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Mayabrut (German Edition)

Mayabrut (German Edition)

Titel: Mayabrut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Argos
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es: Akälajaws einzige Hand streckte sich dem Buch entgegen und ein grünlich leuchtender Flaum streichelte über die Zeichen des Mayareiches Copán. Die Hand fing an zu zittern und dieses Zittern eilte durch Akälajaws Körper. Dann verdunkelte sich der Flaum an seinen Augenlidern und fiel durchnässt zusammen.
    Cara starrte fassungslos zu Akälajaw. Akälajaw weinte, zwar still in sich hinein, aber er weinte. Was mochte da gerade in ihm an Gefühlen und Erinnerungen erwacht sein, was ging da in diesem Menschen jetzt vor?
    Trotz der Beklemmung fühlte er eine gewisse Feierlichkeit in sich – der Bann war gebrochen. Akälajaw würde reden, dessen war er sich nun sicher, und vielleicht könnten seine Auskünfte ihnen auch die Flucht aus Sutins Gulag ermöglichen. Eine Bewegung Akälajaws riss ihn aus seinen Träumereien. Der Alte richtete sich auf und setzte sich an seinen Tisch. Stumm bat er ihn um das Buch, und während er es ihm reichte, nickte Akälajaw und flüsterte: „Wokol aw-älä.“
    Endlich, Akälajaw hatte sein Schweigen gebrochen – sein Dank war für Cara ein weiterer Erfolg. Er fühlte sich wie ein Forscher, der Kontakt zu einem Außerirdischen bekommen hatte. Aber er hatte sich zu früh gefreut.
    Schweigend blätterte der Alte Buchseite für Buchseite um. Die Zeit verging und Cara überlegte, ob sie sich zurückziehen sollten. Akälajaw war ungefähr in der Mitte des Bildbandes angekommen und verharrte. Cara drehte den Kopf und sah Fotos der Copáner Ruinen. Über den Bildern befand sich eine Art Stadtplan von Copán.
    Und erneut verblüffte ihn die fast identische Anordnung der entsprechenden Copáner Bauwerke mit den beiden des Yäx Tyuñ Tals. Schon als er sich das erste Mal Sutins Video angesehen hatte, war ihm dies aufgefallen, aber seine Zweifel über die Echtheit des Videos hatten da noch gesiegt. Diese Zweifel waren aber gewichen, als man sie in das Yäx Tyuñ Tal einflog und er die Anlage aus der Luft betrachten konnte. Die Größe und Ausdehnung beider Bauwerke war einfach zu gewaltig, um nur als Filmkulisse zu dienen.
    Diese Erkenntnis wurde dann aber durch die Rettungsaktion und die erwachende Liebe zu Chola verdrängt. Er schaute zu ihr hinüber; und auch sie beobachtete interessiert, was Akälajaw da betrachtete.
    Caras Gedanken purzelten wild durcheinander, er verstand das Ganze nicht mehr.
    Akälajaw konnte weder diesen Bildband noch diese Schrift kennen – oder doch? Das Buch hatte ihm ja Sutin geschenkt und Sutin konnte auch Schauspieler engagiert haben, damit sie hier diese Mayastory abzogen. Aber warum sollte dieser todkranke Russe hier so ein Schauspiel veranstalten? Das Einzige, was Sutin zu interessieren schien, war der Schimmelpilz, aus dem er ein Heilmittel für seine Aids-Erkrankung gewinnen wollte.
    Er war ratlos. Akälajaw starrte immer noch dieselbe Seite an, nur dass seine bepelzte Nase fast das Papier berührte. Was er dann sah, erschütterte ihn zutiefst. Wieder bebte Akälajaw und ein Tränenschauer durchtränkte die Buchseite. Zog dieser alte Blutsauger hier eine Show ab oder waren das doch echte Gefühlsausbrüche?
    „Ch’ijiyem-ety-ba?“ Sein  „Bist du traurig?“ war einfallslos, das wusste er selber, aber was sollte er Akälajaw auch fragen?
    „Jiñ-kuyi.“
    Akälajaws „Ja“ war zwar fast unhörbar leise, aber er hatte geantwortet. Und so bohrte er weiter: „Chukoch?“ Was würde ihm jetzt Akälajaw auf sein  „Warum“ sagen? Und als der Alte ihm antwortete, war er fassungslos.
    „Tyälem-oñ tyi Copán.“
    Akälajaw wollte ihm tatsächlich einreden, dass er aus Copán stamme, einem Mayareich, das vor 1000 Jahren aufgehört hatte zu existieren, und dessen Ruinen sich 2000 Kilometer entfernt von hier, im heutigen Honduras befanden. Akälajaw log ihn hier mit einer Beharrlichkeit an, die schon fast an Schizophrenie grenzte. Es wäre aber dumm von ihm, wenn er ihm dies direkt ins Gesicht sagen würde. Dann würde er mit Sicherheit sofort beleidigt schweigen. Scheinheilig fragte er deshalb, ob er ihm sein Wohnhaus zeigen könnte: „Baki-bä aw-otyoty?“
    Nach kurzem Überlegen rutschte sein grünlich irisierter Zeigefinger auf der Karte hoch und verharrte. Dort standen mehrere Gebäude, die als Sepulturasgruppe bezeichnet wurden. Und während er den erläuternden Text dazu suchte, fragte er Akälajaw beiläufig, welches Handwerk er denn in Copán ausgeübt habe, aber eigentlich interessierten ihn dessen Spinnereien längst nicht

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