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Maximum Trouble

Maximum Trouble

Titel: Maximum Trouble Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hen Hermanns
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zu dümpeln? Die Pancakes schmeckten hervorragend, und als ich nach einer Weile doch noch wissen wollte, was aus dem Rest des Kartoffelsalats geworden war, war der Nebentisch leer.
    Draußen war es immer noch neblig, und es regnete jetzt auch. Die Pelikane waren verschwunden. Was da draußen herumschwamm, schien ein paar Nummern zu groß für sie zu sein. Ich sah Wasserfontänen spritzen und dunkle, unheimliche Buckel auftauchen und wieder verschwinden. Und dann sah ich zwei der unverwechselbaren Schwanzflossen.
    »Die Grauwale«, sagte die dicke mütterliche Kellnerin und goß mir Kaffee nach. »Sind spät dran dieses Jahr. Kann ich Ihnen noch was bringen?«
    Ich schluckte den letzten Bissen des zweiten Blue-berry-Muffms herunter und schüttelte den Kopf.
    »Ich muß ja nicht so aussehen wie die Typen da draußen«, sagte ich.
    »Ach, Sie sind doch so schlank. Sie sollten unseren Käsekuchen probieren. Er ist letztes Jahr von der Redaktion des >Monterey County Herald< zum besten Käsekuchen des Jahres gewählt worden.«

    Als ich endlich losfuhr, hatte ich den ersten Stein meines Lebens im Magen, der von einer Zeitung ausgezeichnet worden war. Wachsmuths Lodge lag ungefähr zehn Meilen nördlich des Ortes Big Sur in den Redwoods. Der Highway driftete plötzlich in den Wald ab, und vom Meer war nichts mehr zu sehen. Ich bog in einen Weg ein, den der Mexikaner mir beschrieben hatte, fuhr noch eine Meile und zwängte dann den Wagen seitlich ins Unterholz, so daß er nicht gleich zu sehen war. Den Rest legte ich zu Fuß zurück.
    Wachsmuth hatte sich eine schöne Lodge ausgesucht. Sie stand in einer Waldlichtung und schien ziemlich komfortabel ausgestattet zu sein. Sie hatte eine große Veranda und war aus breiten, massiven Redwoodbrettern gezimmert. Die Frontseite hatte ein riesiges Fenster und eine große Glastür, die auf die Veranda führte. Über dem in einer leichten Schräge abfallenden Dach erhob sich ein kleiner Aufbau mit einer breiten Fensterfront. Wachsmuth hatte von hier aus alles unter Kontrolle. Jedenfalls dann, wenn er im Haus war. Aber das schien nicht der Fall zu sein. Es stand kein Wagen vor der Tür, und im Haus rührte sich nichts. Ich lag im Unterholz und glotzte durch mein kleines Fernglas. Kein Lebenszeichen. Und auch kein Geräusch. Diese Redwoods waren mir ziemlich unheimlich. Manche von diesen Bäumen sind an die 300 Jahre alt, die Stämme haben Durchmesser von mehreren Metern und bis zum ersten Ast sind es oft 40, 50 Meter. Die Äste nennt man Widowmaker, weil sie gelegentlich herunterfallen und einen Waldarbeiter oder einen Touristen erschlagen. Und dann dieser intensive Geruch. Ich hatte das Gefühl, in einem Fichtennadelschaumbad zu ersaufen. Ich zog ein Mini-Taschenbuch aus meiner Jacke, das für Beschattungen dieser Art ideal war. Es war nur 8 x 11 cm groß und hieß »Meditation in Action« und der Verfasser war ein gewisser Chōgyam Trungpa. Das Buch hatte mir schon oft dabei geholfen, mir die Zeit zu vertreiben, wenn ich irgendwo auf der Lauer lag und darauf wartete, daß endlich etwas passierte. Das Büchlein machte einem nämlich klar, daß es keine Zeit gab. Nach Herrn Trungpa und seiner buddhistischen Shambhala-Lehre gab es weder eine Vergangenheit noch eine Zukunft, es gab nur das JETZT. Alles was passierte, passierte jetzt, und nur darauf hatte man sich zu konzentrieren. Und wenn nichts von Bedeutung passierte, mußte man sich eben auf nichts von Bedeutung konzentrieren. Es funktionierte so simpel, wie es sich las. Ich steckte das Buch wieder weg, und nach einer Weile starrte ich nur noch auf Wachsmuths Lodge und hörte den Wind in den Wipfeln und den unglaublichen Krach, den die zwei-, vier- und diversbeinigen Waldbewohner veranstalteten. Dann war auf einmal auch ein Motor zu hören, und ein grauer Chevy schob sich in mein Gesichtsfeld und parkte vor der Lodge.
    Die Fahrertür wurde geöffnet, und die Wirklichkeit präsentierte mir zum erstenmal live und in action Herrn Erwin Wachsmuth persönlich. Er war ziemlich groß, so um die einsfünfundachtzig, und sehr schlank. Er trug schwere Wanderstiefel, Jeans, einen dicken Pullover und eine dunkelgrüne Barbour-Regenjacke. Sein blondes Haar war vom Wind zerzaust und gab ihm etwas jungenhaftes. Er trug immer noch diese Goldrähmchenbrille, das Modell, das Peter Fonda in Easy Rider auf der Nase gehabt hatte. Und unter den rechten Arm hatte er sich eine braune Einkaufstüte geklemmt. Er schloß mit der linken Hand die große

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