Mayabrut (German Edition)
Geschichte der Maya, begeisterte Chola immer wieder. Die vielen farbigen Zeichnungen und vor allem die farbigen Fotos von Menschen staunte Chola manchmal minutenlang an. Vor allem der Titel „Maya – Könige im Nebelwald“ beeindruckte Chola.
Wenn sie dann die Farbfotos der monumentalen Ruinen und die sie umgebenden unendlichen Weiten des Dschungels sah, schwieg sie lange, und oft wurde ihr Schweigen von Tränen begleitet. Diese Welt da draußen war so unendlich groß und weit, dass sie sich ihrer einstigen Miniwelt schämte und sich vor der neuen ängstigte. Dann schmiegte sie sich besonders eng an ihn.
Cara fühlte, dass Chola in ihm nicht nur den Lebensretter und Geliebten sah, sondern auch den Beschützer, der sie in dieser neuen Welt vor allen Gefahren behüteten sollte. Auch wenn er ihre Ängste und die damit verbundenen Fragen überspielte, sie spürte die Gefahr, die von Sutin und seinem schwarzen Lakaien ausging.
Was Chola ihm über Akälajaw erzählt hatte, zeigte Cara auch eine ganz andere Seite dieses Menschen. Sicher war der Alte auf eine gewisse Art böse und gefährlich, doch andererseits hatte dieser Mann den Talbewohnern das Überleben gesichert.
Vor allem sein Wissen über die Sterne und die Zeit, in der die Saat in die Erde musste, hatte den Dorfbewohnern viele gute Ernten beschert.
Akälajaw sollte aber auch der Auftraggeber der unzähligen eingemeißelten Glyphen sein. Immer wieder staunte Cara über ihre verblüffende Ähnlichkeit mit denen der Copáner Ruinen. Chola hatte ihm auch berichtet, dass Akälajaw die Steinmetze für diese Arbeit zwar die Schrift- und Zahlzeichen gelehrt hatte, ihnen jedoch unter Androhung ihres Todes verboten hatte, diese Kenntnisse weiterzugeben. Und trotzdem gab es Mutige wie Cholas Vater, die Akälajaws Verbot missachtet hatten und dieses geheime Wissen innerhalb der Familie weitertrugen. So hatte Chola das Schreiben und Rechnen erlernt.
Und Chola war eine gute Schülerin, wie Cara erfahren musste. Vor Kurzem hatte sie ihn zu einem Wettrechnen herausgefordert. Schon als sie auf Additionsaufgaben im zehnstelligen Bereich bestand, ahnte er Schlimmes. Mit ganz großem Abstand wurde er dann auch zweiter Sieger.
Doch während die Talbewohner mittels Akälajaws Hilfe ihr Tagwerk gemeistert hatten, war er selbst ein Gefangener des Dunkels. Nur zu den blutigen Ritualen auf dem Plateau war Akälajaw in seiner Maskerade erschienen, die jetzt in Scherben lag.
Als sie nun zu Akälajaw zurückkehrten, stellten sie verwundert fest, dass sein Wächter fehlte. Sie sahen sich suchend um und entdeckten, wie dieser bei seinen Leuten am Schacht stand und rauchte. Er wunderte sich über die Nehmerqualitäten der Russen, die in diesem höllischen Mief zur Zigarette griffen. Akälajaws Wächter hatte sie bemerkt und trottete mürrisch auf sie zu, während er dabei genüsslich an seiner Kippe zog.
Das Quietschen der sich öffnenden Gittertür riss Cara aus seinen Gedanken. Chola stellte sich wie immer an das Kopfende, während er sich zu Akälajaw setzte, der immer noch ins Leere starrte. Mühsam hielt er ihm das schwere Buch vor das Gesicht. Auf dem Cover war eine Jademaske aus dem Mayareich Tikal abgebildet. Da keinerlei Reaktion folgte, zeigte er ihm Fotos von Ruinen ehemaliger Mayastädte – Akälajaw reagierte nicht.
Enttäuscht nahm er den Bildband wieder an sich und blätterte ihn planlos durch. Warum reagierte der Alte nicht? Cara war am Ende mit seinem Latein, mit seinem Mayawissen. So wie dieses Buch sich unaufhörlich dem Ende näherte, dessen letzte Seiten gerade durch seine Finger glitten. Rätselhafte Mayaglyphen flogen gerade an seinen Augen vorbei. Er war dem deutschen Autor für seine Erklärungen dankbar. Unwillkürlich blickte er zu Akälajaw und dann wieder zu den fremdartigen Schriftzeichen.
Das war es - ihm würde es ja genauso gehen, wenn jemand mit einem Buch voll mit chinesischen Schriftzeichen und abstrakten Bildern herumfuchteln würde. Erregt blätterte er um und stoppte. Aufgeregt streckte er Akälajaw den Bildband entgegen, auf dessen Doppelseite die Mayaglyphen der Herrscherdynastien von Tikal und Yaxchilan abgebildet waren. Kaum wahrnehmbar folgte nun eine Augenbewegung Akälajaws. Die großen, schwarzen Augäpfel zuckten und er sah, dass sie die Seiten fixierten, als ob sie etwas suchten. Dann senkten sich seine Lider und Cara blätterte weiter. Hier waren Glyphen der Herrscherdynastien von Palenque und Copán abgebildet.
Und nun geschah
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