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Maxwell 02 - Nur du kannst sie verstehen

Maxwell 02 - Nur du kannst sie verstehen

Titel: Maxwell 02 - Nur du kannst sie verstehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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eigenen Zähne im Mund haben! Ein Zeitalter der Wunder!«
    »Die Leute sehen nicht besonders glücklich aus«, meinte Mr. Vicenti.
    »Das liegt nur an der Beleuchtung«, erwiderte der Stadtrat.
     
    Es war fast Mitternacht. Die Toten versammelten sich in den verlassenen Arkaden des Einkaufszentrums. Die Gitter waren heruntergelassen, aber das machte nichts, wenn man tot war.
    »Also, das hat wirklich Spaß gemacht«, erklärte der Stadtrat.
    »Ich muß Ihnen zustimmen«, sagte Mrs. Syliva Liberty. »So habe ich mich nicht mehr amüsiert, seit ich am Leben war. Es ist ein Jammer, daß wir zurückgehen müssen.«
    Der Stadtrat verschränkte die Arme.
    »Zurückgehen?« fragte er.
    »Also wirklich, Thomas«, sagte Mrs. Liberty, aber mit einem sanfteren Unterton als noch vor Stunden. »Ich will ja nicht wie Eric Grimm klingen, aber Sie kennen die Regeln. Wir müssen zurück.
Der Tag wird ko
m
men

    »Ich gehe nicht zurück. Ich habe mich wirklich amüsiert. Ich gehe
nicht
zurück!«
    »Ich auch nicht«, verkündete William Stickers. »Nieder mit der Tyrannei!«
    »Wir müssen bereit sein für den Tag des Jüngsten Gerichts«, mahnte Mrs. Liberty. »Man kann nie wissen. Es könnte schon morgen sein. Nehmen wir an, es passiert morgen und wir verpassen es, was dann?«
    »Hah!« sagte William Stickers.
    »Seit mehr als achtzig Jahren habe ich jetzt dagesessen«, sagte Stadtrat Bowler. »Wissen Sie, so habe ich mir das nicht vorgestellt. Ich dachte, es würde für einen kurzen Moment dunkel werden, und dann käme ein Mann, der die Harfen austeilt.«
    »Schämen Sie sich!«
    »Haben Sie das denn nicht auch erwartet?«
    »Ich nicht«, sagte William Stickers. »Der Glaube an ein Leben nach dem Tod, an etwas so Lachhaftes wie Seelen, ist ein primitiver Aberglaube, der keinen Platz in einer fortschrittlichen sozialistischen Gesellschaft hat.«
    Sie sahen ihn an.
    »Glauben Sie nicht«, sagte Solomon Einstein, »daß es an der Zeit wäre, Ihre Ansichten im Lichte wissenschaftlicher Beweise neu zu überdenken?«
    »Bilden Sie sich bloß nicht ein, Sie können mich umstimmen, nur weil Sie zufällig recht haben! Die Tatsache, daß ich im Grunde immer noch… hier bin«, sagte William Stickers, »stellt noch lange nicht die gesamte Theorie in Frage!«
    Mrs. Liberty stieß mit dem Phantom ihres Regenschirms auf den Boden.
    »Ich will ja nicht behaupten, daß es keinen Spaß gemacht hat«, sagte sie, »aber die Regeln besagen, daß wir bei Dämmerung alle auf unseren Plätzen sein müssen. Was, wenn wir zu lange wegbleiben und vergessen, wer wir sind? Was, wenn morgen der Tag des Jüngsten Gerichts ist?«
    Thomas Bowler seufzte.
    »Na gut, nehmen wir an, es wäre so«, sagte er. »Wissen Sie, was ich dann sagen würde? Ich würde sagen: Ich habe 84 Jahre lang mein Bestes gegeben. Und niemand hat mir je gesagt, daß ich danach immer noch ein fetter alter Mann sein würde, der außer Atem gerät. Wieso gerate ich außer Atem? Ich
atme
ja nicht mal. Ich sterbe, und als nächstes finde ich mich in dieser Marmorhütte wieder, wie ein Mann, der
eine Ewigkeit
auf einen Arzt wartet. Fast neunzig Jahre lang! Ich würde sagen: Nennen Sie das etwa gerecht?
Der Tag wird kommen.
Das wissen wir alle. Aber niemand hat uns gesagt, wann das sein wird! Ich fange gerade erst wieder an, Spaß am Leben zu haben. Ich wünschte, diese Nacht würde nie ein Ende nehmen.«
    Mr. Fletcher stupste Solomon Einstein.
    »Sollen wir es ihnen sagen?« sagte er.
    »Uns was sagen?« fragte William Stickers.
    »Nun, sehen Sie –«, fing Einstein an.
    »Die Zeiten haben sich geändert«, sagte Mr. Fletcher. »All dieses Zeugs von wegen bei Dämmerung zu Hause sein und den Hahn nicht krähen hören und so. Das hatte alles einmal durchaus seine Richtigkeit, als die Leute noch dachten, daß die Erde eine Scheibe ist. Aber daran glaubt heute keiner mehr –«
    »Äh –« Einer der Toten hob die Hand.
    »O ja«, sagte Mr. Fletcher. »Danke, Mr. Ronald Newton (1878–1934), ehemals Vorsitzender der Flache-Erde-Gesellschaft von Blackbury. Ich weiß, daß Sie anderer Ansicht sind. Aber was ich eigentlich sagen will, ist –«
    »– Dämmerung bezeichnet genauso einen Ort wie eine Zeit«, ergänzte Einstein und breitete die Arme aus.
    »Was in aller Welt soll das heißen?« fragte Mrs. Liberty.
    »Auf der Welt und rund um die Welt«, sagte Einstein und wurde ganz aufgeregt. »Eine Nacht und ein Tag, immerzu auf der Jagd nacheinander.«
    »Es gibt eine Nacht, die nie zu Ende

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