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Maulende Rebellen, beleidigte Zicken

Titel: Maulende Rebellen, beleidigte Zicken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegret Noble-Fischer
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unangenehmen Gefühlen verbunden. Die Gefühle, die man nach einem Verlust durchläuft, scheinen sich an eine bestimmte Ordnung zu halten. Die erste Reaktion auf Verlust ist oft der Versuch, die Realität zu leugnen. Man kann und will nicht glauben, dass das Geschehene wirklich passiert ist.Typische Gedanken sind: »Das ist alles nur ein Traum«, »Morgen ist alles wieder in Ordnung«, »Das kann einfach nicht wahr sein« oder: »Ist das wirklich passiert?«
    Die Phase des Verleugnens kann von ein paar Minuten bis hin zu einigen Wochen dauern, je nach der Bedeutung des Verlusts. Danach folgt normalerweise eine Zeit des Verhandelns. Man versucht mit Gott, der Welt, dem Universum, sich selbst oder anderen Menschen zu verhandeln, um das Geschehene ungeschehen zu machen. Typische Gedanken sind: »Wenn ich nur hart genug arbeite, wird keiner merken, was wirklich passiert ist«, »Wenn ich von jetzt an alles richtig mache, dann wird er wieder zurückkommen«, »Ich muss nur wirklich danach suchen, dann werde ich es schon finden« oder: »Es wird schon besser werden, wenn ich nur …« Für Erwachsene und Jugendliche, die in der Regel einen recht guten Realitätssinn haben, dauert die Zeit des Verhandelns normalerweise nicht besonders lange. Sie merken schnell, dass man noch so viel versprechen kann, den Verlust aber letztendlich nicht ungeschehen machen kann. Jüngere Kinder, die noch eine rege Fantasiewelt haben, brauchen oft etwas länger, um den Verlust als Tatsache anzuerkennen.
    Nach dem Verhandeln kämpfen wir mit Wut und Trauer. Diese beiden Gefühle wechseln sich oft ab. Vielen Menschen fällt es leichter, wütend zu sein als traurig. Wut gibt Energie und beschützt. Wenn man wütend ist, kann man wenigstens morgens aufstehen und zur Arbeit gehen. Man kann sich gegen die unbedachten Worte der Menschen wehren, die den Verlust nicht verstehen. Trauer dagegen nimmt Energie. Man kann sich kaum bewegen und es ist schwer, die einfachen Aufgaben des täglichen Lebens zu erfüllen. Manchmal führt Trauer zu Depressionen. Depressionen machen es nicht nur schwer, sondern fast unmöglich, morgens aufzustehen, zu essen, sich anzuziehen, zur Arbeit zu gehen und im täglichen Leben zu funktionieren. Menschen, die nach einem Verlust in Depressionen verfallen, brauchen oft professionelle Hilfe, um den Weg zurückzufinden.
Die Länge dieses Prozesses hängt natürlich von der Bedeutung des Verlusts ab. Wenn ein Kind oder ein Partner unerwartet stirbt, ist es völlig normal, vier bis fünf Jahre lang zwischen Wut und Trauer hin- und herzuschwanken. Sollten die Gefühle des Trauerns dann noch immer so stark sein wie direkt nach dem Verlust, ist es wahrscheinlich eine gute Idee, um Hilfe zu bitten. Das Gefühl von Verlust und Leere wird vor allem an Verjährungsdaten wiederkommen. Aber es sollte mit der Zeit weniger akut und intensiv werden. Sowohl Trauer als auch Wut sind nötig, um den Verlust zu verarbeiten. Die Anteile der beiden Gefühle variieren von Mensch zu Mensch, aber die, die nur eines dieser Gefühle zulassen, werden es schwer finden, den Verlust wirklich zu akzeptieren.
    Nach der Zeit der Trauer und Wut folgt dann irgendwann die Akzeptanz. Man muss akzeptieren, dass das Leben nie wieder so sein wird wie zuvor. Aber im Gegensatz zur Resignation, die den Verlust zwar akzeptiert, aber zwangsläufig entscheidet, dass damit das Leben schlechter und weniger lebenswert ist, bedeutet wahre Akzeptanz, dass man von ganzem Herzen glaubt, dass das Leben zwar anders, aber trotzdem im Großen und Ganzen gut ist. Akzeptanz ist nicht nur ein Gefühl, sondern auch, und vielleicht sogar vor allem, eine Entscheidung. Es gibt Verluste im Leben, bei denen man sich eine lange Zeit jeden Tag neu entscheiden muss, sie zu akzeptieren. Erst dann folgt irgendwann das Gefühl und macht das Akzeptieren etwas leichter. Nachdem man den Verlust tatsächlich akzeptiert hat, kann man sich erneut auf das Leben einlassen. Erst jetzt kann man neue Beziehungen knüpfen und die kleinen Freuden des Lebens wieder genießen. Viele Menschen bemerken zu diesem Zeitpunkt, dass sie wieder unbedarft lachen, dass sie sich am Geruch einer Blume erfreuen, dass ihnen das Essen wieder schmeckt, dass sie wieder Lust haben, Zeit mit anderen Menschen zu verbringen. 15
    Leider erlauben sich nur wenige Menschen, dem Prozess des Trauerns seinen Lauf zu lassen. Die Generation unserer Großeltern hat noch ganz selbstverständlich am Trauerjahr festgehalten, das dazu diente, alle

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