Maxine Sullivan
Schließlich hatte er erst sie geliebt und war dann noch zu der anderen Frau gefahren. Das war vielleicht unmoralisch, sollte sie aber nicht überraschen. Nur weil sie ihn liebte, änderte sich der Mann doch nicht plötzlich.
Sie ging in ihr Büro und zog die Tür fest hinter sich zu. Irgendwie verstand sie ihre Mutter jetzt viel besser. Was hatte die alles durchmachen müssen. Sie liebte ihre Mutter sehr, hatte aber früher nie verstehen können, wie eine Frau bei einem Mann bleiben konnte, der sie offenbar so wenig schätzte. Sie war schwach und ließ sich manipulieren, hatte Kia geglaubt, zumindest wenn es um den Vater ging. Aber sie musste eine starke, beinahe blinde Treue empfunden haben, die sie so lange bei dem Vater ausharren ließ.
Eine Stunde später stand Kia auf, streckte sich und trat ans Fenster. Sie blickte auf die Straße. Die Welt drehte sich wie eh und je, die Menschen hasteten vorüber, nur sie fühlte sich wie tot, ihr Herz wie versteinert. Sie musste Brant vergessen, aber sie fühlte sich so ohne Energie, so unendlich erschöpft, dass sie ihre Gedanken nicht zwingen konnte, das zu tun, was nötig war.
Er war immer noch nicht im Büro. Ob er noch bei der anderen …
„Kia?“
Sie fuhr herum, ihr Herz klopfte wie verrückt. Brant stand in der Tür, frisch und munter und so attraktiv, dass ihr die Knie zitterten.
Er schaute sie so wissend an, dass sie knallrot wurde. Du kannst mir nicht entfliehen, sagte dieser Blick, du gehörst mir.
Doch dann holte die Wirklichkeit sie wieder ein. Sie kannte sich, sie wusste, körperliche Nähe war nicht genug, würde sie nie zufriedenstellen. Dazu empfand sie zu tief.
„Ich habe nicht damit gerechnet, dass du schon so früh kommst“, sagte sie betont kühl.
„Warum denn nicht?“
„Ich dachte, du bist zu sehr … beschäftigt.“
„Beschäftigt? Womit denn? Oder sollte ich lieber sagen, mit wem?“
Sie hob kurz die Schultern. „Mit Julia natürlich.“
„Ach so, du meinst im Bett mit Julia.“
Musste er so deutlich werden? Vielleicht verschaffte es ihm irgendeine Art von Lustgewinn, so direkt zu sein.
Sie blickte ihn aus leicht zusammengekniffenen Augen an. „Eins lass dir gesagt sein. Wenn du mit anderen Frauen schlafen willst, okay. Aber erwarte nicht, dass es mir gefällt. Oder dass ich es akzeptiere. Ich will einen Mann für mich allein.“ Seine Augen leuchteten auf. „Von mir aus kannst du Julia haben“, fügte sie hinzu und legte so viel Verachtung wie möglich in ihre Stimme.
„Du meinst also, ich soll zwischen dir und Julia wählen?“
„Nein. Ich will damit sagen, dass du zwischen mir und allen anderen Frauen, mit denen du schlafen willst, wählen musst. Julia eingeschlossen.“
„Ich lasse mir nur sehr ungern etwas vorschreiben. Und für meine Handlungen muss ich mich normalerweise auch nicht rechtfertigen.“ Er sah sie von oben herab an, sein Blick blieb kurz auf ihren Brüsten hängen. „Aber für dich, meine liebe Kia, will ich eine Ausnahme machen. Ich habe in der letzten Nacht nicht mit Julia geschlafen. Die einzige Frau, mit der ich geschlafen habe, warst du. Und wenn ich mich richtig erinnere, sind wir nicht sehr viel zum Schlafen gekommen.“
Sie wich seinem Blick aus. Wie gern wollte sie ihm glauben. Aber dann musste sie wieder an ihre Mutter denken und an die vielen Nächte, in denen sie die geflüsterten Anschuldigungen der Mutter und die Unschuldsbeteuerungen des Vaters hatte mit anhören müssen. Beteuerungen, die sich natürlich immer als Lügen herausstellten.
„Sehr schlau, Brant, aber anders als viele Frauen glaube ich nicht alles, was man mir erzählt. Du sagst, du hast nicht mit Julia geschlafen. Das bedeutet noch lange nicht, dass ihr keinen Sex hattet.“
Allmählich wurde er ärgerlich. „Aber ich hatte mit ihr keinen Sex!“
„Das kommt mir alles nur zu bekannt vor.“ Sie wandte sich ab. Aber Brant packte sie an der Schulter und drehte sie wieder zu sich herum.
„Nun hör mir einmal gut zu. Ich bin nicht dein Vater.“
Wie kam er darauf? War sie so leicht zu durchschauen?
Er hielt sie fest. „Du hast einmal selbst gesagt, du wolltest ihn nicht entschuldigen. Und ich habe auch kein Verständnis für das, was er getan hat. Dein Vater ist ein oberflächlicher Mann ohne Anstand und Würde. Bist du wirklich der Meinung, ich bin wie er?“
Sie wusste nicht mehr, was sie denken sollte. Bisher war sie immer davon ausgegangen, dass Brant ihrem Vater sehr ähnlich war.
„Entweder du glaubst
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