Mayabrut (German Edition)
reagierte weder auf ihre Begrüßung noch auf ihre Bewegungen. Auch die Frage nach seinem Befinden ignorierte er.
Erneut stellte sich Chola hinter Akälajaw, während er zwei Blutbeutel aufschnitt und den roten Lebenssaft in die goldene Schale goss. Dann führte er sie an Akälajaws bepelzten Mund. Neben der knöchernen Bettstatt standen zwar auch zwei gefüllte Wasserflaschen, aber offenbar war Akälajaw zu schwach, um sie zum Mund zu führen. Und seinen Bewacher schien dies auch nicht zu interessieren.
Er nahm eine der beiden Flaschen und führte sie an Akälajaws Mund. Gierig saugte er daran, verschluckte sich und hustete. Es war erbärmlich, unter welchen Bedingungen Akälajaw hier in diesem Kerker gehalten wurde. Ob sein russischer Bewacher oder die an der Decke installierte Kamera, beide schwiegen ihn an. Ein Schemel, ein Tischlein und seine Knochenliege waren das einzige Mobiliar in seiner öden Zelle. Und in all dieser Erbärmlichkeit blitzte in ihm eine Idee auf, die Akälajaw vielleicht wieder neuen Lebensmut geben könnte, ihm vielleicht doch die wahre Geschichte der Talbewohner entlocken würde.
15. Yax Pasaj
Pyramide, Yäx Tyuñ Tal
Montag, 15. Oktober 2012
Chola erschrak, als er aufsprang und sich zum Ausgang wandte. Mit einem Kopfzucken forderte er Chola auf, ihm zu folgen. Als der Bewacher öffnete, stürzte Cara hinaus und stieß ihn dabei zur Seite. Ein russisches Fluchgewitter hallte Cara hinterher, während er in Richtung Aufzug hastete. Chola hatte Mühe, ihm zu folgen.
Der Aufzug war von einer Menschentraube verdeckt. In deren Mitte kauerten zwei Menschen neben einem am Boden Liegenden. Cara drängelte sich durch die Männer und erstarrte. Inmitten einer riesigen Blutlache kniete Celia neben einem Bewusstlosen und bearbeitete rhythmisch dessen Brustkorb. Ein kurzes Nicken von ihr und der neben ihr kniende Mann drückte seinen Mund auf die blassen Lippen des Ohnmächtigen. Schniefend presste er dem Mann seinem Atem hinein und versuchte, ihn wieder zurück ins Leben zu holen.
Erneut stürzte sich Celia auf die haarige Brust des Leblosen und versuchte, ihn durch Herzdruckmassage zu retten. Sie stützte sich mit beiden Händen auf den Brustkorb, ein dumpfes Knacken erklang, Celia hatte dem Mann gerade eine Rippe gebrochen.
In diesem Augenblick hatte sie Cara bemerkt. „Na Vidal, mit mir sollte man sich wohl lieber nicht anlegen“, spöttelte sie. Und während er ihr stumm zunickte, begann ihre Schimpftirade: „Ich kann hier nicht einmal zur Toilette gehen, ohne dass sich eine von diesen Pappnasen verstümmelt“, dabei zeigte sie auf die Füße ihres Patienten. Und nun sah Cara, dass dem Mann der rechte Fuß fehlte. Ein blutdurchtränkter Lappen, der mit Draht umwickelt war, verdeckte den Stumpf.
„Dieser Idiot hat sich seinen Fuß mit der Kettensäge selbst amputiert”, tobte Celia und lästerte in Richtung der wartenden Russen: „Seinen Fuß haben diese Penner natürlich auch da unten liegen lassen – ist aber sowieso egal – Exitus!“ Damit sprang sie auf und drängelte sich durch die Menge zur Treppe. Stumm starrten die Russen ihr hinterher.
Auch Cara sah ihr fassungslos nach. Celia behandelte ihre Patienten wie Vieh. Und sofort drängte sich ihm wieder Toris Verletzung im Schacht auf. Wie ein gefühlloser Roboter hatte sie damals die Japanerin verarztet. Schweigend wandte er sich um und ging zu Chola, die an der Treppe gewartet hatte. Cara war darüber erleichtert, denn so hatte sie nichts von Celias rüder Attacke mitbekommen.
Und wieder schämte er sich vor der Mayafrau, die ihn ganz vertrauensselig fragte, was vorgefallen sei.
„Irgendein kleiner Unfall.“ Mit dieser Notlüge versuchte er, wieder zu sich zu kommen. Der Vorfall bewegte ihn, aber vor allem verwirrte ihn das Verhalten der Männer. Wieso schwiegen sie zu den Wutausbrüchen Celias und der rüden Behandlung ihres Kameraden wie eine Horde Lämmer? Und wieso waren sie fast ehrfürchtig zur Seite gewichen, als sie sich dann von diesem abwandte? Diese Frau umgab etwas Unheimliches, eine Aura des Schreckens, vor der selbst die bewaffneten Männer zurückwichen – und auch er fürchtete sich jetzt vor ihr.
Ein weiterer Grund, nach einem rettenden Ausweg zu suchen. Und dabei konnte ihm nur Akälajaw helfen. Während sie zum Plateau stiegen, erklärte er Chola seinen Plan – ein Plan, in dessen Mittelpunkt ein Geschenk Sutins stand.
Dieses Geschenk, ein prächtiger Bildband über das Leben und die
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