Maxwell 03 - Nur du hast den Schluessel
nur hinschicken, wenn dort noch Kannibalen – «
»Ja, ja«, sagte Ms. Partridge eilig. Als sie vor weniger als einem Jahr mit dieser Arbeit angefangen hatte, hatte sie fest daran geglaubt, daß an allem, was auf dieser Welt nicht stimmte, die großen Wirtschaftsbosse und die Regierung schuld seien. Inzwischen war sie vollkommen überzeugt, daß Bigmac an allem schuld war.
»Er war echt beeindruckt, hat er gesagt – «
»Ihr wißt also wirklich nichts über Mrs. Tachyon?« fragte die Sozialarbeiterin. »Sie hatte einen Einkaufswagen voller Müll, aber offenbar weiß keiner, wo der ist.«
»Eigentlich – «
»Ich weiß es auch nicht«, sagte Johnny entschlossen.
»Es könnte sehr hilfreich sein, wenn wir ihn finden würden. Es ist erstaunlich, was diese Leute horten«, sagte Ms. Partridge. »Als ich noch in Bolton war, kannte ich eine alte Dame, die jeden einzelnen – «
»Wir verpassen noch den Bus!« sagte Kasandra. »Tut uns leid, daß wir Ihnen nicht helfen konnten, Miss Partridge. Komm schon, Johnny.«
Sie zog ihn aus dem Haus und die Treppe hinunter.
»Du
weißt
doch, wo der Wagen ist, oder?« sagte sie. »Das hast du mir doch erzählt.«
»Ja, aber ich sehe nicht ein, wieso irgend jemand darin rumschnüffeln sollte. Dir würde es auch nicht gefallen, wenn Leute in deinem Zeug rumschnüffeln.«
»Meine Mutter sagte, sie sei im Zweiten Weltkrieg mit einem Flieger verheiratet gewesen, und als der nicht zurückkam, sei sie ein bißchen seltsam geworden.«
»Mein Opa sagt, er und seine Freunde hätten ihren Wagen immer umgeschmissen, als
er
noch ein Junge war. Er sagt, sie hätten es nur getan, um sie fluchen zu hören.«
Kasandra hielt inne.
»Wie bitte? Wie alt ist denn dein Opa?«
»Keine Ahnung. Fünfundsechzig oder so.«
»Und wie alt, glaubst du, ist Mrs. Tachyon?«
»Schwer zu sagen, bei all den Falten. Sechzig?«
»Kommt dir das nicht merkwürdig vor?«
»Was?«
»Bist du blöd oder was? Sie ist
j
ü
nger
als dein Opa!«
»Ach… na ja… dann war das vielleicht eine andere Mrs. Tachyon.«
»Ziemlich unwahrscheinlich, oder?«
»Du meinst also, sie müßte Hundert sein?«
»Natürlich nicht. Es muß eine vernünftige Erklärung geben. Wie gut ist denn das Gedächtnis deines Großvaters?«
»Fernsehsendungen kann er sich prima merken. Wir sitzen da und sehen fern, und dann sagt er Sachen wie: ›He, der da… der im Anzug… der hat in dieser Sendung den Polizisten gespielt, du weißt schon, der mit dem Kerl mit den Locken, du weißt schon, vor ein paar Jahren.‹ Und wenn man irgendwas einkauft, kann er sich immer erinnern, daß man es, als er noch ein Junge war, für sechs Pennies kriegte, und noch Wechselgeld dazu.«
»Das machen alle Opas so«, erklärte Kasandra.
»Na ja.«
»Hast du mal in die Tüten reingesehen?«
»Nein… aber sie hat schon merkwürdiges Zeug.«
»Wie meinst du das?«
»Na ja… diese Gläser mit Gurken und so…«
»Und? Alte Leute mögen Gurken.«
»Ja, aber die sind… gleichzeitig frisch und alt. Und da war eine Portion Fisch und Fritten, die in eine Zeitung eingepackt war.«
»Und?«
»Heute packt doch keiner mehr Fisch und Fritten in eine Zeitung! Aber sie haben ganz frisch ausgesehen. Ich hab mal reingesehen, weil ich dachte, ich könnte den Fisch ja der Katze geben, und die Zeitung…«
Johnny hielt inne.
Was sollte er sagen? Daß er die Titelseite
kannte
? Er kannte jedes einzelne Wort. Er hatte sie auf dem Mikrofilm-Lesegerät in der Bibliothek gesehen, und der Bibliothekar hatte ihm eine Kopie gegeben, für ein Projekt in Geschichte. Johnny hatte immer nur die Kopie und dieses verschwommene Bild auf dem Bildschirm gesehen, und dann hatte er es plötzlich vor sich gehabt, mit Fett- und Essigflecken, aber zweifellos…
…
neu.
»Wir sollten wenigstens mal reinschauen. Das kann nichts schaden.«
So war Kasandra eben. Wenn alles andere versagte, versuchte sie, vernünftig zu sein.
Das große schwarze Auto fuhr über die Schnellstraße, vor ihm zwei Motorräder, dahinter zwei weitere. In einem weiteren Auto folgten zwei ernste Männer in Anzügen, die dauernd kleine Funkgeräte ans Ohr hoben und nicht einmal ihren eigenen Müttern getraut hätten.
Sir John saß allein hinten in dem schwarzen Auto, die Hände auf dem Silberknauf seines Spazierstocks verschränkt und das Kinn auf die Hände gestützt.
Zwei Bildschirme vor ihm zeigten ihm alle möglichen Statistiken und Fakten über seine Firmen rund um die Welt, abgestrahlt von
Weitere Kostenlose Bücher