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Maurice, der Kater

Maurice, der Kater

Titel: Maurice, der Kater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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ein langer zerkratzter Tisch. Allerdings fehlte etwas, das man normalerweise in einer Küche erwartete: Lebensmittel.
    Das Mädchen ging zu einem Metallkasten in der Ecke und tastete nach dem Bindfaden um seinen Hals. Wie sich herausstellte, hing ein großer Schlüssel daran. »Heute kann man niemandem trauen«, sagte sie. »Und die Ratten stehlen hundertmal so viel, wie sie fressen, die kleinen Teufel.«
    »Das glaube ich nicht«, sagte der Junge. »Höchstens zehnmal so viel.« »Weißt du ganz plötzlich alles über Ratten?«, fragte das Mädchen und schloss den Kasten auf.
»Nicht ganz plötzlich. Ich hab’s gelernt, als… Au! Das hat wirklich weh getan!«
    »Tut mir Leid«, sagte Maurice. »Ich habe dich rein zufällig gekratzt.« Er versuchte, ein Gesicht zu schneiden, das so viel bedeutete wie: Sei kein Vollidiot. Als Katze fiel ihm das sehr schwer.
    Das Mädchen warf ihm einen argwöhnischen Blick zu und sah dann in den Kasten. »Hier ist Milch, die noch nicht ganz hart geworden ist, außerdem zwei Fischköpfe«, sagte sie.
    »Klingt gut«, erwiderte Maurice.
»Was ist mit deinem Menschen?«
»Mit ihm? Er isst praktisch alles.«
»Wir haben Brot und Würstchen«, sagte das Mädchen und nahm eine
    Kanne aus dem metallenen Schrank. »Wir sind alle sehr misstrauisch, was die Würstchen angeht. Außerdem liegt da noch ein Stück Käse, aber es ist ziemlich alt.«
    »Ich glaube nicht, dass wir deine Nahrungsmittel essen sollten, wenn sie so knapp sind«, sagte der Junge. »Wir haben Geld.«
»Oh, mein Vater sagt, es wirft ein schlechtes Licht auf die Stadt, wenn wir nicht gastfreundlich sind. Er ist der Bürgermeister, wisst ihr.« »Er ist die Regierung?«, fragte der Junge.
    Das Mädchen starrte ihn an. »Ich denke schon«, sagte sie. »Komisch, dass du es auf diese Weise ausdrückst. Eigentlich macht der Stadtrat die Gesetze. Mein Vater verwaltet nur alles und streitet mit jedem. Er sagt, wir sollten nicht mehr bekommen als die anderen Leute, um in diesen schwierigen Zeiten Solidarität zu zeigen. Es war schon schlimm genug, dass keine Touristen mehr kamen, um unsere heißen Bäder zu besuchen – die Ratten haben alles noch schlimmer gemacht.« Das Mädchen nahm zwei Untertassen aus der Anrichte. »Mein Vater sagt, wenn wir alle vernünftig sind, gibt es genug«, fuhr sie fort. »Das finde ich sehr lobenswert. Ich bin ganz seiner Meinung. Aber ich denke, wenn man Solidarität gezeigt hat, sollte einem ein bisschen was extra gestattet sein. Ich glaube, wir bekommen sogar noch weniger als alle anderen. Könnt ihr euch das vorstellen? Wie dem auch sei… Du bist also wirklich eine magische Katze?«, fragte das Mädchen und schüttete die Milch in eine Untertasse. Sie floss nicht, sondern quoll, aber Maurice war eine Straßenkatze und trank selbst Milch, die wegzukriechen versuchte.
    »Oh, ja, genau, magisch«, sagte er mit einem gelbweißen Ring um das Maul. Für zwei Fischköpfe war er bereit, alles für jeden zu sein.
    »Gehörtest wahrscheinlich einer Hexe, nehme ich an, mit einem Namen wie Griselda oder so«, sagte das Mädchen und legte die beiden Fischköpfe auf die andere Untertasse.
    »Ja, stimmt, Griselda, genau«, erwiderte Maurice, ohne den Kopf zu heben.
»Wohnte wahrscheinlich in einem Pfefferkuchenhaus im Wald.«
    »Ja, stimmt.« Und er wäre nicht Maurice gewesen, wenn er nicht etwas erfunden hätte: »Allerdings war es ein Knäckebrothaus, denn sie machte eine Schlankheitskur. Legte großen Wert auf Gesundheit, die alte Griselda.«
    Das Mädchen wirkte einige Sekunden verwirrt. »So sollte es nicht sein«, sagte sie.
    »Entschuldigung, habe mich geirrt, war tatsächlich ein Pfefferkuchenhaus«, fügte Maurice hastig hinzu. Wer einem zu essen gab, hatte immer Recht.
    »Und bestimmt hatte sie große Warzen.«
    »Verehrtes Fräulein…« Maurice versuchte, ganz ehrlich zu wirken. »Einige der Warzen waren mit so viel Persönlichkeit ausgestattet, dass sie eigene Freunde hatten. Äh… wie heißt du?«
    »Versprichst du mir, nicht zu lachen?«
»Versprochen.« Vielleicht gab es weitere Fischköpfe.
»Ich heiße… Malizia.«
»Oh.«
»Lachst du?«, fragte Malizia in drohendem Tonfall.
»Nein«, erwiderte Maurice verwundert. »Warum sollte ich?« »Findest du den Namen nicht komisch?«
Maurice dachte über die ihm bekannten Namen nach: Gekochter
    Schinken, Gefährliche Bohnen, Sonnenbraun, Sardinen… »Klingt nach einem ganz gewöhnlichen Namen«, sagte er.
    Malizia bedachte ihn mit einem weiteren

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