Maya und der Mammutstein
lächelte er wieder.
Es war schließlich nur der Schmerz, den er wollte.
Den er brauchte.
Das waren seine Gedanken, während er Siedieerhaßte ritt, tiefer und tiefer hinein in die grinsende Dunkelheit.
KAPITEL SECHZEHN
In der Nähe des Grünen Tals: 17983 v. Chr.
Sie waren dem Sturm gefolgt, waren mit ausgreifenden Schritten und unermüdlich ins Morgengrauen gezogen. Schlange hatte die sieben angeführt, und selbst nachdem der reinigende Regen eingesetzt hatte, hatte er Geists Spur nicht verloren. Der Eingang in das Grüne Tal hatte sich vor ihren staunenden Augen aufgetan wie ein schimmerndes Mysterium. Karibu führte sie zu der nächstgelegenen Felswand, so weit entfernt von dem Fluß, der das Tal teilte, wie er konnte.
»Ich denke, wir sollten oben langgehen«, erklärte er.
Ratte nickte. Sollte es hier andere geben - was wahrscheinlich war -, dann würden sie im und nicht oberhalb des Tales leben. Wenn sie vorsichtig waren, konnten sie sich unter Umständen völlig unbeobachtet anschleichen - und wenn sie doch entdeckt wurden, dann hätten sie den Vorteil, von oben Steine auf mögliche Feinde werfen zu können.
Der kleinere Jäger, in dessen leuchtenden Augen sich das tiefblaue Licht des leeren Himmels hoch über ihnen widerspiegelte, deutete auf eine Reihe von Felsvorsprüngen, die einen bequemen Aufstieg zur Spitze der Klippen zu bieten schienen. »Da entlang?«
Karibu nickte versonnen. Ein Teil von ihm sehnte sich danach, diese unglaubliche Entdeckung näher zu erforschen; das Grüne Tal weckte die Sehnsucht in ihm, diese seltsamen Bäume näher zu betrachten, die rätselhaften silbrigen Wölkchen des Rauchs, der kein gewöhnlicher Rauch war, zu riechen, die deutlich über den Wipfeln des Waldes zu sehen waren. Doch er hatte eine Aufgabe. Finde heraus, woher dieser Stein kommt, hatte Gebrochene Faust ihm aufgetragen. Er war nicht hier, um das Gebiet zu erforschen. Er war gekommen, um das Lager der anderen auszuspionieren - derer, die schon hier lebten. Ein Anflug von Neid packte ihn. Das Grüne Tal würde nie dem Bisonvolk gehören, denn die anderen hatten es schon für sich beansprucht.
Es wird nie mir gehören, dachte er, außer. . .
Doch das war die Entscheidung von Gebrochener Faust und vom Geist der Lüfte. Zum erstenmal in seinem Leben hoffte Karibu, daß der Gott der Schlangen diesmal hungrig sein würde. Das wäre ein Appetit, den er von ganzem Herzen würde gutheißen können.
Doch zuerst mu ßten sie herausfinden, wie stark ihr möglicher Gegner war. Und dazu gab es nur einen Weg. »Hoch«, entschied er. »Und kein Laut.«
Er folgte dem Rest der Schar, den gewaltigen Speer griffbereit. Er glaubte, das Keuchen eines Höhlenlöwen auf dem Weg, den sie gekommen waren, gehört zu haben.
Das Lager im Grünen Tal
Es schmerzte. Oh, es schmerzte ja so sehr.
Die Sonne näherte sich ihrem Zenit, als Maya endlich ihren zerschundenen und zerschlagenen Körper aus dem blutigen Fell rollte, auf dem sie wie eine achtlos beiseite geworfene Puppe gelegen hatte.
Jede Bewegung bereitete ihr Todesqualen. Zweimal verlor sie das Bewußtsein, als sie nur versuchte, sich aufrecht hinzusetzen. Schließlich schaffte sie es, sich auf ihren rechten Arm aufzustützen. Als sich der rote Nebel, der um sie wallte, ein wenig lichtete, begriff sie, daß ihr linker Arm sie nicht tragen würde - er war gebrochen, und jedesmal, wenn sie ihn zu benutzen versuchte, raste ein brennender Schmerz ihre Schulter hoch bis in die Zähne, die wie ohne ihr Zutun aufeinander knirschten.
»Uuff...«, stöhnte sie. Erstickt drang der Laut durch ihre zusammengebissenen Zähne, quälte sich über ihre geschwollenen Lippen.
Ihr Unterleib war eine einzige gigantische, klebrige Quelle der Pein.
Undeutlich nahm sie wahr, daß da unten möglicherweise immer noch etwas aus ihr sickerte. Gewiß floß nun ihr Lebenssaft aus ihr heraus, nicht gemäßigt, wie bei dem Blu ten, das mit dem Mond kam, sondern es war ein Strom von Blut, auf dem sie - gnädigerweise - bald hinwegtreiben würde.
Als sie ihre Augen zu öffnen versuchte, geschah zunächst gar nichts.
Schließlich gelang es ihrem linken Augenlid, mit einem klebrigen Sauggeräusch das Siegel aus geronnenem Blut zu zerreißen, und durch einen rosafarbenen Schleier erblickte Maya das In nere von Geists Zelt.
Ihr rechtes Auge ließ sich gar nicht öffnen.
Angestrengt sah sie sich um und versuchte, sich wieder an alles zu erinnern. Es wollte ihr nicht gelingen - der Schock und das
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