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Matzbachs Nabel

Matzbachs Nabel

Titel: Matzbachs Nabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Lachen endete, als Matzbach sichtbar wurde; die dunklen Augen verschleierten sich kurz, dann nickte Elvira ihm zu.
    »Hallo, Baltasar.«
    »Selber hallo, allerseits nebenbei und außerdem.«
    Dittmer wandte sich um, musterte ihn von Kopf bis Fuß und preßte einen Moment die Lippen zusammen.
    »Bruder Flavio, wie gehen die Staatsgeschäfte?«
    Dittmer hob die Brauen. »Wie sollen sie schon gehen? Demnächst besser, hoffe ich, wenn Sie … eh, du aufhörst, darin rumzupfuschen.«
    »Pfuscht er wieder?« Elvira langte nach einem Queue und legte es wie eine Lanze auf Matzbach an. »Macht er doch immer. Hat das was zu bedeuten?«
    »Jesses, ihr scheint euch ja richtig zu mögen.«
    »Ja, warum auch nicht? Ein aufgeblasener arroganter Fettwanst, der meine älteste Freundin mit Beschlag belegt und mir einreden will, daß Psychologie Blödsinn ist – wie sollte ich ihn denn nicht lieben?«
    Matzbach lächelte, mildherzig. »Nicht Blödsinn, Elvira: Nonsens, mit besinnungslosen Fremdwörtern, etwa so kreativ wie Fantasy und so wissenschaftlich wie Kartenlegen. Außerdem ging es bei unserer angeregten Unterhaltungnicht um Psychologie, sondern um die Psychoanalyse genannte Form von Wahrsagerei. Aber laßt euch nicht stören, zitiert ruhig weiter falsch.«
    Er ging in die Arbeits- und Schlummerkammer des weiland Poeten. Genenger lag auf dem Bett, die Hände unterm Kopf gefaltet, und studierte die Zimmerdecke. Neben ihm, auf der Bettkante, hockte im Schneidersitz eine junge schlanke Frau mit aschblonder Löwenmähne, hellen Shorts und grünem Polohemd samt Krokodil. Jorinde stand vor einem der Regale, ein Buch in der Hand und einen beinahe traumverlorenen Ausdruck in den Augen. Der alte Pauly saß hinter Osiris’ Sekretär; er blinzelte Matzbach an und spielte mit einem antiken Gänsekiel. Daniela Dingeldein machte gerade die Runde mit einer leeren und einer halbvollen Weinflasche. Im Lehnstuhl jenseits des breiten Betts saß ein schwarzhaariger, stämmiger Mann in Cordhose, Cordhemd und Cordlatschen. Yü lehnte an einer Fensterbank und starrte in das Weinglas, das er in der Hand hielt.
    »Alle da? Niemand angesengt?« sagte Matzbach. »Fürwahr, es erleichtert mich.«
    Pauly gluckste; Yü neigte gemessen den Kopf.
    »Durch des Himmels Fügung seid Ihr wohlbehalten heimgekehrt zu den schäbigen Kleinen, die zagend und zitternd dieser glückverheißenden Wiederkehr geharrt haben«, sagte er.
    Die Löwenmähnige begann zu lachen; der Mann im Lehnstuhl grinste breit.
    Genenger entschränkte die Hände, hob den rechten Arm und deutete, während er Namen eher knurrte als nannte.
    »Eugenie Meyer. Baltasar Matzbach. Oswald Bergner. Setz dich irgendwo hin. Durst, Getüm?«
    Matzbach nickte und ließ sich auf einem Stuhl nieder; das Bastgeflecht des Sitzes knisterte. Daniela brachte ihm ein Glas und goß Rotwein ein. Dann hockte sie sich neben Yü auf die Fensterbank.
    »Also, was ist passiert?«
    »Hast du’s schon gesehen?« Jorinde legte das Buch weg, nahm ihr Glas vom Regalbrett und kam langsam näher. Sie brachte das Kunststück fertig, mit Gangart, Körperhaltung und Gesicht eine Art hoheitsvolles Schmollen auszudrücken, beugte sich zu Matzbach und bot ihm bittend und gebietend die Lippen zum Kuß. Dabei schüttelte sie mit einem Ruck ihr langes Mahagonihaar nach vorn, so daß die an der Aktion beteiligten Gesichter für die anderen hinter einem Vorhang verschwanden. Matzbach hintertrieb die Diskretion, indem er laut schmatzte.
    »Ah; danke, Liebste, nun fühl ich mich wahrlich heimgekehrt. – Ja, ich hab’s gesehn. Was ist denn da passiert?«
    »Weiß keiner.« Pauly blickte die anderen an. »Los doch.«
    Genenger stützte sich auf die Ellenbogen. »Redselig wie immer, was? Angeblich ne Motorradgang; Skins, wie’s heißt. Sind durchs Dorf gebrettert, haben ein bißchen Randale in ein oder zwei Kneipen gemacht, dann durchs Tal rauf zum Friedhof. Und offenbar haben sie ein paar Molotowcocktails auf unser Wohl getrunken.«
    »Halt, hierbleiben.« Matzbach streckte die Hand aus und zog Jorinde, die zu einem freien Stuhl wollte, auf seinen rechten Oberschenkel. Sie trug ultrakurze Jeans und eine ärmellose weiße Bluse. Als Matzbach sie durch den Stoff zwischen den Schulterblättern kraulte, schnurrte sie und legte ein langes bloßes Bein über seinen linken Oberschenkel.
    »Wann hat sich das zugetragen? Und seit wann ist das Haus hier wieder zugänglich?«
    Genenger übernahm die Berichterstattung. Matzbach war am Samstag

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