Maxwell 03 - Nur du hast den Schluessel
hätte benennen können. Er stand eindeutig noch mitten in der Garage, vermittelte aber den Eindruck, als bewegte er sich gleichzeitig sehr schnell, als wäre die Szene ein Standfoto aus einem Film.
Kasandra-ehemals-Kirsty sah sich um.
»Ziemliche Bruchbude«, sagte sie. »Wieso steht das Fahrrad da auf dem Kopf?«
»Das ist meins«, sagte Johnny. »Ich hatte gestern einen Platten. Ich hab es noch nicht reparieren können.«
Kasandra griff nach einem der Einmachgläser, die auf der Werkbank standen. Das Etikett darauf war rußig. Sie wischte es ab und hielt es ins Licht.
›»Blackbury Sauerkonserven GmbH Gold-Medaillen-Senfgurken‹«, las sie ›»Sechs Internationale Preise: Grand Prix de Foire International des Cornichons Nancy 1933. Festival of Pickles, Manchester 1929. Danziger Pökelfest 1928. Erster Preis, Michigan State Fair 1933. Goldmedaille, Madras 1931. Bonza Lebensmittelpreis, Sydney 1932. Aus feinsten Zutaten hergestellt.‹ Und dann ist da noch ein Bild von einem durchgeknallten Straßenjungen, der in die Luft springt, und drunter steht: ›Der kleine Timmy springt vor Freud; es gibt Blackbury-Gurken heut.‹ Entzückend. Na gut, Gurken. Was soll’s«
»Sie stammen aus der alten Sauerkonservenfabrik«, sagte Johnny. »Sie ist im Krieg ausgebombt worden. In derselben Nacht wie die Paradise Street. Hier sind seit über fünfzig Jahren keine Sauerkonserven mehr hergestellt worden.«
»O nein!« sagte Kasandra. »Du willst doch nicht etwa behaupten… wir wohnen in einer Stadt, in der keine Sauerkonserven gemacht werden? Das ist wirklich unheimlich.«
»Du brauchst gar nicht so sarkastisch zu sein. Es ist einfach nur seltsam.«
Kasandra schüttelte das Glas. Dann griff sie nach einem weiteren rußigen Glas mit Gurken, die schwappten, als sie es umkippte.
»Die haben sich aber gut gehalten«, sagte sie.
»Ich hab heute früh eine probiert«, meinte Johnny. »Sie war noch schön knackig. Und was hältst du
davon
?«
Er holte die Zeitung hervor, die um Mrs. Tachyons Fritten und Fisch gewickelt gewesen war, und breitete sie aus.
»Das ist eine alte Zeitung«, sagte Kasandra. »Ich meine… sie ist sehr alt, aber nicht
alt.
Da steht lauter Zeug über den Zweiten Weltkrieg. Aber… sie sieht nicht alt aus und fühlt sich auch nicht so an oder riecht so. Es ist… Ja, ich weiß, es ist wahrscheinlich eine von diesen nachgedruckten Zeitungen. Man kann sich welche bestellen, zum Beispiel für den Tag, an dem man geboren wurde. Mein Vater hat mir eine geschenkt, damit ich – «
»Damit du Fisch und Fritten drin einwickeln kannst?« fragte Johnny.
»Ich muß zugeben, das ist schon merkwürdig«, erwiderte Kasandra.
Sie drehte sich um und starrte ihn an, als sähe sie ihn zum ersten Mal.
»Ich warte seit
Jahren
auf so was«, sagte sie. »Du nicht auch?«
»Auf so was wie Mrs. Tachyons Wagen?«
»Versuch doch bitte mal, mir zuzuhören.«
»Entschuldige.«
»Hast du dich nie gefragt, was passieren wird, wenn eine Fliegende Untertasse in deinem Garten landet? Oder wenn du einen irgendwie magischen Gegenstand finden würdest, mit dem du durch die Zeit reisen könntest? Oder eine alte Höhle, in der ein Zauberer schon seit tausend Jahren schläft?«
»Na ja, wo du es erwähnst: Ich habe
tatsächlich
mal eine alte Höhle gefunden, in der – «
»Ich habe Bücher und Aberbücher über solche Sachen gelesen, und in allen kommen irgendwelche dummen Leute vor, die dann nur ›O Gott‹ sagen. Sie stehen da rum und erleben ihr blödes Abenteuer und kapieren nicht, was für Möglichkeiten das bietet. Sie sind auf nichts vorbereitet. Ich schon.«
Johnny versuchte, sich vorzustellen, was passieren würde, wenn Kirsty je von Außerirdischen entführt wurde. Es würde vermutlich in einem galaktischen Imperium enden, in dem alle scharf gespitzte Bleistifte und immer eine kleine Taschenlampe für Notfälle mit sich führten. Oder sie würden Millionen Roboterkopien von ihr herstellen, die durchs Universum flögen, um allen zu sagen, wie dumm und unvernünftig sie seien.
»An dieser Geschichte ist tatsächlich etwas sehr Seltsames«, sagte sie. »Wahrscheinlich etwas Mystisches. Wahrscheinlich hat es mit einer Art Zeitmaschine zu tun.«
Das war das Erstaunliche an ihr: Sie fand immer eine Erklärung. Sie gab sich nicht mit Unsicherheiten ab.
»Hast du das nicht auch gedacht?« fragte sie.
»Eine Zeitmaschine? Ein Zeit-Einkaufswagen?«
»Gibt es eine andere Auslegung der Tatsachen? Wenn man mal davon
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