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mayday mayday ... eastern wings 610

mayday mayday ... eastern wings 610

Titel: mayday mayday ... eastern wings 610 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Lippenkonturen nachziehen wollte, ließ sie den Stift wieder sinken. Es ging nicht. Ihre Hand zitterte zu sehr.
    Sie trug eine große, schwarze Sonnenbrille im Gesicht und hatte das Kinn sehr hoch. Sie verhielt eine Sekunde am Eingang des Omni -Teesalons, sah sich um, hatte ihn schon entdeckt und ging auf ihn zu, ohne zu zögern, Haar und Hüften schwingend mit jedem ihrer Schritte. Sie trug ein kurzes, schwarzes Futteralkleid und hohe Absätze. Sie sah atemberaubend aus.
    Er war aufgestanden.
    »Tut mir wirklich leid«, sagte sie. »Aber es gibt so Tage, da geht alles schief. Wie ist das? Sind Sie inzwischen verhungert?«
    »Ich habe mich dagegen gewehrt«, erwiderte Brückner lächelnd. »Es mag ja Männer geben, die wegen einer schönen Frau vor Hunger sterben. Ich gehöre nicht dazu.«
    »Hab' ich mir gedacht.«
    Er bestellte ihr den Tee, den sie verlangte, und sagte, sein Magen könne noch immer Nachschub vertragen. Und ob er sie nicht ins Restaurant ausführen könne.
    »Sorry. Ich habe leider nicht lange Zeit.«
    »Na schön! Sie führen hier das Kommando.«
    Er betrachtete sie lächelnd. Dies war die Stunde der Psychologie. Wenn er je vorsichtig zu sein hatte, dann jetzt. Der Tee kam, und sie quetschte die Zitronenscheibe über der Tasse aus.
    »Normale Leute stellen sich vor«, sagte sie. »Auch Bullen stellen sich eigentlich vor. Und Sie sind doch einer, nicht wahr?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Nein?« Sie sah ihn an, als sie mit der rechten Hand und einer sorgsam abgezirkelten Bewegung zu einem Stück Zucker griff und es in die Tasse warf. »Na, so was. Am Morgen hocken Sie in einem VW-Kombi herum, dann der Auftritt als Lufthansa-Pilot bei Lidell, anschließend stöbern Sie in Lidells Lager. Enttäuschen Sie mich bloß nicht. Entweder sind Sie Bulle oder Detektiv.«
    »Wie ist denn das mit Ihrer Vorstellung?«
    »Wir waren uns doch im klaren: Ich führe hier das Kommando. Also nochmals: Bulle oder Detektiv?«
    »Wollten Sie mich deshalb sprechen?«
    »Vielleicht. Aber rücken Sie endlich raus damit. Woher kommen Sie? Aus Deutschland?«
    Er nickte. »Und wenn Sie wollen, bin ich Detektiv oder, sagen wir mal, eine Kreuzung von Pilot und Detektiv.«
    Er griff in die Tasche, zog den Pilotenausweis heraus und legte ihn ihr vor die Nase. Sie warf einen kurzen Blick darauf und schob ihn zurück, als sei das alles nicht so wichtig.
    »Und? Was wollten Sie dort im Lager?«
    »Das finden, was ich gefunden habe. Allerdings, viel war's nicht. Nur so ein kleiner Aufkleber. Ein Aufkleber mit einem Absendernamen. Und der lautete ›Global Wings‹.«
    »Wieso interessiert es Sie, was Lidell da unten herumliegen hat?«
    Das Stichwort. Er hatte es sich überlegt und war zu dem Schluß gekommen, daß der Einsatz das Risiko wert war. »Mich interessiert vor allem, was er unter dem Firmenlogo Global Wings herumliegen hat.« Er erklärte, was sie begreifen konnte. Nicht weniger und nicht mehr. »Ich gehöre zu der Kommission, die zu untersuchen hat, wie es zu der Mallorca-Katastrophe kommen konnte. Der schadhafte Rechner, der das Unglück heraufbeschworen hat, kam aus Miami. Von Global Wings.«
    »Die Mallorca-Katastrophe?«
    »Zweihunderteinundsechzig Tote«, sagte er.
    Ihre Augen waren noch dunkler geworden. Oder größer. Das ganze Gesicht schien nur noch aus diesen Augen zu bestehen. Sie wandte den Kopf und sah hinüber zu den Fenstern, als gäbe es nichts Wichtigeres als die in Rosa und Resedagrün abgestimmten Vorhänge. An ihrem schlanken Hals sah er unter der Haut den Puls klopfen.
    »Zweihunderteinundsechzig Tote?«
    »Ja.«
    Sie setzte die Brille wieder auf. Sie hatte sie nur kurz abgenommen, doch lange genug, daß er die häßliche Schwellung und den kleinen Bluterguß erkennen konnte, der sich von ihrem rechten Augen zur Schläfe zog. Sie hatte sich verdammt viel Mühe gegeben, den Schaden mit Puder zu reparieren. Ganz war es ihr nicht gelungen.
    »Es ist schrecklich …« Ihre Stimme war jetzt ganz leise. »Und genauso schlimm ist, daß es schon mehr Tote gegeben hat. Und vielleicht noch welche geben wird …«
    Er schwieg.
    »Wir sind schon ein Pärchen! Soll ich Ihnen was sagen? Als ich Sie anrief, habe ich mir was Ähnliches überlegt. Ich habe mir gesagt, daß es wegen dieser Scheißkerle noch mehr Tote geben wird. Und jetzt kommen Sie daher und legen mir gleich zweihunderteinundsechzig auf den Tisch.«
    »Zweihunderteinundsechzig«, wiederholte er, »die nichts wollten als Urlaub machen und wieder nach

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