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Mayday

Mayday

Titel: Mayday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas H. Block , Nelson DeMille
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sein.
    Stuart merkte, daß ihm schwindelig wurde, schaltete instinktiv den Autopiloten wieder ein und wählte die höchste zulässige Sinkgeschwindigkeit. Dann lehnte er sich zurück. Er hatte quälende Kopfschmerzen. Wegen des starken Druckabfalls begannen seine Stirn- und Kiefernhöhlen zu schmerzen. Dann kam Nasenbluten dazu. Ein Blutstrom ergoß sich über sein weißes Hemd. Seine Lungen enthielten fast keine Luft mehr. Er fühlte sich ausgehöhlt. Er hatte kalte Hände und Füße und wußte nicht, ob daran der Blutverlust oder der Verlust an Kabinenwärme schuld war.
    Die vier Triebwerke der Straton 797 saugten die dünne Außenluft an, komprimierten sie und pumpten sie in den beschädigten Flugzeugrumpf. Als die Maschine sank, wurde die Luft etwas dichter, so daß die Belüftung etwas besser funktionierte. Aber Stuart ahnte … nein, er wußte, daß dies ein hoffnungsloser Kampf war, weil die Atemluft schneller entwich, als sie ersetzt werden konnte. Das Ganze glich einer Rechenaufgabe, aber er hatte jetzt so starke Kopfschmerzen, daß er sich nicht darauf konzentrieren konnte. Er konnte nur noch an seine Kopfschmerzen denken.
    Captain Stuart sah langsam zu McVary hinüber. Der Kopilot hatte seine Sauerstoffmaske aufgesetzt und setzte auf der internationalen Notfrequenz eine Mayday-Meldung ab. Stuart schüttelte den Kopf. »Zwecklos«, flüsterte er vor sich hin, griff aber trotzdem nach seiner Sauerstoffmaske, setzte sie auf und zog die Riemen an. Er drehte sich kurz nach Fessler um. Der Flugingenieur war an seinem Arbeitsplatz zusammengesackt. Er blutete aus Mund, Ohren und Nase.
    McVary sprach weiter auf der Notfrequenz, obwohl er nicht mehr zusammenhängend denken und reden konnte. Er holte unter seiner Sauerstoffmaske tief Luft. Dann hatte er Blut im Mund und mußte schlucken, um weitersprechen zu können.
    Dan McVary war sich darüber im klaren, daß die Sauerstoffmaske allein nicht genügte. Ohne den entsprechenden Druck, der den Sauerstoff durch seine Lungen ins Blut zwang, war sie sogar fast wertlos. Der Sauerstoffzylinder hinter Fesslers Arbeitsplatz hätte ebensogut in San Francisco stehen können, so wenig nützte er ihnen. Nur ein Druckanzug, wie McVary ihn als Militärpilot getragen hatte, hätte ihn retten können. Aber er wußte, daß er nicht mehr genug Zeit gehabt hätte, einen Druckanzug anzulegen.
    McVary, der als junger Mann 46mal durch das wütende Flakfeuer zwischen Haiphong und Hanoi geflogen war, ohne einen einzigen Kratzer davonzutragen, hatte plötzlich mehr Angst als bei irgendeinem dieser Einsätze. Wie war das passiert? In modernen Verkehrsmaschinen durfte es keinen plötzlichen Druckabfall geben. Technische Wunderwerke … für alle Notfälle vorgesorgt … nur ein Zusammentreffen unglücklicher Umstände … Er hatte dröhnende Kopfschmerzen und spürte eine Kälte in seinem Inneren, die ihn erschreckte. Dan McVary wußte, daß er starb.
    Vor Stuarts Augen verschwamm alles. Er senkte den Kopf, um die Digitaluhr abzulesen. Seitdem er den Schlag gespürt hatte, war über eine Minute vergangen. Die Straton befand sich jetzt in einem steilen Sinkflug, der von dem Autopiloten kontrolliert wurde. Er sah, daß die Sinkgeschwindigkeit 12 000 Fuß pro Minute betrug. Sie passierten die 53 000-Fuß-Marke. Der Kabinendruck war bei 45 000 Fuß angelangt. Das bedeutete, daß sie nicht rechtzeitig niedrigere Höhen erreichen würden, in denen die Sauerstoffmasken ihnen das Leben retten konnten. Er schüttelte den Kopf. Sie waren alle so gut wie tot.
    Stuart überlegte, ob er sich über die Bordsprechanlage an die Passagiere wenden sollte. Aber er konnte sich nicht dazu aufraffen. Er bezweifelte, daß sie ihm zuhören oder das Gesagte begreifen würden. Flugzeuge sanken nicht langsam wie Ozeanriesen; in ihnen gab es keine Zeit für dramatische Reden oder tapfere Abschiede. Nach einigen schrecklichen Sekunden oder Minuten kam der Tod.
    In der Touristenkabine hatten die Windgeräusche und das Tosen der entweichenden Luft erheblich nachgelassen, weil der Druckunterschied zwischen innen und außen geringer geworden war. Die Menschen konnten sich jetzt wieder verstehen, aber nur wenige Fluggäste sprachen miteinander. Die meisten Passagiere hatten die automatisch freigegebenen, von der Dekke herabhängenden Sauerstoffmasken aufgesetzt, atmeten tief und waren verwirrt, weil das vertraute Gefühl, gut durchgeatmet zu haben, völlig fehlte.
    Kälte drang in die Kabine, verstärkte die Schockwirkung und

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