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Mayday

Mayday

Titel: Mayday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas H. Block , Nelson DeMille
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seine Reaktion zu testen. Das scheinbar so große Ziel auf seinem Radarschirm war in Wirklichkeit nur ein elektronischer Köder, der von der Hercules oder der Drohne ausgestrahlt wurde. Er hätte ihn melden müssen. Er war getestet worden – und hatte versagt.
    Matos schloß kurz die Augen. Das war eine logische Erklärung, an der alles stimmte – nur eines nicht: Die Phoenix-Rakete steuerte das große Ziel an, obwohl ihre hochmoderne Elektronik sich nicht durch ECM-Köder irritieren ließ.
    Die Entfernung zwischen Jäger und Gejagtem war auf weniger als 150 Kilometer zusammengeschrumpft. Die Luft-Luft-Rakete flog mit Mach 3 und legte in jeder Sekunde fast einen Kilometer zurück.
    Matos wollte den Sprechknopf drücken, schreckte dann aber doch davor zurück. Er zermarterte sich das Gehirn, um eine Erklärung zu finden. Konnte die Hercules vom vorgeschriebenen Kurs abgekommen sein? Konnte sein Navigationsgerät defekt sein? Er war sich darüber im klaren, daß die Verantwortung selbst dann bei ihm gelegen hätte. Ein Fehler der F-18 war gleichbedeutend mit einem Fehler ihres Piloten. Eine unfaire, aber wirkungsvolle Bestimmung. Sie zwang die Verantwortlichen dazu, sich auch um Details zu kümmern. Und sie machte keinen Unterschied zwischen dem Kapitän der 91 000 Tonnen schweren Nimitz und dem Piloten eines 29 Tonnen schweren Marineflugzeugs. Die Elektronik konnte einen irreführen; vor dem Untersuchungsausschuß stand trotzdem nur der verantwortliche Offizier. Falls er die Hercules abschoß, konnte das fehlerhafte Navigationsgerät ihn vielleicht vor dem Kriegsgericht retten, aber seine Karriere als Marineoffizier war damit beendet.
    Er hörte sich schwer atmen und spürte, daß ihm in seinem Druckanzug der Schweiß ausbrach. Seine rechte Hand umklammerte den Steuerknüppel. Sein linker Arm ruhte so auf dem Navigationsgerät, daß seine ausgestreckten Finger die Leistungshebel berührten. Er hatte es aufgegeben, das Radar-bild anders einstellen zu wollen. Die Darstellung auf dem Leuchtschirm war bedauerlicherweise richtig.
    Dann riß ihn ein Hoffnungsschimmer aus seiner Betäubung. Es gab noch einen Strohhalm, an den er sich klammern konnte. Matos fragte bei seinem Bordcomputer Höhe und Geschwindigkeit des unbekannten Ziels ab. Die Antwort wurde auf dem Radarschirm eingeblendet: Die andere Maschine flog in 62 000 Fuß mit 1900 Stundenkilometern.
    Matos atmete erleichtert auf. Keine Hercules erreichte auch nur die Hälfte dieser Leistung! Der Überschallflug in großen Höhen war Raketen, Zielflugkörpern, Jagdflugzeugen, Bombern und Aufklärern vorbehalten. Falls sich eigene Maschinen in seinem Gebiet befanden, hätte er rechtzeitig davon erfahren – falls sie nicht vom Kurs abgekommen waren. Folglich gab es zwei Möglichkeiten: Erstens konnte es sich bei dem Radarziel um ein feindliches Flugzeug handeln, für dessen Abschuß er zwar keinen Orden bekommen, aber auch nicht vors Kriegsgericht gestellt werden würde. Der Fall würde vertuscht werden, und Matos würde von allen anderen Piloten an Bord insgeheim beneidet werden. So etwas war schon früher vorgekommen.
    Die zweite Möglichkeit war am wahrscheinlichsten. Das Radarziel zeigte genau die Leistungscharakteristik einer Drohne. Die Hercules muß – absichtlich oder unabsichtlich – zwei Drohnen gestartet haben. Das war die logische Erklärung! Matos atmete erneut auf. Seine Karriere als Marineoffizier war jetzt halbwegs gesichert. Er mußte sich sofort mit der Nimitz in Verbindung setzen und Commander Sloan die Situation erklären. Danach konnte er das zweite Ziel erfassen, die zweite Phoenix abschießen, wenden und mit Höchstgeschwindigkeit abfliegen. Er sah wieder auf den Radarschirm. Die Entfernung zwischen der Phoenix und dem Ziel verringerte sich rasend schnell. Zwanzig Kilometer, zehn Kilometer, fünf Kilometer. Dann verschmolzen die beiden Lichtpunkte miteinander. Matos nickte. Die Rakete funktionierte. Das wußten sie jetzt. Aber er fragte sich noch immer, was er getroffen hatte.  
    John Berry ließ das kalte Wasser laufen, nahm seine Armbanduhr ab und legte sie auf die Ablage unter dem Spiegel. 11.02 Uhr. Sie zeigte noch immer Pazifikzeit an. Die Zeitunterschiede machten sich beim Überschallflug weniger stark bemerkbar als in normalen Jets, aber sie brachten seine Körperuhr trotzdem durcheinander. Sein Körper lebte nach New Yorker Zeit, seine Uhr zeigte Pazifikzeit an, er befand sich in der Zeitzone, zu der Westalaska, die Aleuten und die

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