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Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Titel: Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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ein neues Kommando auf einem neuen Schiff mit sich brachte, bedrückte ihn sicher auch die Sorge um Zenoria. Suchte sie Keen im Schlaf ebenso heim wie das Catherine tat, wenn Bolitho zu lange auf See gewesen war?
    »Leutnant Tyacke ist ein bemerkenswerter Mann«, sagte er.
    »Wenn man ihn erst besser kennt, empfindet man statt Mitleid große Bewunderung.«
    Sie gingen zusammen nach oben zu ihrem Morgenspaziergang auf dem Achterdeck. Die Achterdeckswache wich ihnen respektvoll aus und bewegte sich auch sonst mit größter Vorsicht, um sie ja nicht zu behindern.
    Der Himmel war tiefgrau, Masten und Segel standen dunkel davor. Unter Mars- und Großsegel laufend, lag die
Black Prince
nur wenig nach Lee über.
    »An Deck!« Nach der
Truculent
klang der Ruf von oben, als sei der Ausguck Meilen entfernt. »Es ist eine Fregatte, Sir!«
    Keen schlug den Mantelkragen gegen den beißenden Wind hoch.
    »Also kein Franzose, denn der würde mit Vollzeug davonsegeln!« Bolitho hielt sich gerade noch davor zurück, sein verletztes Auge zu reiben. Man beobachtete jede seiner Bewegungen, und viele sahen ihn jetzt zum ersten Mal. Ein neues Schiff, ein bekannter Flaggoffizier – nur zu leicht konnte er das Vertrauen der Männer verspielen.
    Ein großer, dunkelhaariger Midshipman, dessen Stimme alles übertönte, befahl: »Nach oben mit Ihnen, Mr. Gough! Und nehmen Sie ein Fernglas mit!« Ein kleiner Kadett kletterte eilends die Webleinen empor und war im Gewirr des Riggs schnell verschwunden. Bolitho lächelte innerlich. Der große Midshipman hieß Bosanquet und gehörte zur Gang des Stückmeisters. Er sollte bald seine Leutnantsprüfung ablegen.
    »An Deck!« Einige Matrosen grinsten, als sie die piepsige Stimme des Jungen von oben hörten. »Sie setzt das Erkennungssignal!«
    Cazalet, der Erste Offizier, hob das Sprachrohr; seine dunklen Augenbrauen zitterten. »Wir sind alle schon sehr gespannt, Mr. Gough.«
    Wieder piepste der Midshipman aus luftiger Höhe: »Die Zahlen lauten fünf, vier, sechs, Sir!«
    Bosanquet hatte schon das Signalbuch aufgeschlagen. »Die
Zest.
    Vierundvierzig Kanonen, Kommandant Kapitän Varian.«
    Jenour trat neben ihn und schaute zu Bolitho hinüber.
    »Korrigieren Sie bitte das Buch. Varian ist nicht mehr ihr Kommandant.«
    Keen befahl: »Bitte antworten Sie der
Zest

    Bolitho trat an die Querreling. Einige sahen in ihm sicherlich Varians Henker. Unten auf dem Hauptdeck riggten der Bootsmann Ben Gilpin und seine Gehilfen in Lee eine Gräting auf. Sie bereiteten die Auspeitschung vor. Für alle, die frisch an Bord gekommen waren, mußte dieser Strafvollzug ein furchtbarer Anblick sein. Und die anderen würde er noch brutaler werden lassen.
    Bolitho straffte sich, als er Felicitys Sohn ganz in der Nähe stehen sah. In seinem Blick lag zuviel grausame Vorfreude.
    »Fallen Sie zwei Strich ab, Mr. Cazalet. Wir wollen auf die
Zest
warten«, befahl Keen.
    Jenour hatte gesehen, wie Bolitho sich über das linke Auge strich. In seiner Familie gab es einige Ärzte, und einem davon, seinem Onkel, hatte er den fremd klingenden Namen des Arztes genannt, der Bolitho behandelt hatte: Rudolf Braks. Sein Onkel kannte den Namen gut. »Der hat Lord Nelson behandelt«, sagte er, »und er behandelt auch den König, dessen Augenlicht immer schlechter wird. Wenn Braks deinem Admiral nicht helfen konnte, dann kann es keiner.«
    Jetzt hörte er den Ersten Offizier melden: »Alle Mann an Deck angetreten, Sir.«
    Keen antwortete kurzangebunden: »Überwachen Sie die leidige Sache.«
    Bolitho hörte die Bitterkeit in Keens Ton. Er erinnerte sich wahrscheinlich an den Sträflingstransport. Damals hatte er Zenoria vor der Peitsche gerettet und später ihre Unschuld nachgewiesen. Aber ein Hieb hatte sie noch getroffen und ihre Haut von der Schulter bis zur Hüfte aufgerissen. Die Narbe würde sie nie mehr verlieren.
    Bolitho ging nach unten in seine Tageskajüte und setzte sich auf die Bank unter den Fenstern. Er ballte die Faust, als er, gedämpft durch die Decks, die Trommeln wirbeln hörte. Das ferne Knallen der Peitsche traf ihn fast ebenso wie den Delinquenten. Er versuchte an Herrick zu denken und an das Geschwader, das er von ihm übernehmen würde. Fünf Linienschiffe, doch nur zwei Fregatten. Diese Aufklärer fehlten eben überall.
    Allday trat ein und ging quer durch die Kajüte. »Die Bestrafung ist vorüber, Sir Richard.«
    Bolitho hörte ihn kaum, er dachte an Vincent. Und an die abweisende Art, wie seine Mutter

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