Maulende Rebellen, beleidigte Zicken
Bei anderen sind die Bestrafungsmuster schwerer zu erkennen. Da ist die Mutter, die darin aufgeht, dass sie für andere sorgt, sich aber ständig die eigenen Bedürfnisse untersagt. Sie wird für ihre Selbstaufopferung bewundert. Da ist der harte Arbeiter, der von allen respektiert wird. Er ist morgens da, bevor die Kollegen kommen, und geht abends als letzter nach Hause. Aber eigentlich tut er das alles nur, damit er keine Zeit hat, darüber nachzudenken, was für ein schlechter Mensch er seiner Meinung nach wirklich ist. Selbstbestrafung ist sehr viel weiter verbreitet, als man oft annimmt. Manchmal können Menschen nicht annehmen, dass ihnen vergeben worden ist. Auch wenn andere keine Rachegedanken mehr hegen, können sie sich selbst ihr Verhalten nicht vergeben. In diesem Fall kann man die Vergebung eines anderen erst akzeptieren, wenn man sich selbst vergeben hat.
Wie vergibt man sich also selbst? Zunächst muss man zugeben, dass das eigene Verhalten falsch war. Dann spürt man den Schmerz, die
Trauer, die Wut und die Frustration, die das eigene Verhalten hervorgerufen hat. Danach entscheidet man sich zu vergeben. Dazu muss man die Umstände der Tat genauer betrachten und verstehen, was passierte. Was waren die Beweggründe? Worin bestanden die mildernden Umstände? Wenn man sich dann entscheidet zu vergeben, muss man gleichzeitig akzeptieren, dass einem vergeben wurde. Dazu gehört oft auch, dass man akzeptiert, dass man ein Mensch ist, der es wert ist und es verdient hat, dass ihm vergeben wird. Gibt es Menschen, denen nicht vergeben werden kann? Bedenken Sie dabei, dass Vergebung nicht wirklich demjenigen hilft, dem vergeben wird, sondern demjenigen, der vergibt. Wenn es Menschen gibt, denen nicht vergeben werden kann, gibt es Menschen, die niemals vergeben dürfen und damit keinen Ausweg aus der Misere ihrer Wut oder ihres Opferdaseins haben. Denn wenn sie nicht vergeben dürfen, dann sind sie dazu verurteilt, zu bitteren oder hilflosen Menschen zu werden - und das alles nur, weil ihnen wehgetan wurde. Falls Sie an dieser Stelle das Gefühl haben, stecken geblieben zu sein und nicht weiterzukommen, sollten Sie das Thema der Vergebung und vor allem der Selbstvergebung mithilfe eines Therapeuten oder Seelsorgers durcharbeiten.
Falls Sie entschieden haben, dass Vergebung tatsächlich die beste Lösung ist, dann sollten Sie im Fall der Selbstvergebung immer auch auf Versöhnung hinarbeiten. Sie sollten sich bei sich selbst entschuldigen und diese Entschuldigung natürlich auch annehmen. Danach können Sie sich dann mit sich selbst aussöhnen, mit sich Frieden schließen und letztendlich mit sich selbst ins Reine kommen. Fehler sind menschlich. Wenn Sie sich Ihre Fehler nicht vergeben können, dann werden Sie in Ihrem Schmerz oder Ihrer Wut stecken bleiben und Ihr Leben wird unglücklich sein. Es wird Ihnen schwerfallen, Ihrem Kind eine gute Mutter oder ein guter Vater zu sein, wenn Sie nicht vergeben können.
Die nächste Aufgabe besteht aus zwei Teilen. Es ist nicht wichtig, welchen der beiden Teile Sie zuerst erledigen. Am besten wählen Sie den Teil, der Ihnen leichter fällt.
Teil 1
Machen Sie eine Liste aller Personen, denen Sie im Laufe Ihres Lebens wehgetan haben. Schreiben Sie einfach den Namen der Person auf und dahinter beschreiben Sie in ein paar Worten, welches Unrecht Sie dieser
Person angetan haben. Fangen Sie in Ihrer Kindheit an und arbeiten Sie sich langsam bis zur Gegenwart vor. Da könnte dann zum Beispiel stehen:
* Susi von nebenan - habe sie regelmäßig wegen ihrer roten Haare gehänselt
* Mutter - habe 5 Mark aus dem Geldbeutel gestohlen
* Grundschullehrerin - habe ihr Auto mit Rasierschaum eingesprüht
* Erste Freundin - bin fremdgegangen
* Arbeitgeber - habe krankgefeiert, weil ich sauer auf ihn war
* Ehefrau - habe ihr meine Gefühle nicht wirklich anvertraut
* Sohn - bin lieber arbeiten gegangen als zu seinem Fußballspiel
* Selbst - habe mich trotz Krankheit zur Arbeit gezwungen Und so weiter …
Ihre Liste wird höchstwahrscheinlich mehrere Seiten lang werden. Einige der Vergehen werden Ihnen heute unbedeutend vorkommen, schreiben Sie sie aber trotzdem auf. Nachdem Sie Ihre Liste geschrieben haben, kennzeichnen Sie die Taten (zum Beispiel mit einem Sternchen),für die Sie schon um Vergebung gebeten haben und die Ihnen auch vergeben wurden. Kennzeichnen Sie dann die Taten (etwa mit einem zweiten Sternchen), die nicht nur vergeben wurden, sondern bei denen es außerdem
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