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Matzbachs Nabel

Matzbachs Nabel

Titel: Matzbachs Nabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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ist ein bißchen viel.«
    Matzbach grunzte. »Paßt aber zu … gewissen anderen Dingen, über die wir in, ah, kleinerem Kreis reden sollten.« Mit dem Hinterkopf machte er eine Bewegung zum Billardraum. »Was die Ergebnisse meiner Forschungsreise angeht, mein ich. Und vergeßt nicht: Fürst Kappes – das ist Kohl, genauer Weißkohl, für Ossis und andere Ausländer … Na ja, nicht allein, aber er hat doch diesen Quatsch von wegen ›das Boot ist voll‹ vollmundig in Umlauf gebracht. Was, bitte schön erwartet ihr von den Organen eines Staats, dessen höchsteVertreter Feuer schüren, statt zu löschen? Wenn jemand ein Asylantenheim ansteckt, ist das kein grober Unfug, sondern versuchter Mord; und dann reden die über ein Asylantenproblem; tatsächlich haben wir aber ein Brandstifterproblem, und die eigentlichen Brandstifter sind die, die dann ›das Boot ist voll‹ sagen statt ›hört auf mit dem kriminellen Scheiß‹.«
    »Worauf soll das hinauslaufen, Dicker?«
    »Die Jungs, die Steine und Cocktails schmeißen, sind doch durch dieses Kappesgesabber erst ermuntert worden, richtig loszulegen. Stellt sich die Frage, ob da jemand wirklich so gnadenlos dumm ist, oder ob jemand ein kleines Feuerchen schürt und Kastanien drin versteckt, die andere rausholen sollen, damit man ein paar Takte lang die anderen ungelösten Feuer vergißt. Das Gekungel, die zur siebten Impotenz erhobene Aussitzerei, die Probleme und Lügen im Zusammenhang mit Neubundland, die Wirtschaft und den ganzen Kram. Und bitte schön, warum dann nicht die einmal mobilisierten Skins auch für andere Dinge einsetzen. – Ah bah, auf nüchternen Magen ist mir das alles viel zu unerfreulich. Ich hab Hunger.«
    »Sollen wir ins Dorf gehen?« sagte Daniela; sie klang, als wäre sie froh über den Themenwechsel.
    Eine Viertelstunde später brachen sie auf, zu Fuß, in mehreren Grüppchen. Dittmer nahm sein Fahrrad, schob es ein paar Meter, blieb stehen und wechselte leise Worte mit Elvira; sie deutete auf das Wohnmobil, und Dittmer stellte sein Rad wieder an die Veranda.
    Es war inzwischen fast dunkel, aber immer noch zu warm; durch die Dunstglocke linsten hier und da ein paar Sterne, und der Mond war bestenfalls zu ahnen. Irgendwo schrie ein Käuzchen mit Stimmbruch. Fledermäuse trödelten von Baumzu Baum; die Luft schmeckte wie schale Füße und muffige Geldscheine.
    Baltasar und Jorinde gingen langsam, als letzte, den Weg talab zur Bundesstraße und zur Ahr. Nach ein paar Schritten legte sie den Arm um seine Hüfte, unter das Hemd, und bohrte einen Nagel in seine Haut.
    »Wart Ihr mir auch treu auf Euren Reisen, Herr?«
    Baltasar kicherte. »Oft, Madame, oft.« Er tätschelte ihr Gesäß, dann kroch seine Hand langsam den Rücken hinauf, bis sie nach mehreren Etappen auf Jorindes rechter Schulter ankerte. Ein paar Augenblicke dauerte es, bis sie Schritt und Schrittlänge abgestimmt hatten; dann wanderten sie vergnüglich Becken an Becken.
    »Ich habe uns das orientalische Zimmer reserviert«, sagte Jorinde.
    »Ah, gut; ich glaube, das Bett strahlt eine gewisse Wollust aus. Hast du diese Nacht schon was vor?«
    »Und ob. Ich hoffe, deine Reise hat dich nicht erschöpft. Ist das da eine Pistole, oder freust du dich bloß, mich zu sehen?«
    »Beides, Liebste, beides. Eigentlich kann die Waffe ja wieder ins Auto, aber ich hab eben nicht dran gedacht. Warte mal.« Er ließ sie los, zog die Pistole, die er in der rechten Hosentasche verstaut hatte, und schob sie in die linke. »So, das macht’s etwas eindeutiger.«
    »Wo bist du überall gewesen?«
    »Münster, Düsseldorf, Bonn, Koblenz, Wiesbaden, Mainz, Stuttgart, München, Zürich und wieder zurück. Erzähl ich alles später, wenn die Verschwörer wieder unter sich sind.«
    »Verschwörer?«
    »Na, wir. Wenn Dittmer und Elvira sich zur Begattung ins Wohnmobil verzogen haben und Henri seine Griffel ein paar Takte aus der Mähne von Missis Meyer zieht.«
    »Aua.«
    Weit voraus, wo der Weg in die Uferstraße mündete und der Neubau stand, tauchten starke Lichter auf. Sie umrissen für einen Moment die Gestalten, die vor Jorinde und Matzbach gingen: Pauly und Daniela, die beide ihre Räder schoben; unmittelbar hinter ihnen, Arm in Arm, Dittmer und Frau Dr. Knutsen; dann, mit größerem Abstand, Yü und Bergner, die hektisch in der Nachtluft herumfuchtelten und sich offenbar angeregt über Nahkampfausbildung oder Kung-fu austauschten; wieder etliche Schritte dahinter Heinrich und Eugenie.
    »Wie war das

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