mayday mayday ... eastern wings 610
mit den Kindern auf die Kaymans oder sogar nach den Bahamas ziehen könnten. In eine Villa, versteht sich. Mindestens eine Villa.« Sie lachte kurz und bitter. »Jedenfalls, bei ihm und damit auch bei Lidell lief das Geschäft unter dem Namen ›Tripolis-Story‹. Moment mal, ja, ich weiß sogar, worum es sich dabei handelte. Um irgend welche Marietta-Ersatzteile.«
»Marietta? Das ist doch ein Rüstungsausstatter.«
»War es ja auch, Rüstung. Die ganze Geschichte drehte sich um Raketennavigation. Jedenfalls, aus unserer Bude in der Tamar Street sind wir nicht rausgekommen. Nichts mit Bahamas oder Kaymans. Ich hab' auch keine Villa. Und was ich als letztes vorhätte, wäre eine Villa zusammen mit Antonio zu bewohnen.«
Sie stand abrupt auf.
»Hören Sie, bleiben Sie doch! Wie kann ich Sie denn erreichen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Das geht nicht.«
»Noch eine Sekunde, bitte!«
Widerstrebend ließ sie sich in ihren Sessel fallen.
»Mary, wenn ich etwas annehme, dann das, daß Sie daran interessiert sind, daß ich etwas unternehme. Dazu brauche ich Beweise. Zumindest eine Aussage. Selbstverständlich wird diese Arbeit nicht umsonst …«
»Oh, Mann! Auch noch – stecken Sie sich Ihre Kohle dorthin, wo Sie sie haben wollen. Aber lassen Sie mich in Frieden!« Nach kurzem Zögern zog sie einen Kugelschreiber aus der Tasche und kritzelte auf seine Serviette eine Nummer. »Ich fliege weg. Nach Sioux City. Ich fliege mit den Kindern. Ich bin vielleicht noch zwei, drei Tage hier. Kommt ganz darauf an, ob ich meine Tickets bekomme. Bringen Sie Ihren Job zu Ende. Und wenn's irgendwo noch was ganz Dringendes gibt, na schön, dann rufen Sie diese Nummer an. Eine Frau namens Mercedes wird sich melden. Es ist meine Kusine. Sagen Sie ihr, daß Sie, der Aleman, mich zu sprechen wünschen. Ich rufe Sie wieder an.«
»Können Sie mir nicht eine Adresse …«
»Nein.« Sie schüttelte den Kopf und ging.
»Marietta-Navigationssysteme? Ja was denn noch?«
Bruno starrte über den Rand seiner Lesebrille. Er spielte mit einem roten Kugelschreiber, auf dem drei Vogelschwingen abgebildet waren. Er warf ihn in die Schreibtischschale, stand auf und massierte sich die Kopfhaut. Gerade hatte er eine Horde wirr und laut durcheinander redender Surfer zur Tür hinausgescheucht, die unbedingt zu einem Strand in Neuseeland wollten, nur daß sie weder wußten, wie er hieß, noch, wo er auf der Karte zu finden war.
»Dieser Lidell ist beknackt, sag' ich dir. Die ganze Welt ist es. Alle. Du eingeschlossen.« Und dann, nach einer Pause: »Lidell ist ein Fall für den Psychiater. Oder das FBI.«
»Soweit bin ich auch.«
»Also, dann schnapp dir dieses Mädchen und marschiere zu den Fed's. Soll ich dir auch noch die FBI-Nummer raussuchen?«
»Ich kann sie mir nicht schnappen. Ich weiß nicht, wo sie wohnt.«
»Natürlich«, stöhnte Bruno und ließ sich in den Sessel fallen. »Was sonst?«
»Sie ist die Frau dieses Rosario. Erinnerst du dich? Du hast mir doch gesagt, daß er Lidells Mann für's Illegale wäre.«
»Habe ich. Ist er auch. Wenn Sanchez einen Namen rausrückt, stimmt er meist. Okay, dann fahr halt in ihre Wohnung.«
»Sie wohnt nicht mehr dort. Sie ist ausgezogen. Außerdem habe ich versprochen, sie nicht in die Sache hineinzuziehen. Und ich will das auch nicht.«
»Na gut! Dann vergiß den Fall und reise ab. Ich sag' doch, alle sind beknackt.«
»Mit solchen Sprüchen komme ich auch nicht weiter, Bruno.«
»Na gut! Dann rück endlich raus damit. Du hast einen Plan. Sicher hast du den. Und ganz bestimmt ist es auch ein ganz groß angelegter Plan. So genial, daß ich wahnsinnig darauf gespannt bin. Na also, schieß endlich los!«
Brückner nickte. »Die Pakete im Lager. Die Pakete mit dem Aufkleber ›Global Wings‹. Ich brauch' so ein Paket. Wenn ich's in den Fingern hätte, wäre ich einen gewaltigen Schritt weiter. Aber alleine schaffe ich das nicht.«
»Und was willst du tun, um so ein Ding zu beschaffen?«
»Einbrechen. So nennt man das doch wohl?«
»Du?«
»Nicht allein. Mit irgend jemand, der sich darauf versteht.«
Bruno nahm endgültig die Lesebrille ab und legte sie auf den Tisch. Er schloß die Augen und seufzte.
»Paul, ich bin nicht ganz blöde. Ich kenne dich. Und deshalb weiß ich, daß ich dich von dieser Geschichte nicht abhalten kann. Du hast dich in sie verrannt. Und du verfolgst deine fixe Idee mit einem Fanatismus, der – aber lassen wir's. Nur eines: Weißt du, was bei Fanatikern als
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