls Behauptung Mattos Kopf vorschoß und zurück, vor und zurück… Vielleicht hatte Schül wirklich etwas beobachtet, vielleicht hatte Schül seine Beobachtung nur in ein Bild gekleidet… Der kantonale Polizeidirektor, dem man angeläutet hatte, gleich nach dem Gespräch mit Frau Laduner, hatte nämlich mitgeteilt, daß man Pieterlens Spur noch nicht gefunden habe…
    Studer schlich über den stillen Hof, trat ins Sous-sol vom R. Die Tür der Heizung war geöffnet, das Licht brannte.
    Am Fuß der Treppe, an der gleichen Stelle, an welcher der Wachtmeister den Direktor gefunden hatte, lag Dr. Laduner, und die Tür des Feuerloches stand weit offen.
    Dr. Laduner war nicht tot. Nur betäubt. Studer ließ ihn vorläufig liegen. Mit seiner Taschenlampe leuchtete er in das Ofenloch. Eine lederne Aktenmappe… Daneben halb verkohlte Papiere. Vorsichtig zog Studer sie heraus.
    Auf den unverbrannten Blattresten konnte er Worte entziffern: »Pfleger Knuchel gibt an, er habe von Pfleger Blaser erfahren, daß Gilgen ein Paar Unterhosen im Schaft…«
    Der Rest fehlte.
    Auf einem andern Blatt stand:
»Schäfer Arnold † 25. VIII: Embolie. U 1.
Vuillemin Maurice † 26. VIII. Typhus exanthematosus. U 1.
Mosimann Fritz † 26. VIII. Allgemeiner Schwächezustand, Herzkollaps. U 1.«
    Die Liste der Toten, die sich der Direktor angelegt hatte. Aber da war ein Blatt, fast unverkohlt…
»Sehr geehrter Herr Oberst,
    In Beantwortung Ihres Schreibens vom 26.VIII. a. ct. teile ich Ihnen mit, daß ich die von Ihnen gewünschte Untersuchung vorgenommen habe. Ihr Sohn hat in letzter Zeit wieder dem Alkoholgenuß gefrönt, und gelang es mir persönlich, ihn zweimal in einer Wirtschaft in halbbetrunkenem Zustande zu betreffen. Es scheint mir, daß die von Dr. Laduner eingeleitete Kur wirkungslos bleibt, und erlaube ich mir, Sie zu bitten, die nötigen Schritte zu unternehmen, um besagte Kur zu unterbrechen…«
    »Danke«, sagte eine Stimme neben Studer. Der Wachtmeister wandte sich um. Dr. Laduner stand lächelnd neben ihm, nahm ihm die Blätter aus der Hand, steckte sie in den Ofen zurück, entzündete ein Streichholz. Dann flackerten die Papiere auf. Dr. Laduner holte Holz, eine Wädele, legte zuerst dünnes Holz auf das brennende Papier, dann dickeres, schließlich die Ledermappe zuoberst… »Wir wollen die Vergangenheit verbrennen«, sagte Dr. Laduner.
    Einen Augenblick glaubte Studer, er träume noch immer. Aber dann sah er, wie eine fleckige Blässe Dr. Laduners sonst braunes Gesicht überzog, wie der Arzt wankte. Studer stützte ihn. Der Mann war schwer…
    »Wer hat euch niedergeschlagen, Herr Doktor?«
    Laduner schloß die Augen, er wollte nicht antworten.
    »Und«, fuhr Studer fort, »das war nicht recht, mir ein Schlafmittel in den Schnaps zu schütten… Warum habt ihr das getan? Ich bin doch da, um euch zu schützen… Und das kann ich doch nicht, wenn ihr mich einschläfert…«
    Laduner öffnete die Augen.
    »Sie werden später schon noch alles verstehen… Vielleicht hätte ich mehr Vertrauen zu Ihnen haben sollen… Aber es ging nicht…«
    Dr. Laduner hatte eine Beule am Hinterkopf, sie war sichtbar unter der Haarsträhne, die wie der Kopfputz eines Reihers abstand, und Blut sickerte darunter hervor…
    »Ich will ein wenig abhocken«, sagte Dr. Laduner mit müder Stimme. »Ein wenig Wasser, wenn dr weit so gut sy…« Er parodierte lächelnd den Oberpfleger Weyrauch…
    Studer trat aus der Heizung und ging bis zum B, denn es war die einzige Abteilung, die er kannte. Dort brach er in die Küche im Parterre ein, fand einen Milchhafen, der zwei Liter faßte, füllte ihn mit Wasser und machte sich auf den Rückweg. Unterwegs, im Sous-sol, traf er einen Mann, der in der Dunkelheit herumschlich. Studer sah ihn erst, als er das Licht anknipste. Da blieb der Mann stehen, er war untersetzt, muskulös… Vielleicht ein Pfleger, der von einem kleinen Liebesausflug zurückkam…
    Der gedrungene Mann fragte, was denn los sei.
    – Das gehe ihn nichts an, antwortete Studer mürrisch. – Ob dem Dr. Laduner etwas passiert sei? – Nein, er sei ein wenig sturm, sonst nichts.
    Der Mann atmete

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